Aktuell im EStB
Steuerliches Abzugsverbot bei Nichtbenennung von Gläubigern und Zahlungsempfängern i.S.d. § 160 AO (Arconada Valbuena/Rennar, EStB 2023, 194)
Ertragsteuerliche Abzugsverbote – wie z.B. § 3c Abs. 1 bzw. § 4 Abs. 5 EStG – sind hinreichend bekannt und lassen sich in den Einzelsteuergesetzen ausfindig machen. Verfahrensrechtlich erweitert § 160 AO diese jedoch um ein weiteres Abzugsverbot von Schulden und anderen Lasten, Betriebsausgaben, Werbungskosten und anderen Ausgaben bei Nichtbenennung von Gläubigern und Zahlungsempfängern. Welche steuerlichen Implikationen sich hieraus im Einzelfall ergeben und ob es sich nicht vielmehr um einen „zahnlos wirkenden Tiger“ zu handeln vermag, betrachtet dieser Themenbeitrag unter Berücksichtigung praktischer Besonderheiten.
I. Verfahrensrechtlicher Hintergrund
II. Zweistufige Ermessensprüfung bei Nichtbenennung von Gläubigern und Zahlungsempfängern
1. Erste Ermessensentscheidung
2. Zweite Ermessensentscheidung
3. Zahlung an ausländischen Empfänger
III. Ertragsteuerliches Abzugsverbot für die Zuwendung von Vorteilen & Co.
1. Wechselseitige behördliche Aktivitäten
2. Anknüpfung an Tatbestände des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts
3. Bescheidänderung
4. Vom Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG erfasste Aufwendungen
IV. Belehrungspflicht bei Verdacht der strafrechtlichen Vorteilszuwendung
V. Rechtsbehelfe gegen das Verlangen auf Benennung des Empfängers
VI. Fazit
I. Verfahrensrechtlicher Hintergrund
§ 160 Abs. 1 S. 1 AO ...: Schulden und andere Lasten, Betriebsausgaben (BA), Werbungskosten (WK) und andere Ausgaben sind steuerlich regelmäßig nicht zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige dem Verlangen der Finanzbehörde nicht nachkommt, die Gläubiger oder die Empfänger genau zu benennen (§ 160 Abs. 1 S. 1 AO).
... als eine Art „Haftungsnorm“ zur Verminderung von Steuerausfällen: Mit dieser Vorschrift als einer Art „Haftungsnorm“ sollen vor allem Steuerausfälle verhindert werden, die dadurch entstehen können, dass
- bei dem Schuldner bzw. dem Zahlenden die Lasten bzw. Aufwendungen zu einer Steuerminderung führen,
- während der Gläubiger bzw. Zahlungsempfänger unbekannt bleibt und die Besteuerungsgrundlagen sich daher bei ihm nicht steuererhöhend auswirken.
Beraterhinweis Das Recht der Finanzbehörde, den Sachverhalt zu ermitteln, bleibt von dieser Regelung unberührt. Auch § 102 AO bleibt hierbei ebenfalls unberührt, wobei es sich um ein Auskunftsverweigerungsrecht zum Schutz bestimmter Berufsgeheimnisse handelt.
Ist ein Benennungsverlangen geboten? Bei der Anwendung des § 160 AO ist insoweit zunächst zu entscheiden, ob ein Benennungsverlangen geboten ist. Es steht im pflichtgemäßen Ermessen des Finanzamts (FA), ob es sich
- den Gläubiger von Schulden oder
- den Empfänger von Ausgaben
vom Steuerpflichtigen benennen lässt.
§ 160 AO ist aber nicht anzuwenden, wenn
- der Abzug einer Schuld oder Ausgabe bereits daran scheitert, dass deren Höhe oder ihr Zusammenhang mit der steuerlichen Sphäre nicht nachgewiesen ist oder
- wenn die Schulden oder Ausgaben aufgrund anderweitiger steuerlicher Vorschriften beim Steuerpflichtigen nicht steuermindernd zu berücksichtigen sind.
Gläubiger i.S.d. § 160 Abs. 1 S. 1 AO ist der wirtschaftliche Eigentümer der Forderung. Empfänger ist hingegen derjenige, (...)
