FG Düsseldorf v. 19.1.2023, 14 K 1638/20 E
Berücksichtigung von Verlusten nach § 17 Abs. 4 EStG und bei den Einkünften aus Kapitalvermögen bei Auflösung einer Kapitalgesellschaft
Vor dem Hintergrund, dass die Vertrauensschutzregelung für den Steuerpflichtigen eine weitere Option schaffen wollte, kann der Steuerpflichtige nicht zur Inanspruchnahme dieser Regelung verpflichtet werden, wenn sich diese für ihn letztlich ungünstiger darstellt. Fraglich ist, ob diese Vertrauensschutzregelung bzw. typisierende Weitergeltungsanordnung dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht zwischen der Berücksichtigung von Forderungsverlusten als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung (§ 17 EStG) oder als Forderungsverluste nach § 20 EStG i.S. einer "Günstigerprüfung" eröffnet.
Der Sachverhalt:
Der Kläger war zu 80 % an einer GmbH beteiligt, die einen Speditionsbetrieb unterhielt. Im Jahr 2015 hatte er der GmbH Darlehen i.H.v. 150.000 € gewährt. Im Streitjahr 2016 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet.
Gegenüber dem Finanzamt begehrte der Kläger - neben dem Verlust des Stammkapitals - die Inanspruchnahme aus einer Bürgschaftsverpflichtung sowie den Ausfall der Darlehen im Rahmen des § 17 EStG bzw. (später im Klageverfahren nach) § 20 EStG zu berücksichtigen. Im Laufe des Verfahrens bestätigte der Insolvenzverwalter, dass bereits bei Insolvenzeröffnung nicht damit zu rechnen gewesen sei, dass an den Kläger als Gesellschafter der GmbH im Rahmen des Insolvenzverfahrens Zahlungen fließen würden.
Das Finanzamt lehnte eine Verlustberücksichtigung ab, da die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft weiterhin strittig und der Verlust im Streitjahr damit insgesamt nicht hinreichend konkretisiert gewesen sei. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde zur Fortbildung des Rechts die Revision zugelassen. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Az.: IX R 12/23 anhängig.
Die Gründe:
Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2016 ist rechtswidrig. Insbesondere war der Ausfall der Darlehensforderungen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen als Verlust zu berücksichtigen.
Einer Berücksichtigung bei den Einkünften aus § 20 EStG stand nicht dessen Subsidiaritätsklausel entgegen. Die Darlehen waren nicht als nachträgliche Anschaffungskosten im Rahmen des Auflösungsverlustes nach § 17 EStG zu berücksichtigen. Der neue § 17 Abs. 2a EStG war zeitlich noch nicht anwendbar.
Die frühere BFH-Rechtsprechung fand im Streitfall trotz typisierender Weitergeltungsanordnung der alten Rechtsprechungsgrundsätze keine Anwendung. Vor dem Hintergrund, dass die Vertrauensschutzregelung für den Steuerpflichtigen eine weitere Option schaffen wollte, kann der Steuerpflichtige nicht zur Inanspruchnahme dieser Regelung verpflichtet werden, wenn sich diese für ihn letztlich ungünstiger darstellt.
Dies traf auch im vorliegenden Fall zu. Im Vergleich zum im Rahmen des § 17 EStG geltenden Teileinkünfteverfahrens bietet § 20 EStG für den über 10 % an der GmbH beteiligten Kläger eine vollumfängliche Berücksichtigung des Verlustes. Die Einkünfteerzielungsabsicht wird im Rahmen des Abgeltungssteuersystems mangels entgegenstehender Anhaltspunkte vermutet.
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