BMF-Schreiben
Merkblatt zu internationalen Verständigungs- und Schiedsverfahren (Streitbeilegungsverfahren) auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen
Mit BMF-Schreiben v. 21.2.2024 hat die Finanzverwaltung die Neufassung des Merkblatts zu internationalen Verständigungs- und Schiedsverfahren (Streitbeilegungsverfahren) auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen bekannt gegeben.
BMF-Schreiben v. 21.2.2024 IV B 3 - S 1304/21/10005 :003, DOK 2024/0169545
Internationales Streitbeilegungsverfahren
Internationale Streitbeilegungsverfahren sind zwischenstaatliche Verfahren auf Antrag eines oder mehrerer Steuerpflichtiger zur übereinstimmenden Anwendung von DBA oder der EU-Schiedskonvention. Nicht Gegenstand des Merkblatts sind diejenigen Verfahren nach DBA, für die kein Antragsrecht Steuerpflichtiger vorgesehen ist.
Vorabverständigungsverfahren nach § 89a AO sind von dem Merkblatt grundsätzlich nicht betroffen. Allerdings können die Grundsätze dieses Merkblatts aufgrund der Vergleichbarkeit der Verfahren sinngemäß übertragen werden, soweit § 89a AO dieser Übertragung nicht entgegensteht.
Das Merkblatt bezieht sich, soweit es Ausführungen zu Streitbeilegungsverfahren nach dem Verständigungsartikel eines DBA enthält, auf die VerhGl3 (Verhandlungsgrundlage für Doppelbesteuerungsabkommen im Bereich der Steuern vom Einkommen und Vermögen vom 22. August 2013). Das zwischen den betroffenen Vertragsstaaten anzuwendende DBA kann hiervon abweichen und ist stets vorrangig zu beachten.
Liegen die in der jeweiligen Rechtsgrundlage festgelegten Voraussetzungen vor, sind der Zugang zu einem Verständigungsverfahren und – sofern vorgesehen – die Einleitung eines Schiedsverfahrens gesetzlich verankerte Rechte des Steuerpflichtigen, wenn nicht ausdrücklich ein Ermessen der Verwaltung hinsichtlich der Durchführung von Verständigungs- oder Schiedsverfahren besteht. Ein solches Ermessen kommt insbesondere in Betracht, wenn die Rechtsgrundlage für ein Verfahren als Kann-Vorschrift formuliert ist.
Ein Antrag auf Einleitung eines gesetzlich normierten Schiedsverfahrens kann von den zuständigen Behörden der Vertragsstaaten insbesondere abgelehnt werden, wenn
- bei einem Verfahren nach einem DBA Einschränkungen nach dem zwischen den betroffenen Vertragsstaaten anzuwendenden DBA vorliegen (vgl. z. B. Art. 25 Abs. 6 DBA Kanada 2002),
- bei einem Verfahren nach der EU-Schiedskonvention die Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 1 der EU-Schiedskonvention erfüllt sind,
- bei einem Verfahren nach dem EU-DBA-SBG die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 oder 2 EU-DBA-SBG erfüllt sind.
Die jeweiligen Rechtsgrundlagen enthalten Bestimmungen, nach denen die zuständige Behörde in Deutschland mit den zuständigen Behörden anderer Staaten unmittelbar verkehren kann, um eine Einigung über Einzelfälle herbeizuführen, die die Besteuerung in Deutschland oder in einem anderen Staat betreffen. Die Verständigungsklauseln der DBA und der EU-Schiedskonvention sind durch die jeweiligen Zustimmungsgesetze innerstaatliches Recht geworden.
Im Einzelfall können auch multilaterale Verfahren in Betracht kommen. Ob ein multilaterales Verfahren möglich und sachgerecht ist, hängt von den Rechtsgrundlagen und den Gegebenheiten des Einzelfalls ab.