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Die Abziehbarkeit von Aufwendungen bei häuslichem Arbeiten nach dem JStG 2022 (Stapperfend, FR 2023, 253)
Der Verfasser unterzieht die Neuregelungen durch das JStG 2022 einer sehr kritischen Würdigung und sieht eine Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips darin, dass Steuerpflichtige die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer, das sie für eine Tätigkeit nutzen, für die kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, nur noch eingeschränkt abziehen dürfen. Zudem arbeitet der Verfasser die weitgehende praktische Unanwendbarkeit der Neuregelungen heraus, weil der Steuerpflichtige kaum in der Lage sein wird, den Umfang seines häuslichen Arbeitens nachzuweisen.
I. Einleitung
II. Überblick über die Neuregelungen
III. Gesetzgeberischer Zweck der Neuregelungen
IV. Die Änderungen im Einzelnen
1. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG
a) Grundsatz der Nichtabziehbarkeit von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer
b) Arbeitszimmer als Mittelpunkt der Betätigung
c) Rechtsfolge
d) Keine Abzugsmöglichkeit mehr, wenn das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der Betätigung bildet
2. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG
a) Homeoffice-Pauschale nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c Satz 1 EStG
aa) Erweiterung der bisherigen Regelung und Erhöhung der Sätze
bb) Keine Anknüpfung an den Begriff des häuslichen Arbeitszimmers
cc) Überwiegende Ausübung der Tätigkeit in der häuslichen Wohnung
b) Erweiterung, wenn dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c Satz 2 EStG)
aa) Fehlen eines anderen Arbeitsplatzes
bb) Ausübung der Tätigkeit auswärts oder an der ersten Betriebsstätte
cc) Ausübung der Tätigkeit als zwingende Voraussetzung
dd) Ausschluss des Abzugs nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c Satz 3 EStG
V. Stellungnahme und Fazit
1. Einschränkung der Bedeutung des häuslichen Arbeitszimmers
2. Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips bei Steuerpflichtigen mit häuslichem Arbeitszimmer
3. Nachweis- und Überprüfungsschwierigkeiten in der Praxis
I. Einleitung
Das JStG 2022 1 hat die bisherigen Regelungen zur Abziehbarkeit von Aufwendungen, die im Zusammenhang mit häuslichem Arbeiten anfallen, grundlegend geändert. Diese Änderungen führen nicht nur zu einer Neuausrichtung der steuerlichen Berücksichtigungsfähigkeit von Aufwendungen für häusliches Arbeiten, sondern stellen die Steuerpflichtigen vor weitere umfassende Nachweisschwierigkeiten, die in Teilbereichen die praktische Unanwendbarkeit der neuen Vorschriften zur Folge haben.
II. Überblick über die Neuregelungen
Nach der neugefassten Regelung in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG sind Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur noch dann abziehbar, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Anstelle der tatsächlichen Aufwendungen kann der Steuerpflichtige eine (erhöhte) Jahrespauschale von 1.260 € pro Wirtschaftsjahr oder Kalenderjahr ansetzen. Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1.260 € um je ein Zwölftel. Darüber hinaus wird die bislang in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG enthaltene Homeoffice-Pauschale nunmehr in der neu geschaffenen Vorschrift des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG geregelt. Die Tagespauschale wird von 5 € auf 6 € erhöht und der Gesamtbetrag pro Wirtschaftsjahr oder Kalenderjahr auf 1.260 € beschränkt. Der Abzug der Pauschale ist auch zulässig, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, selbst wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird. Können für die Wohnung Unterkunftskosten nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6a EStG oder § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG abgezogen werden oder wird ein Abzug nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG (Arbeitszimmerregelung) vorgenommen, so ist der Abzug der Homeoffice-Pauschale unzulässig. Gemäß § 52 Abs. 6 Satz 12 in der Fassung des Art. 1 Nr. 20 des JStG 2022 sind die Neuregelungen für nach dem 31.12.2022 in der häuslichen Wohnung ausgeübte Tätigkeiten anzuwenden und gelten somit ab dem Veranlagungszeitraum 2023.
III. Gesetzgeberischer Zweck der Neuregelungen
Mit der Gesetzesänderung hat der Gesetzgeber die bereits mit dem JStG 2022 2 begonnene Umstrukturierung der Abziehbarkeit von Aufwendungen für häusliches Arbeiten fortgesetzt. Bereits damals hatte der Gesetzgeber konstatiert, dass (...)
