Otto Schmidt Verlag


BMF-Schreiben

Erneute Änderung des AO-Anwendungserlasses

Mit BMF-Schreiben v. 23.1.2023 hat die Finanzverwaltung den AO-Anwendungserlass erneut in einigen Teilbereichen mit sofortiger Wirkung aktualisiert bzw. neu gefasst. Die Neufassungen/Aktualisierungen beinhalten die Einarbeitung von gesetzlichen Änderungen sowie aktueller Rechtsprechung und Verwaltungsanweisungen.

BMF-Schreiben v. 23.1.2023 – IV A 3 – S 0062/10006:001 (BStBl. I 2023, 184)

AO-Anwendungserlass

Der AEAO zu § 4 AO (Gesetz), der bislang sehr kurz gefasst war, nimmt nun ausführlich zu den Teilbereichen Rechtsnorm, Auslegung der Steuergesetze, wirtschaftliche Betrachtungsweise und Treu und Glauben Stellung.

Im AEAO zu § 15 AO (Angehörige) wird auf den BFH-Beschluss v. 27.11.2018 – V B 72/1, BFH/NV 2019, 202 verwiesen, wonach eine Ehe im Besteuerungsverfahren nur dann nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 AO zu berücksichtigen ist, wenn sie entweder nach deutschem Recht wirksam geschlossen wurde oder bei im Ausland geschlossener Ehe in Deutschland anzuerkennen ist.

Der AEAO zu § 18 AO (Gesonderte Feststellungen) enthält nun auch einen Verweis auf die Grundsteuerwerte.

Der AEAO zu § 30 AO (Steuergeheimnis) verweist zu Mitteilungen der Finanzbehörden zur Durchführung dienstrechtlicher Maßnahmen bei Beamten und Richtern auf das aktuelle BMF-Schreiben v. 13.1.2023 – IV A 3 – S 0130/23/10001:001, BStBl. I 2023, 182.

Die Regelungen in Nummer 1 des AEAO zu § 31 AO (Mitteilung von Besteuerungsgrundlagen), Nummer 5 des AEAO zu § 31a AO (Mitteilungen zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung und des Leistungsmissbrauchs) sowie Nummer 2 des AEAO zu § 31b AO (Mitteilungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung) wurden überarbeitet und präziser gefasst.

Im dritten Absatz des AEAO zu § 67 AO (Krankenhäuser) wird nun auf die BFH-Entscheidung v. 6.6.2019 – V R 39/17, BStBl. II 2019, 651 zur möglichen Zuordnung der Abgabe von Zytostatika zu einem Zweckbetrieb verwiesen.

Der AEAO zu § 67a AO (Sportliche Veranstaltungen) wurde an die aktuelle Gesetzeslage angepasst.

Der erste Absatz der Nummer 3.2 des AEAO zu § 73 AO (Haftung bei Organschaft) verweist nun auf die Entscheidung des BFH v. 5.4.2022 – VII R 18/21, BStBl. II 2023, 3, wonach sich die Haftung der Organgesellschaft für Steuern des Organträgers nicht notwendig auf solche Steuern beschränkt, die während der Dauer der Organschaft entstanden sind.

Nummer 2 des AEAO zu § 85 AO (Besteuerungsgrundlagen) wurde redaktionell überarbeitet, der zweite Absatz des AEAO zu § 93a AO (Allgemeine Mitteilungspflichten) an die neue Rechtslage zur Grundsteuer angepasst.

Der AEAO zu § 109 AO (Verlängerung von Fristen) wurde an die für die Besteuerungszeiträume 2020 bis 2024 geltenden Sonderregelungen zur fristgemäßen Abgabe von Steuererklärungen angepasst.

Der AEAO zu § 122 AO (Bekanntgabe des Verwaltungsakts) wurde im Hinblick auf die gesetzlichen Neuregelungen zur Grundsteuer aktualisiert.

Nummer 6 des AEAO zu § 129 AO (Offenbare Unrichtigkeiten bei Erlass eines Verwaltungsakts) wurde redaktionell neu strukturiert.

Der AEAO zu § 149 AO (Abgabe von Steuererklärungen), zu § 150 AO (Form und Inhalt der Steuererklärungen) sowie zu § 152 AO (Verspätungszuschlag) wurde an die an die für die Besteuerungszeiträume 2020 bis 2024 geltenden Sonderregelungen zur fristgemäßen Abgabe von Steuererklärungen sowie an die neue Rechtslage zur Feststellung von Grundstückswerten angepasst.

