Aktuell in der Ubg
Die sog. Modernisierung der Außenprüfung (Krumm, Ubg 2023, 284)
Mit dem DAC-7-Umsetzungsgesetz setzt der Gesetzgeber bei der Außenprüfung einige neue Impulse. Dies betrifft sowohl den Rechtsrahmen der Außenprüfung (Verfahren, Zugriffsmöglichkeiten, Mitwirkungspflichten, Mitwirkungsverzögerungsgeld) als auch ihr verfahrensrechtliches Umfeld (Festsetzungsverjährung, Anzeige-/Berichtigungspflichten). Der Beitrag analysiert einige der Neuregelungen und zeigt denkbare Problemfelder auf.
I. Zeitnahe Rechtssicherheit als zentrales Anliegen
II. Streben nach zeitnäheren Betriebsprüfungen und zeitnäherer Festsetzungsverjährung (insbesondere § 197 Abs. 5 und § 171 Abs. 4 Sätze 3 ff. AO)
III. Prüfungsanordnung, Anforderungen, Vorlagepflichten, Schwerpunkte (§§ 90 Abs. 4, 197 Abs. 3 u. 4 AO)
IV. Laufende Unterrichtung während der Prüfung und Vereinbarungen zum Ablauf der Prüfung (§ 199 Abs. 2 AO)
V. Qualifiziertes Mitwirkungsverlangen (§ 200a AO)
1. Das qualifizierte Mitwirkungsverlangen
2. Das Mitwirkungsverzögerungsgeld (der „Grundbetrag“)
3. Der Ermessenszuschlag zum Mitwirkungsverzögerungsgeld
VI. Teilabschlussbescheid (§ 180 Abs. 1a AO)
VII. Anzeige- und Berichtigungspflicht nach Betriebsprüfungen (§ 153 Abs. 4 AO)
VIII. Fazit/Zusammenfassung
I. Zeitnahe Rechtssicherheit als zentrales Anliegen
Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie [EU] 2021/514 [...] zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts vom 20.12.2022 (DAC-7-Umsetzungsgesetz) hat sich der Gesetzgeber u.a. des Regelungskomplexes der Außenprüfung angenommen. Dass hier Verbesserungsbedarf besteht, ist schon vielfach herausgearbeitet worden. Dies betrifft u.a. den Faktor Zeit. Die materiellen Belastungsentscheidungen müssen nicht nur gleichmäßig, sondern auch zeitnah verwirklicht werden. Vor allem die Ablaufhemmungen in § 171 AO und die praktische Anwendung der §§ 193 ff. AO stehen dazu mitunter im Widerspruch. Die §§ 193 ff. AO werden nämlich in der Verwaltungspraxis im Sinne einer nachlaufenden, teils viele Jahre nach der Steuerveranlagung stattfindenden und bis dahin den Steuerpflichtigen mit Rechtsunsicherheit belastenden Außenprüfung verstanden und gehandhabt. In § 4a BpO findet sich zwar das „Angebot“ einer zeitnahen Betriebsprüfung (freilich ohne Rechtsanspruch hierauf). Zeitnah meint aber auch hier nur „nachfolgend“, d.h. zumindest nach Einreichung der Steuererklärung, u.U. auch erst nach Festsetzung der Steuer. Das zeitnächste Modell ist die sog. begleitende Kontrolle („Prüfung“ gegenwärtiger Veranlagungszeiträume durch laufende, unterjährige Interaktion) im Sinne des österreichischen Rechts (§§ 153a ff. BAO). Der deutsche Gesetzgeber scheut hierzu jedoch ein ausdrückliches normatives Bekenntnis und die Finanzverwaltung scheint diesen Weg jedenfalls nicht (mehr 8 ) beschreiten zu wollen (s. vor allem § 4a Abs. 2 BpO). Dabei wäre dies nach zutreffender Ansicht auf der Grundlage der §§ 193 ff. AO durchaus möglich.
Der Gesetzgeber hat jedenfalls erkannt, dass Handlungsbedarf besteht. Das Stichwort der Beschleunigung prägt die Begründung zum Gesetzentwurf des DAC-7-Umsetzungsgesetzes. Allerdings versteht der Gesetzgeber Beschleunigung nicht als Einbahnstraße. Einerseits stellt der Gesetzgeber durchaus konzeptionell die Weichen in Richtung einer schnelleren Anordnung der Außenprüfung und er nimmt sich damit verbunden auch der Vorschriften der Festsetzungsverjährung an. Zudem hat er in Art. 97 § 38 EGAO zumindest eine sog. Experimentierklausel geschaffen, die es ermöglicht, im Hinblick auf ein beim Steuerpflichtigen vorhandenes Compliance-System behördliche Prüfungstätigkeiten zu reduzieren und damit Zeit und Ressourcen zielgenauer einzusetzen. Andererseits hat er aber auch an den Steuerpflichtigen adressierte Mitwirkungsinstrumente geschaffen, die die Prüfung selbst beschleunigen sollen.
II. Streben nach zeitnäheren Betriebsprüfungen und zeitnäherer Festsetzungsverjährung (insbesondere § 197 Abs. 5 und § 171 Abs. 4 Sätze 3 ff. AO)
§ 197 Abs. 5 Satz 1 AO sieht als „Soll-Vorschrift“ eine zeitnahe Außenprüfung bei beratenen Steuerpflichtigen vor. Rechtstechnisch wird an Steuerbescheide, die „aufgrund einer in § 149 Absatz 3 AO genannten Steuererklärung erlassen wurde[n]“ angeknüpft. In diesen Fällen soll die Prüfungsanordnung (...)
