Otto Schmidt Verlag


Aktuell in der Ubg

Die form- und zeitgerechte Durchführung des Gewinnabführungsvertrags bei der Organschaft (Herkens, Ubg 2023, 148)

Die Organschaftsbesteuerung nach § 14 ff. KStG erfolgt nur, wenn der Gewinnabführungsvertrag durchgeführt wird (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG). Der Beitrag nimmt die aktuelle Rechtsprechung zu diesem Problemkreis zum Anlass, den Stand der bisherigen Rechtsprechung und der Diskussion dazu sowie die Auffassung des Verfassers darzustellen. Der Schwerpunkt des Beitrags liegt auf der Frage, wie und bis wann die Ansprüche aus einem Gewinnabführungsvertrag zu erfüllen sind.


I. Einführung in das Thema

1. Organschaftsbesteuerung

2. Gewinnabführungsvertrag als Voraussetzung der Organschaft

3. Durchführung des Gewinnabführungsvertrags

4. Zwei aktuelle FG-Urteile

II. Buchung der Gewinnabführung

III. Erfüllung (Tilgung) der Forderung bzw. Schuld

1. Stundung oder bloßes „Stehenlassen“

2. Erfüllung durch Leistung (§ 362 BGB) oder durch Leistung an Erfüllungs statt (§ 364 BGB)

3. Aufrechnung (§ 387 ff. BGB)

4. Schuldwechsel (Novation)

5. Verrechnungskonto (§ 355 HGB) und Cash-Pool

6. Verzicht/Erlass (§ 397 BGB)

7. Forderungsausfall

IV. Zeitpunkt der Erfüllung

V. Zusammenfassung

VI. Fazit


I. Einführung in das Thema

1. Organschaftsbesteuerung


Durch die §§ 14 ff. KStG kann das Einkommen einer Kapitalgesellschaft (Organgesellschaft) einem anderen Rechtsträger (Organträger) zugerechnet werden. Neben einer finanziellen Eingliederung (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG) ist dazu erforderlich, dass Organträger und Organgesellschaft einen Gewinnabführungsvertrag bzw. Ergebnisabführungsvertrag abschließen (§ 14 Abs. 1 bzw. § 17 KStG). Darin verpflichten sich die Vertragsparteien, die Gewinne der Organgesellschaft an den Organträger abzuführen und die Verluste der Organgesellschaft durch den Organträger auszugleichen. Das Einkommen der Organgesellschaft darf dem Organträger damit nur dann steuerrechtlich zugerechnet werden (§ 14 Abs. 1 Satz 1 KStG), sofern Vermögen zwischen Organgesellschaft und Organträger auf der handelsrechtlichen Grundlage des Gewinnabführungsvertrags (GAV) übertragen wird.

Das zuzurechnende Einkommen wird regelmäßig von dem übertragenen Vermögen abweichen, da das handelsbilanzielle Ergebnis (das die Grundlage für die Gewinnabführung bzw. den Verlustausgleich bildet) durch steuerbilanzielle und außerbilanzielle Korrekturen meistens vom Einkommen der Organgesellschaft abweicht.

Die M‑GmbH schließt mit ihrer 100 %-Tochter T‑GmbH einen GAV, der den Vorgaben des §§ 14, 17 KStG entspricht. Im Wirtschaftsjahr 2022 erzielt die T‑GmbH einen vorläufigen Jahresüberschuss (Gewinn) i.H.v. 100.000 € und ein Einkommen von 120.000 €.

Durch den GAV entsteht für das Wirtschaftsjahr 2022 eine Pflicht zur Gewinnabführung i.H.v. 100.000 € durch die T‑GmbH (Schuldnerin) an die M‑GmbH (Gläubigerin). Das nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG zuzurechnende Einkommen beträgt 120.000 €. Die handelsrechtliche Gewinnabführung ist lediglich die Voraussetzung für die Einkommenszurechnung. Die Höhe der Einkommenszurechnung ist aber nicht von der Höhe der Gewinnabführung abhängig.


2. Gewinnabführungsvertrag als Voraussetzung der Organschaft

Der GAV und die daraus entstehenden Konsequenzen sind für das Konzept einer Organschaftsbesteuerung nicht zwingend. Denkbar sind andere Modelle, z.B. eine Gruppenbesteuerung, bei denen Einkommen zwischen Gesellschaften zugerechnet wird, ohne dafür einen GAV vorauszusetzen. Das geltende Recht der körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft in Deutschland erklärt sich aus seiner Entstehung: Vor deren erster gesetzlicher Normierung hat die Rechtsprechung des RFH und BFH die organschaftliche Einkommenszurechnung an einen durch Vertrag vereinbarten Vermögenstransfer geknüpft. Nachdem der BFH mit Urteil vom 17.11.1966 einem Ergebnisabführungsvertrag einer GmbH mit einem Einzelunternehmer keine steuerliche Wirkung mehr zuerkannte, wurde mit § 7a KStG im Jahr 1969 die Organschaftsbesteuerung erstmals gesetzlich geregelt. In § 7a Abs. 1 KStG 1969 findet sich bereits die Notwendigkeit, „einen Gewinnabführungsvertrag im Sinn des § 291 Abs. 1 AktG“ abzuschließen, da die Grundsätze der alten Rechtsprechung zur Anerkennung der Organschaft in das Gesetz übernommen werden sollten. Diese Formulierung wurde bei der Reform des KStG zum 1.1.1977 in § 14 KStG übernommen.

3. Durchführung des Gewinnabführungsvertrags

Es reicht nicht aus, dass ein GAV nur geschlossen wird. Darüber hinaus muss der GAV auch (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 10.03.2023 09:32
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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