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Aktuell im ErbStB

Betriebsaufspaltungen in der steueroptimierten Vermögensnachfolgeplanung (Stoklassa/Hassa, ErbStB 2022, 237)

Insbesondere in mittelständischen (Familien-)Unternehmensstrukturen sind Betriebsaufspaltungen in unterschiedlichen Ausprägungen weit verbreitet. Teilweise werden diese historisch gewachsenen und oftmals seit Jahrzehnten bestehenden Konstellationen erst i.R. einer steueroptimierten Vermögensnachfolgeplanung entdeckt. Aus Beratersicht stellt sich an dieser Stelle stets die Frage, wie mit einer bestehenden Betriebsaufspaltung sinnvoll umgegangen werden soll. Der vorliegende Beitrag stellt die Grundlagen der Behandlung von Betriebsaufspaltungen i.R.d. steueroptimierten Vermögensnachfolge dar. Dabei werden praxisorientierte Gestaltungen kurz dargestellt und ausgewählte erbschaft- und schenkungsteuerliche Stolpersteine in den Fokus genommen.


I. Einleitung
II. Grundlegendes zur Betriebsaufspaltung aus ertrag- und erbschaftsteuerlicher Sicht

1. Allgemeines
2. Unterschiedliche Erscheinungsbilder und Ausprägungen von Betriebsaufspaltungen
3. Die Betriebsaufspaltung im Regime der erbschaftsteuerlichen Verschonungen
III. Betriebsaufspaltungen in der Vermögensnachfolgeplanung – notwendige Weichenstellungen und Überlegungen
1. Gestaltungsüberlegungen zur Verhinderung einer Betriebsaufspaltung
2. Gestaltungsüberlegungen bei bestehender Betriebsaufspaltung
a) Umstrukturierung der bestehenden Betriebsaufspaltung
aa) Ertragsteuerneutrale Umsetzungsmöglichkeiten
bb) Einfluss auf die Erbschaft- und Schenkungsteuer
b) Bestehenlassen der Betriebsaufspaltung
aa) Begünstigung in doppel- bzw. mehrstöckigen Strukturen
bb) Begünstigung bei kapitalistischer Betriebsaufspaltung und Schwesterkapitalgesellschaften
cc) Risiken für die Zukunft
3. Der bewusste Weg in die Betriebsaufspaltung
IV. Fazit


I. Einleitung

Insbesondere in mittelständischen (Familien-)Unternehmensstrukturen sind Betriebsaufspaltungen in unterschiedlichen Ausprägungen weit verbreitet. Teilweise werden diese historisch gewachsenen und oftmals seit Jahrzehnten bestehenden Konstellationen erst i.R. einer steueroptimierten Vermögensnachfolgeplanung entdeckt. Aus Beratersicht stellt sich an dieser Stelle stets die Frage, wie mit einer bestehenden Betriebsaufspaltung sinnvoll umgegangen werden soll. Der vorliegende Beitrag stellt die Grundlagen der Behandlung von Betriebsaufspaltungen i.R.d. steueroptimierten Vermögensnachfolge dar. Dabei werden praxisorientierte Gestaltungen kurz dargestellt und ausgewählte erbschaft- und schenkungsteuerliche Stolpersteine in den Fokus genommen.

II. Grundlegendes zur Betriebsaufspaltung aus ertrag- und erbschaftsteuerlicher Sicht

1. Allgemeines
Das Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung ist Ausfluss richterlicher Rechtsfortbildung des RFH und blickt da- ErbStB 2022, 238bei auf eine fast 100 Jahre bestehende Rspr.-Tradition zurück. Umso überraschender erscheint es, dass es trotz der erheblichen Bedeutung in der Praxis weiterhin an einer ausdrücklichen gesetzlichen Kodifikation bzw. Legaldefinition mangelt und die Betriebsaufspaltung lediglich an unterschiedlichen Stellen in den steuerlichen Einzelgesetzen erwähnt und damit anerkannt wird (z.B. § 50i Abs. 1 Satz 4 EStG, § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 lit. a ErbStG).

Das steuerliche Institut der Betriebsaufspaltung meint die künstliche Aufspaltung eines einheitlichen Betriebes in ein sog. Besitz- und ein Betriebsunternehmen. Die Annahme einer Betriebsaufspaltung inkl. sämtlicher damit verbundener Rechtsfolgen ist nur gerechtfertigt, wenn personelle und sachliche Verflechtung vorliegen. Danach wird eine Betriebsaufspaltung angenommen, wenn ein Besitzunternehmen mindestens eine wesentliche Betriebsgrundlage an eine gewerblich tätige Personen- oder Kapitalgesellschaft (Betriebsunternehmen) zur Nutzung überlässt (sog. sachliche Verflechtung) und eine Person oder eine Personengruppe zusammen sowohl im Besitzunternehmen als auch im Betriebsunternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen kann; mithin beide Unternehmen beherrscht (sog. personelle Verflechtung), H 15.7 Abs. 4 EStH „Allgemeines“.

