Otto Schmidt Verlag


Vorsteuerabzug aus der Rechnung des Insolvenzverwalters

Dient ein Insolvenzverfahren sowohl der Befriedigung von Verbindlichkeiten des zum Vorsteuerabzug berechtigten Unter­nehmers wie auch der Befriedigung von Privatverbindlichkeiten des Unternehmers, ist der Unternehmer aus der Leistung des Insolvenzverwalters grundsätzlich im Verhältnis der unternehmerischen zu den privaten Verbindlichkeiten, die im Insol­venzverfahren jeweils als Insolvenz­forderungen geltend gemacht werden, zum anteiligen Vorsteuerabzug berechtigt.

BFH v. 15.4.2015 V R 60/14

Streitig ist die Frage, in welchem Umfang anlässlich der Insolvenz eines Einzelunternehmers, die auch dessen Privatvermögen umfasst, aus der Rechnung des Insolvenzverwalters ein Anspruch auf Vorsteuerabzug besteht.

Der Kl. (Insolvenzverwalter) ordnete seine Leistung in vollem Umfang der unternehmerischen Tätigkeit zu. Das Finanzamt erkannte nur etwa 2/3 der Vorsteuer als abziehbar an.

Das FG gab der Klage überwiegend statt und teilte die Vorsteuer nach einem Verhältnis aus Insolvenzfor­derungen zuzüglich betrieblicher Verwertungs­einnahmen im Vergleich zu den nicht betrieblichen Verwertungseinnahmen auf.

Der BFH hat diese Entscheidung aufgehoben und die Urteilsfindung modifiziert.

Vorsteueraufteilung: Wird eine bezogene Leistung sowohl für eine wirtschaftliche als auch für eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit verwendet, kann der Vorsteuerabzug grundsätzlich nur insoweit in Anspruch genommen werden, als die Aufwendungen der wirtschaftlichen Tätigkeit zuzurechnen sind. Beabsichtigt der Unternehmer daher eine teilweise Verwendung für eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit, ist er insoweit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Sachgerechte Schätzung: Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist.

Aufteilungsmaßstab: Dient ein Insolvenzverfahren sowohl der Befriedigung von Verbindlichkeiten des zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmers wie auch der Befriedigung von Privatverbindlichkeiten des Unternehmers, darf die Vorsteuer aus der Leistung des Insolvenzverwalters nur im Verhältnis der unternehmerischen zu den privaten Verbindlichkeiten, die im Insolvenzverfahren jeweils als Insolvenzforderungen geltend gemacht werden, zum anteiligen Vorsteuerabzug abgezogen werden.

Kausalität als Anknüpfungspunkt: Bezieht sich die einheitliche Leistung des Insolvenzverwalters auf die Gesamtheit der im Insolvenzverfahren angemeldeten Forderungen der Insolvenzgläubiger, besteht der für den Vorsteuerabzug ausschließlich maßgebliche direkte und unmittelbare Zusammenhang zu der Gesamtheit dieser Insolvenzforderungen. Eine Berücksichtigung einzelner Verwertungshandlungen des Insolvenzverwalters kommt demgegenüber nicht in Betracht.

Wirtschaftliche Zurechnung: Die wirtschaftliche Zurechnung erfordert dabei eine Vorsteueraufteilung nach dem Verhältnis der unternehmerisch begründeten Verbindlichkeiten zu den Privatverbindlichkeiten, wobei jeweils auf die im Insolvenzverfahren angemeldeten Insolvenzforderungen abzustellen ist.

Beraterhinweis: Die Entscheidung ist nur bedingt sachgerecht. Die der erstinstanzlichen Entscheidung zugrunde gelegte „gemischte“ Quote für den Vorsteuerabzug wird aus dem geschilderten Sachverhalt nicht transparent.

Das Abstellen des Senats auf die angemeldeten Insolvenzforderungen ist lediglich ein denkbarer nachvollziehbarer Anknüpfungspunkt für den Vorsteuerabzug.

Ebenso wäre vorstellbar, die Verwertungserlöse als sachgerechten tätigkeitsbezogenen Aufteilungsmaßstab zugrunde zu legen.

Denn die Leistung, die der Insolvenzverwalter gegen Entgelt an den Gemeinschuldner erbringt, ist eine einheitliche Leistung, die gleichermaßen durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse des Gemeinschuldners (vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO) der Befriedigung der Insolvenzgläubiger dient.

Ausgehend von der Insolvenzordnung wäre es deshalb näher liegend, nicht auf die Insolvenzforderungen, sondern auf die Verwertungserlöse abzustellen.

StB Dipl.-Finw. Wolfgang Damaschke, Duisburg

Service: BFH v. 15.4.2015 V R 44/14; Vorinstanz: Sächsisches FG vom 23. Juli 2014  2 K 698/14 abrufbar unter steuerberater-center.de

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 30.07.2015 10:45

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