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Aktuell im ErbStB

Anschaffungsnahe Aufwendungen bei unentgeltlicher und teilentgeltlicher Grundstücksübertragung (Günther, ErbStB 2021, 372)

Teilentgeltliche Grundstücksübertragungen sind derzeit häufig i.R. vorweggenommener Erbregelungen anzutreffen. Nicht selten handelt es sich dabei auch um Objekte, die vermietet sind und der Einkünfteerzielung dienen, die nun vom teilentgeltlichen Erwerber fortgeführt werden. Handelt es sich um eine teilentgeltliche Übertragung und investiert der neue Eigentümer nachfolgend in das Vermietungsobjekt, sollte er die „Falle“ des anschaffungsnahen Aufwands (§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG) beachten, wonach an sich sofort abziehbare Instandsetzungskosten in lediglich abschreibbare Herstellungskosten umgewandelt werden. Der nachfolgende Beitrag gibt hierzu einen Überblick über die aktuelle Rechtslage.

1. Problemstellung
2. Gesetzliche Grundlage
3. Der Begriff der „anschaffungsnahen Aufwendungen“
4. Unvermutete Aufwendungen/verdeckte  Mängel
5. Sofort abziehbare Aufwendungen
6. Reparatur von nach Erwerb eingetretenen Schäden
7. Erstattung von Aufwendungen
8. Wirtschaftsgutbezogene Prüfung
9. Teilentgeltlicher Erwerb
10. Instandsetzung vor Anschaffung
11. Anschaffungsnaher Aufwand nach Entnahme?
12. Nachträgliche Bescheidänderung durch die Finanzverwaltung
13. Fazit


1. Problemstellung

Teilentgeltliche Grundstücksübertragungen sind derzeit häufig i.R. vorweggenommener Erbregelungen anzutreffen. Nicht selten handelt es sich dabei auch um Objekte, die vermietet sind und der Einkünfteerzielung dienen, die nun vom teilentgeltlichen Erwerber fortgeführt werden.

Handelt es sich um eine teilentgeltliche Übertragung und investiert der neue Eigentümer nachfolgend in das Vermietungsobjekt, sollte er die „Falle“ des anschaffungsnahen Aufwands (§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG) beachten, wonach an sich sofort abziehbare Instandsetzungskosten in lediglich abschreibbare Herstellungskosten umgewandelt werden. Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick über die aktuelle Rechtslage zum anschaffungsnahen Aufwand, die die teilentgeltlichen (und entgeltlichen) Erwerber kennen sollten, um ihre Instandsetzungsmaßnahmen entspr. steueroptimal durchzuführen.

2. Gesetzliche Grundlage
Mit § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG typisiert der Gesetzgeber, indem er Aufwendungen, die drei Jahre nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden und die ohne Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen, ungeachtet ihres Charakters als sofort abzugsfähige Instandsetzungsaufwendungen zu anschaffungsnahen Herstellungskosten erklärt. Mit „Anschaffung“ ist dabei die Anschaffung im steuerrechtlichen Sinne, d.h. der Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums gemeint, so dass zu diesem Zeitpunkt die Drei-Jahres-Frist beginnt, die taggenau zu berechnen ist.

Im Fall des unentgeltlichen Erwerbs eines Grundstücks wirkt die beim Rechtsvorgänger ggf. noch nicht abgelaufene Drei-Jahres-Frist beim Rechtsnachfolger fort. Dies wäre z.B. der Fall, wenn der Vater das Grundstück zum 1.1.2019 erwirbt und es zum 1.1.2020 unentgeltlich auf seinen Sohn überträgt, der es in 2020 und 2021 instand setzt. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG findet zwar beim unentgeltlichen Erwerb mangels Anschaffungskosten keine Anwendung (R 6.4 Abs. 1 EStR), jedoch muss der Sohn die Anschaffung durch den Vater gegen sich gelten lassen. Setzt er das Objekt daher innerhalb des am 1.1.2019 beginnenden und bei Grundstücksübertragung noch nicht abgelaufenen Drei-Jahres-Zeitraums instand, muss er die Regularien des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG beachten.

Maßgeblich für die Prüfung der 15 %-Grenze sind die Aufwendungen, die innerhalb des Drei-Jahres-Zeitraums angefallen sind. Dagegen kommt es auf den Zeitpunkt der Zahlung nicht an. Maßnahmen, die bis zum Ablauf der Drei-Jahres-Frist nicht abgeschlossen sind, werden von der Finanzverwaltung insoweit berücksichtigt, als Leistungen bereits innerhalb des Drei-Jahres-Zeitraums erbracht wurden (OFD NRW v. 14.3.2017, DB 2017, 817). Allerdings kann eine sich über mehrere Jahre erstreckende Sanierungsmaßnahme zu einer wesentlichen Verbesserung i.S.v. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB aufgrund einer Sanierung in Raten führen, die dann zu Herstellungskosten nach allgemeinen Kriterien führt (BMF v. 18.7.2003 – IV C 3 - S 2211 - 94/03, BStBl. I 2003, 386 Rz. 31).

3. Der Begriff der „anschaffungsnahen Aufwendungen“
Anschaffungsnahe Aufwendungen sind grundsätzlich alle nach Anschaffung des Gebäudes im maßgeblichen Drei-Jahres-Zeitraum anfallenden Aufwendungen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich von ihrer Art her um Erhaltungs- oder Herstellungskosten handelt oder ob ...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 16.12.2021 16:47
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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