Aktuell im UStB
Umsatzsteuerfragen im Zusammenhang mit der Erbringung von Online-Seminaren (Brill/Eisenreich, UStB 2022, 356)
Online-Seminare haben in jüngster Zeit einen deutlichen Aufschwung erfahren. Aber auch diese Veranstaltungsform ist nicht vor sich stellenden umsatzsteuerlichen Fragestellungen gefeit. Neben der vereinzelt auftretenden Frage des Leistungsorts der Erbringung entsprechender Seminare ergibt sich regelmäßig die Frage des richtigen Steuersatzes und der Person des Steuerschuldners. Der Beitrag soll sowohl den Referenten als auch den Veranstaltern von Online-Vorträgen als eine strukturierte Handreichung zur Lösung umsatzsteuerlicher Fragen im Zusammenhang mit einer Vielzahl denkbarer Sachverhaltskonstellationen dienen. Der Schwerpunkt der Ausführungen liegt dabei auf der Frage des anwendbaren Umsatzsteuersatzes nach § 12 UStG und den Rechtsfolgen des Ausweises eines unrichtigen Steuersatzes.
I. Einführung
II. Mögliche Formen von Online-Seminaren und Leistungsbeziehungen
III. Anwendbarer Steuersatz für Online-Seminare
1. Verhältnis zum Europarecht
2. Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG
a) Der Vortrag als urheberrechtlich geschütztes Werk
b) Einräumung eines Nutzungsrechts an dem Vortrag
3. Nutzungsrechtseinräumung als Hauptbestandteil der Leistung
a) Vorliegen einer einheitlichen Leistung
b) Nutzungsrechtseinräumung als Hauptbestandteil der Leistung
c) Zwischenergebnis
4. Anwendbarer Umsatzsteuersatz auf schriftstellerische Tätigkeiten
a) Allgemeine Einordnung der Autorentätigkeit
b) Einordnung des Skripts zum Vortrag
aa) Vorliegen einer einheitlichen Leistung
bb) Skript als unselbstständige Nebenleistung zum Vortrag
c) Ergebnis
IV. Rechtsfolgen bei Ausweis des unrichtigen Umsatzsteuersatzes
1. Abrechnungsmethoden
2. Rechtsfolgen beim leistenden Unternehmer
a) Steuerschuldner nach § 14c Abs. 1 UStG
b) Vermeidung der Steuerschuldnerschaft nach § 14c Abs. 1 UStG
c) Zivilrechtliche Rechtsfolgen bei Vereinnahmung eines zu hohen Steuerbetrages
aa) Nettopreisvereinbarung
bb) Bruttopreisvereinbarung
3. Rechtsfolgen beim Leistungsempfänger
4. Ergebnis
V. Fazit
I. Einführung
Online-Seminare haben in jüngster Zeit – nicht nur wegen der Corona-Pandemie – einen deutlichen Aufschwung erfahren. Das mag an den zahlreichen Vorteilen dieser Seminarform liegen: Dem Veranstalter der Online-Seminare ist es möglich, wegen der räumlichen Ungebundenheit seine Veranstaltung einer größeren Anzahl von Zuhörern zugänglich zu machen und dabei gleichzeitig Kosten für Raummiete, Unterbringung des Referenten etc. zu sparen. Zugleich ergeben sich Vorteile für die Teilnehmenden, die ohne große Unterbrechung ihres Tagesablaufes oder eine Ortsverlagerung gewissermaßen „aus dem Büro heraus“ an Fortbildungs‑, Lehr- oder sonstigen Veranstaltungen und Diskussionsrunden teilnehmen können. Insbesondere die fortgeschrittene Video- und Internettechnologie ermöglichen es, sich mit anderen Teilnehmern in virtuellen Räumen zusammenfinden, Fragen zu stellen und sich mittels (Wort-)Beiträgen einzubringen. Zeitweilig konnte man den Eindruck erlangen, Online-Seminare seien die (alleinige) Vortrags- und Fortbildungsform der Zukunft.
Aber auch diese Veranstaltungsform ist nicht vor sich stellenden umsatzsteuerlichen Fragen und Problematiken gefeit. Neben der vereinzelt auftretenden Frage des Leistungsorts der Erbringung entsprechender Seminare ergibt sich regelmäßig die Frage des richtigen Steuersatzes und der Person des Steuerschuldners.
Der vorliegende Beitrag soll sowohl den Referenten als auch den Veranstaltern von Online-Vorträgen als eine strukturierte Handreichung zur Lösung umsatzsteuerlicher Fragen im Zusammenhang mit einer Vielzahl denkbarer Sachverhaltskonstellationen dienen. Der Schwerpunkt der Ausführungen liegt dabei auf der Frage des anwendbaren Umsatzsteuersatzes nach § 12 UStG und den Rechtsfolgen des Ausweises eines unrichtigen Steuersatzes.
II. Mögliche Formen von Online-Seminaren und Leistungsbeziehungen
Regelmäßig gestalten die Anbieter von Online-Seminaren diese nicht selbst, sondern treten lediglich als deren Anbieter auf und greifen für deren Durchführung auf externe Vortragende und Dozenten zurück. Oft handelt es sich bei den Anbietern um professionelle Seminaranbieter, Verlage und – im juristischen Bereich oft anzutreffen – um Berufsvereinigungen und Berufsverbände. Die für die Seminaranbieter tätigen Dozenten gestalten die Vorträge regelmäßig selbst und bieten diese als „fertiges“ Onlineseminar den Anbietern entgeltlich an. Möglich ist aber auch die Beauftragung der Dozenten nach den Vorgaben der Seminaranbieter. Im Verhältnis zu den Teilnehmern der Onlineseminare und potentiellen Kunden tritt alleine der Seminaranbieter auf, der die Veranstaltungen vermarktet und über seine Internetplattformen anbietet und diese den Teilnehmern berechnet. Der Dozent oder Vortragende tritt als Vertragspartner alleine gegenüber dem Seminaranbieter in Erscheinung, dem gegenüber er seine Leistung abrechnet, die in der Gestaltung und Vorbereitung des Seminars sowie deren Durchführung liegt. Es stellen sich somit umsatzsteuerliche Fragen sowohl für den Anbieter entsprechender Online-Seminare im Verhältnis zu seinen Kunden als auch für den Dozenten im Verhältnis zum Seminaranbieter.
Inhaltlich können Online-Seminare unterschiedlich ausgestaltet sein: Sie können aus verschiedenen Einzelleistungen bestehen, die von den Teilnehmern entweder separat oder als Paket gebucht werden können. Denkbar ist, dass neben dem reinen Vortrag eine (...)
