Otto Schmidt Verlag


Keine GrESt-Befreiung nach § 3 Nr. 3 GrEStG für eine Anteilsvereinigung i.R. einer Erbauseinandersetzung

Erwirbt ein Miterbe bei einer Erbauseinandersetzung einen zum Nachlass gehörenden Gesellschaftsanteil und führt dieser Erwerb nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG zu einer Vereinigung von Anteilen an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft, ist dieser Vorgang nicht nach § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit.

BFH v. 25.11.2015II R 35/14

Problem: An der grundbesitzenden G-GmbH waren der Kläger mit 10 % sowie die A-KG mit 90 % beteiligt. Am Vermögen der A-KG waren (nach dem Tod des Vaters) der Kl. und seine Mutter zu je 50 % beteiligt. An der B-GmbH, der Komplementärin der A-KG, waren ebenfalls der Kl. und seine Mutter zu je 50 % beteiligt.

Im Jahr 2000 verstarb die Mutter des Kl., die durch den Kl. und dessen Schwester je zur Hälfte beerbt wurde. Mit Vertrag aus Juni 2001 vereinbarten der Kl. und seine Schwester die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft in der Weise, dass der Kläger die Gesellschaftsbeteiligungen der Mutter und die Schwester den restlichen Nachlass erhielt.

Das FA setzte mit Bescheid vom 27.6.2007 Grunderwerbsteuer i.H.v. 83.158 € gegen den Kläger fest. Dabei ging es von einer Anteilsvereinigung aus, ohne eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 oder Nr. 3 GrEStG zu berücksichtigen.

Der Einspruch gegen diesen Bescheid blieb erfolglos. Die Klage hatte dagegen überwiegend Erfolg. Das FG Köln (FG Köln v. 25.9.2013 – 5 K 3747/09, ErbStB 2014, 94 m. Komm. Halaczinsky) gewährte die Steuerbefreiungen nach § 3 Nr. 2 und Nr. 3 GrEStG und setzte lediglich Grunderwerbsteuer i.H.v. 8.315 € für den dem Kl. bereits gehörenden 10 %-Anteil an der G-GmbH fest.

Mit der Revision rügte das FA die Verletzung des § 3 Nr. 3 GrEStG. Während des Revisionsverfahrens setzte das FA die Steuer unter Berücksichtigung einer Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG mit Bescheid vom 10.7.2014 auf 40.833 € herab.

Lösung des Gerichts: Der BFH hat die Revision aus verfahrensrechtlichen Gründen für begründet erachtet und das Urteil des FG aufgehoben.

In der Sache hält der BFH die Klage jedoch nicht für begründet, da der angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid rechtmäßig sei und den Kläger daher nicht in seinen Rechten verletze. Mit Abschluss des Erbauseinandersetzungsvertrags sei ein nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG steuerbarer Erwerbsvorgang verwirklicht worden, der nicht nach § 3 Nr. 3 GrEStG steuerbefreit sei.

Im Streitfall seien zunächst die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllt, da der Kläger aufgrund der Vereinbarung die restlichen Anteile an der A-KG und der B-GmbH erhalten habe mit der Folge, dass er zu 100 % an der A-KG und zu 100 % an deren Komplementärin, der B-GmbH, beteiligt sei. Damit sei ihm die Beteiligung der A-KG an der grundbesitzenden G-GmbH zuzurechnen.

Gesellschaftsanteile nicht erfasst: Der aufgrund der Anteilsvereinigung fingierte Grundstückserwerb des Klägers von der G-GmbH sei jedoch nicht nach § 3 Nr. 3 GrEStG befreit. Danach sei von der Besteuerung ausgenommen der Erwerb eines zum Nachlass gehörigen Grundstücks durch Miterben zur Teilung des Nachlasses. § 3 Nr. 3 GrEStG erfasse nach seinem Wortlaut nicht den Erwerb von Gesellschaftsanteilen. Erwerbe ein Miterbe bei der Auseinandersetzung einen zum Nachlass gehörenden Anteil an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft und führe dieser Erwerb zu einer Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG, so sei die Anteilsvereinigung nicht nach § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit. Der Miterbe erwerbe zwar fiktiv ein Grundstück; dieses gehöre jedoch nicht zum Nachlass, sondern sei ein Gesellschaftsgrundstück. Grunderwerbsteuerlich liege außerdem kein Erwerb von der Erbengemeinschaft, sondern von der grundbesitzenden Kapitalgesellschaft vor.

Die Rspr. zur Anwendung der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 2 GrEStG auf Fälle der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG (BFH v. 23.5.2012 – II R 21/10, ErbStB 2012, 267 m. Komm. Krämer) sei nicht auf die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG übertragbar. Maßgebend für diese Rspr. sei, dass nur ein Lebenssachverhalt – die freigebige Zuwendung eines Anteils an einer grundbesitzenden Gesellschaft – gegeben sei, welcher der Schenkungsteuer unterliege, so dass dieser zur Vermeidung einer Doppelbelastung insoweit von der Grunderwerbsteuer zu befreien sei. Demgegenüber sei eine erweiternde Auslegung des § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG nicht geboten, da es keinen sachlichen Grund dafür gebe, die Anteilsvereinigung, die auf einer Anteilsübertragung durch einen Miterben beruhe, wegen des fiktiven Grundstückserwerbs von der Kapitalgesellschaft abweichend vom Wortlaut des § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer zu befreien.

Konsequenzen für die Praxis: Nachdem sich die Vorinstanz noch entgegen der h.Lit. (Hofmann, GrEStG, 10. Aufl. 2014, § 1 GrEStG Rz. 186b) zugunsten des Steuerpflichtigen ausgesprochen hatte, wurde diese Auffassung nunmehr durch den BFH gekippt. Da in dieser Thematik keine weiteren Verfahren anhängig sind, ist in noch offengehaltenen Fällen nunmehr zeitnah mit einer Entscheidung zu rechnen.

Beraterhinweis: Nicht nur i.R.d. vorweggenommenen Erbfolge ist es lohnenswert, die steuerlichen Folgen einer Übertragung von Anteilen an grundbesitzenden Gesellschaften genau zu prüfen, sondern auch vor einer Erbausein­andersetzung. Es gilt, die grunderwerbsteuerlichen Folgen zu kalkulieren und möglicherweise durch gestalterische Maßnahmen zu optimieren.

Dr. Elke Böing, Düsseldorf

Service: BFH v. 25.11.2015II R 35/14; BFH v. 23.5.2012 – II R 21/10, ErbStB 2012, 267; FG Köln v. 25.9.2013 – 5 K 3747/09, ErbStB 2014, 94 abrufbar unter steuerberater-center.de

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 26.02.2016 11:09

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