Für das Vorliegen der personellen Verflechtung genügt in jedem Fall die sog. Beteiligungsidentität. Hierbei sind am Betriebs- und Besitzunternehmen dieselben Personen in gleicher Höhe beteiligt und können dadurch einen entspr. einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen sowohl im Besitz- als auch im Betriebsunternehmen durchsetzen.

Auch die sog. Beherrschungsidentität, bei der mehrere Personen sowohl am Betriebs- als auch am Besitzunternehmen beteiligt sind (sog. „sowohl-als-auch-Gesellschafter“) und diese die Unternehmen im Wege der Personengruppentheorie als Personengruppe gemeinsam beherrschen, genügt den Anforderungen an die personelle Verflechtung. Der Unterschied zur Beteiligungsidentität besteht darin, dass die Personengruppe nicht zwingend in persönlich identischer Höhe am Besitz- und Betriebsunternehmen beteiligt sein muss, sondern es genügt, wenn die Personengruppe jeweils mehr als 50 % der Stimmrechte auf sich vereint. Die Personengruppentheorie fußt dabei auf der Annahme, dass die hinter beiden Unternehmen stehenden Personen regelmäßig gleichgerichtete Interessen verfolgen. Sie gilt insb. auch bei Familienangehörigen (H 15.7 Abs. 6 EStH „Personengruppentheorie“ unter Verweis auf BFH v. 28.5.1991 – IV B 28/90, DStR 1991, 1244).

Liegen sowohl sachliche und personelle Verflechtung kumulativ vor, verlässt die Nutzungsüberlassung an das Betriebsunternehmen die Sphäre der Vermögensverwaltung und das Besitzunternehmen stellt neben dem Betriebsunternehmen einen originären Gewerbebetrieb i.S.v. § 15 EStG dar, bei dem insb. die überlassenen Wirtschaftsgüter als notwendiges Betriebsvermögen steuerlich verhaftet sind und aus deren Überlassung originär gewerbliche Einkünfte erzielt werden. Bei der typischen Betriebsaufspaltungskonstellation zwischen Betriebskapitalgesellschaft und Besitzpersonengesellschaft stellen die Gesellschaftsanteile an der Betriebskapitalgesellschaft zudem notwendiges Sonderbetriebsvermögen II (SBV) der Besitzgesellschaft dar. Sofern die Betriebsgesellschaft ebenfalls eine Personengesellschaft ist, hat eine mitunternehmerische Betriebsaufspaltung grundsätzlich Vorrang vor der Einordnung als SBV, s.u.

Beraterhinweis
Dieser oftmals in der Praxis übersehene Umstand der steuerlichen Verstrickung der Betriebskapitalgesellschaftsanteile als SBV verdeutlicht, dass sich Betriebsaufspaltungen aus Beratersicht schnell zu „Stolpersteinen“ entwickeln können: Ungeachtet einer etwaigen erbschaft- und schenkungsteuerlichen Verschonung droht bei einer isolierten Übertragung der Kapitalgesellschaftsanteile i.R.d. vorweggenommen Erbfolge an Nichtgesellschafter stets die Realisierung stiller Reserven durch Entnahme der Anteile zum Teilwert aus dem SBV II gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG.

Trotz der einheitlichen steuerlichen Behandlung als Gewerbebetriebe, stellt die Betriebsaufspaltung kein eigenständiges, einheitliches Rechtssubjekt dar. Für die Nachfolgeplanung bedeutet dies, dass ggf. mehrere unabhängige Übertragungsvorgänge sowohl ertragsteuerlich als auch für die Erbschaft- und Schenkungsteuer isoliert zu würdigen sind (Söffing, ErbStB 2014, 253 [253 f.]).

2. Unterschiedliche Erscheinungsbilder und Ausprägungen von Betriebsaufspaltungen
Die oftmals historisch gewachsenen Betriebsaufspaltungskonstellationen lassen sich in unterschiedliche Ausprägungs- und Grundformen unterteilen (eingehend zu den unterschiedlichen Arten der Betriebsaufspaltung: Söffing, ErbStB 2014, 253 [253 f.]). Hierbei haben Rspr. und Literatur im Wesentlichen drei Kategorien herausgearbeitet...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 29.07.2022 09:33
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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