Otto Schmidt Verlag


FG Düsseldorf v. 8.4.2025 - 10 K 245/22 E

Privates Veräußerungsgeschäft oder erbrechtlicher Vorgang mit Versorgungscharakter bzw. einer gemischten Schenkung?

Bei einer gemischten Schenkung ist besonders zu prüfen, ob die Vertragsparteien sich überhaupt einer Wertdifferenz zwischen den beiden Leistungsseiten bewusst und sich insoweit darüber einig waren, jedenfalls den überschießenden Leistungsteil dem Beschenkten unentgeltlich zuzuwenden, mithin die Gegenleistung nicht lediglich ein gewollt günstiger Preis sein sollte.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin und ihre Mutter sind Erben des verstorbenen Vaters der Klägerin. Zwischen der Klägerin und der Mutter wurden Vereinbarungen getroffen, wonach der Klägerin ein Pflichtteilsanspruch in bestimmter Höhe zustand. Zwischenzeitlich wurde die Mutter aufgrund einer Demenzerkrankung in einem Heim untergebracht. Die Kosten dafür hatte letztlich die Klägerin übernommen. Sie hatte von der Mutter ein bebautes Grundstück erworben, das nach Einholung eines Sachverständigengutachtens (lediglich) einen Verkehrswert von 52.000 € gehabt habe. Zwei Jahre später veräußerte sie es für 160.000 € weiter.

Das Finanzamt war der Auffassung, dass ein Veräußerungsgewinn i.H.v. 108.000 € als privates Veräußerungsgeschäft zu versteuern sei. Die Klägerin meinte dagegen, dass es sich bei dem Grundstückserwerb um einen nichteinkommensteuerbaren erbrechtlichen Vorgang mit Versorgungscharakter handele. Denn im Zeitpunkt der Grundbesitzübertragung sei nicht absehbar gewesen, für welchen Zeitraum die Kostenübernahme für die Mutter der Klägerin noch andauern werde. Deshalb habe sie durch den Grundstückserwerb die rechtliche Stellung des früheren Anschaffungsvorgangs der Mutter der fortgesetzt.

Hilfsweise handele es sich um eine gemischte Schenkung, insbesondere da die damalige Bewertung offensichtlich grob fehlerhaft zu niedrig erfolgt sei. Bei Aufteilung des Anschaffungsvorgangs in einen entgeltlichen und unentgeltlichen Teil sei der unentgeltlich erworbene Anteil nicht steuerbar und der entgeltliche Teil im konkreten Fall mit einem Gewinn von 0 € zu bemessen.

Das FG hat die Klage abgewiesen. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Zutreffend hat das Finanzamt die von der Klägerin erzielten Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG i.H.v. 108.000 € der Besteuerung unterworfen.

Nach § 22 Nr. 2 EStG sind sonstige Einkünfte (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG) auch Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 23 EStG. Diese umfassen gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG u.a. Grundstücksveräußerungen, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Bei Würdigung der Umstände des konkreten Einzelfalls, insbesondere des Übertragungsvertrags, waren keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Klägerin ihrer Mutter eine auf ihre Versorgung gerichtete Zusage für die Übertragung des streitgegenständlichen Grundbesitzes gemacht hatte. Vielmehr lag eine (teilweise) Erfüllung der erbrechtlichen Forderung der Klägerin gegenüber ihrer Mutter vor.

Auch eine gemischte Schenkung war hier zu verneinen. Bei einer solchen ist besonders zu prüfen, ob die Vertragsparteien sich überhaupt einer Wertdifferenz zwischen den beiden Leistungsseiten bewusst und sich insoweit darüber einig waren, jedenfalls den überschießenden Leistungsteil dem Beschenkten unentgeltlich zuzuwenden, mithin die Gegenleistung nicht lediglich ein gewollt günstiger Preis sein sollte. Maßgebliche Bedeutung kommt dem Verhältnis zwischen dem Wert der Zuwendung und dem Wert der Gegenleistung zu. Besteht hierbei eine auffallende, über ein geringes Maß deutlich hinausgehende Diskrepanz, dann begründet dies im Einklang mit der Lebenserfahrung die tatsächliche, widerlegbare Vermutung für einen Schenkungswillen der Vertragsparteien (BGH-Urt. v. 18.10.2011 X ZR 45/10). Hierfür sind nicht nur die objektiven Werte der Leistungen, sondern vor allem auch die Wertspannen zu berücksichtigen, innerhalb derer die Vertragsparteien den Wert der Leistungen auch unter Berücksichtigung der Beziehung, in der sie zueinanderstehen, in einer noch vertretbaren Weise hätten annehmen können.

Im vorliegenden Fall konnte schon nicht festgestellt werden, dass eine (teilweise) unentgeltliche Übertragung subjektiv gewollt gewesen war. Die Behauptung der Klägerin, dass eine teilentgeltliche Übertragung gewollt gewesen sei, war nur dadurch erklärbar, dass der Klägerin eine Veräußerung zu einem über dem vom Immobilienmakler geschätzten Wert gelang. Daraus folgte jedoch nicht, dass sich die Parteien im Jahr 2014 eines teilentgeltlichen Vorgangs bewusst waren.

Selbst sofern wegen einer besonderen familiären Nähebeziehung eine teilentgeltliche Übertragung der Grundstücke nahelag, konnte bei einer vollentgeltlich gestalteten Grundstücksübertragung nicht von einer teilentgeltlichen Übertragung ausgegangen werden. Vielmehr hatten die Parteien unter Bezugnahme auf das Wertgutachten eine vollentgeltliche Übertragung dokumentiert. Die bei einer deutlichen Diskrepanz zwischen dem Wert der Zuwendung und dem Wert der Gegenleistung bestehende Vermutung für einen Schenkungswillen ist widerlegt.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 15.05.2025 16:49
Quelle: FG Düsseldorf - Newsletter v. 14.5.2025

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