Nummer 4 des AEAO zu § 169 AO (Festsetzungsfrist) wurde an die neue Rechtslage angepasst, wonach die Festsetzungsfrist bei Zinsen nun zwei Jahre beträgt.

Nummer 2 des AEAO zu § 170 AO (Beginn der Festsetzungsfrist) wurde an die neue Grundsteuerrechtslage angepasst.

Nummer 8.4 des AEAO vor §§ 172 bis 177 AO verweist nun hinsichtlich einer auch konkludent möglichen Zustimmung des FA auf die Entscheidung des BFH v. 32.12.2021 – V B 22/21 (AdV), BFH/NV 2022, 741.

Nummer 2.4 des AEAO zu § 175 AO (Änderung von Steuerbescheiden aufgrund von grundlagenbescheiden und bei rückwirkenden Ereignissen) sowie Nummer 5 des AEAO zu § 176 AO (Vertrauensschutz bei der Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden) wurden an die neue Grundsteuerrechtslage angepasst.

Der AEAO zu § 181 AO (Verfahrensvorschriften für die gesonderte Feststellung, Feststellungsfrist, Erklärungspflicht) und zu § 182 AO (Wirkungen der gesonderten Feststellung) wurde an die neue Rechtslage zur Feststellung von Grundstückswerten angepasst sowie hinsichtlich zwischenzeitlich ergangener aktueller Rechtsprechung aktualisiert.

Nummer 11 des AEAO zu § 233a AO (Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen) wurde redaktionell überarbeitet, die Regelungen im AEAO zu § 235 AO (Verzinsung von hinterzogenen Steuern), § 237 AO (Zinsen bei Aussetzung der Vollziehung) und § 238 AO (Höhe und Berechnung der Zinsen) wurden an die aktuelle Rechtslage zur Verzinsung sowie die aktuelle Rechtsprechung angepasst.

Nummer 5 des AEAO zu § 240 AO (Säumniszuschläge) wurde insbesondere um den BFH-Beschluss v. 28.10.222 – VI B 15/22 (AdV), BStBl. II 2023, 12 ergänzt, wonach Säumniszuschläge in erster Linie ein Ausgleich für den durch die Pflichtverletzung angefallenen Verwaltungsaufwand sind. Dagegen sind die Abschöpfung von Liquiditätsvorteilen des säumigen Steuerschuldners und der Ausgleich von Liquiditätsnachteilen des Steuergläubigers  nur Nebenzweck der Regelungen, weshalb die Rechtsprechung des BVerfG zur Verfassungswidrigkeit der Höhe der Vollverzinsung ab 1.1.2019 (BVerfG v. 08.07.2021 - 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17, BGBl I 2021, 4303) bei § 240 AO nicht greift.

Die Regelungen des AEAO zu § 251 AO (Insolvenzverfahren) wurden an die aktuelle Rechtsprechung des BFH angepasst.

BFH v. 5.4.2022 – IX R 27/18, BStBl. II 2022, 703: Steuerbescheide, mit denen eine positive Steuer festgesetzt wird, können ausnahmsweise auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirksam ergehen, wenn sich unter Berücksichtigung von Anrechnungsbeträgen insgesamt ein Erstattungsbetrag ergibt und auch keine Besteuerungsgrundlagen festgestellt werden, die die Höhe von Steuerforderungen beeinflussen, welche zur Tabelle anzumelden sind.

BFH v. 8.3.2022 – VI R 33/19, BStBl. II 2023, 98: Wird das Insolvenzverfahren nach rechtskräftiger Bestätigung eines Insolvenzplans aufgehoben, kann das FA Lohnsteuer, die es nicht zur Insolvenztabelle angemeldet hat, als Nachzügler im Wege eines Haftungs- und Nachforderungsbescheids innerhalb der Frist des § 259b InsO festsetzen. Dabei ist zu beachten, dass dem FA kein Verschulden an der Nichtanmeldung von Steuer- und Haftungsansprüchen zur Insolvenztabelle anzulasten ist, wenn es die Kenntnis vom Bestehen der Ansprüche erst nach rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans infolge einer Lohnsteuer-Außenprüfung erlangt. Die (teilweise) Befreiung des Insolvenzschuldners von seinen Verbindlichkeiten durch den Insolvenzplan berührt nur die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis, weshalb das FA bei deren Festsetzung nicht auf die Insolvenzquote beschränkt ist.

Der AEAO zu § 361 AO (Aussetzung der Vollziehung) wurde unter Nummer 5.1 sowie unter Nummer 12 an die aktuelle Rechtslage angepasst.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 23.02.2023 14:57
Quelle: BMF online

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