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Kurzbesprechung

Keine Änderung eines Steuerbescheids nach § 173a AO bei fehlerhaftem Datenimport ins ELSTER-Portal

1. Ein "Verklicken" beim Import von steuerlichen Daten in das ELSTER-Portal ist kein nach § 173a AO korrigierbarer Schreibfehler.
2. § 173a AO ist auch nicht bei sonstigen offenbaren Unrichtigkeiten, die dem Steuerpflichtigen bei der Erstellung seiner Steuererklärung unterlaufen sind, anwendbar.

BFH v. 18.7.2023 - IX R 17/22

AO § 122 Abs. 2 Nr. 1, § 129, § 173 Abs. 1 Nr. 2, § 173a, § 174 Abs. 1
BGB § 133


Im Streitfall unterlief den Steuerpflichtigen bei der Übermittlung einer Einkommensteuererklärung ein Fehler im Datentransfer. Anstelle der für das Streitjahr maßgeblichen Erklärungsdaten spielten die Steuerpflichtigen irrtümlich die Daten des Vorjahres in das Formular ein. Dem FA fiel der Irrtum der Steuerpflichtigen nicht auf. Es wertete die neuerliche Datenübermittlung als berichtigte Einkommensteuererklärung für das Streitjahr und erließ einen gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderten Bescheid, mit dem es die Einkommensteuer für das Streitjahr erhöhte. Nachfolgend beantragten die Steuerpflichtigen sowohl im Einspruchs- als auch im Klageverfahren erfolglos die Bescheidänderung zu ihren Gunsten.

Auch der BFH wies die eingelegte Revision als unbegründet zurück und verneinte zunächst das Vorliegen der Änderungsvoraussetzungen nach §§ 129, 173 und 174 Abs. 1 AO. Auch lagen die Voraussetzungen für eine Aufhebung nach § 173a AO im Streitfall nicht vor.

Nach dieser Vorschrift sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit dem Steuerpflichtigen bei Erstellung seiner Steuererklärung Schreib- oder Rechenfehler unterlaufen sind und er deshalb der Finanzbehörde bestimmte, nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt des Erlasses des Steuerbescheids rechtserhebliche Tatsachen unzutreffend mitgeteilt hat.

Den Steuerpflichtigen war kein Schreibfehler unterlaufen. Schreibfehler sind insbesondere Rechtschreibfehler, Wortverwechselungen, Wortauslassungen oder fehlerhafte Übertragungen. Es handelt sich nach dem allgemeinen Sprachgebrauch um einen Fehler, der beim Schreiben entsteht.

Im Streitfall war den Steuerpflichtigen kein Schreibfehler unterlaufen. Denn ihr Fehler lag nach darin, den falschen digitalen Ordner der Festplatte ihres Computers "angeklickt" und damit unzutreffende ‑ nicht das Streitjahr betreffende ‑ Daten in das Portal "MEIN ELSTER" exportiert zu haben. Dieser Fehler entspricht einer inhaltlich unzutreffenden Befüllung eines analogen Steuererklärungsformulars. In einem solchen Fall unterläuft dem Steuerpflichtigen kein Schreibfehler, da er genau das, was er schreibt, auch schreiben will und lediglich über die inhaltliche Richtigkeit seiner Erklärung irrt.

Im Streitfall wollten die Steuerpflichtigen diejenigen Daten, die sich in dem von ihnen "angeklickten" Ordner befanden, in das ELSTER-Portal exportieren; ihr Irrtum betraf nur die Zugehörigkeit des Datensatzes zum Streitjahr. Den Steuerpflichtigen war im Zuge der Übermittlung der Einkommensteuererklärung eine dem Schreib- oder Rechenfehler ähnliche offenbare Unrichtigkeit unterlaufen, die jedoch aufgrund mangelnder Sachaufklärung durch das FA nicht zu einer Bescheidberichtigung nach § 129 AO berechtigte.

Eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit berechtigt auch nicht zur Korrektur nach § 173a AO. Denn der der eindeutige Gesetzeswortlaut der Vorschrift lässt nur die Korrektur von Schreib- oder Rechtsfehlern, nicht aber die von ähnlichen offenbaren Unrichtigkeiten im Sinne von § 129 AO zu Auch ist eine analoge Anwendung des § 173a AO auf offenbare Unrichtigkeiten, die einem Schreib- oder Rechenfehler ähnlich sind, mangels einer hierfür erforderlichen planwidrigen Regelungslücke ausgeschlossen. Der IX. Senat des BFH hält an dieser von ihm bereits zuvor vertretenen Rechtsauffassung weiterhin fest.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 02.11.2023 12:44
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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