Otto Schmidt Verlag


Einbeziehung der Baukosten in die Bemessungsgrundlage der Steuer

Verpflichtet sich der Grundstücksverkäufer lediglich zur Errichtung des Rohbaus und beauftragt der Erwerber Dritte mit den Ausbauarbeiten, setzt die Einbeziehung der hierfür aufgewendeten Kosten in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer voraus, dass die später mit dem Ausbau beauftragten Unternehmen im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags mit dem Grundstücksverkäufer personell, wirtschaftlich oder gesellschaftsrechtlich eng verbunden sind oder aufgrund von Abreden zusammenarbeiten oder durch abgestimmtes Verhalten auf den Abschluss auch der Verträge über die Ausbauarbeiten hinwirken und die zu erbringenden Leistungen dem Erwerber unter Angabe des hierfür aufzuwendenden Entgelts bereits vor Abschluss des Grundstückskaufvertrags konkret angeboten hatten.

BFH v. 3.3.2015II R 9/14

Die Klägerin und Revisionsklägerin (K) erwarb mit notariellem Kaufvertrag vom 2.2.2007 von  einer GmbH ein Grundstück, auf dem die GmbH ein Einfamilienhaus mit Garage als Rohbau mit Verklinkerung, Dachstuhl, Dacheindeckung nebst Regenrinne und Regenfallrohren nach Maßgabe der als Anlage zum Vertrag genommenen Baubeschreibung und Pläne zu errichten hatte. Der Preis hierfür betrug 524.850 EUR. Den weiteren Ausbau bis zur Bezugsfertigstellung sollte K nach dem Vertrag in eigener Regie, in eigenem Namen und auf eigene Rechnung durchführen. Das FA setzt die Grunderwerbsteuer gegen K mit unter Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Bescheid vom 1.3.2007 auf der Grundlage eines Kaufpreises von 524.850 EUR mit 18.369 EUR fest. K teilte dem FA auf Nachfrage im April 2009 mit, dass die Ausschreibungen und die Beauftragung der Firmen für die einzelnen Innenausbaugewerke unter Einschaltung eines Bauleitungsbüros erfolgt seien und übersandte eine Kopie des Baubetreuervertrages aus August 2007, den ihr Ehemann mit dem Büro Z abgeschlossen hatte. Danach oblagen dem Baubetreuer u.a. die Vorbereitung der Vergabe und die Objektüberwachung der Gewerke 4 bis 15 des Objekts. Daraufhin vertrat das FA die Auffassung, das wirtschaftlich gewollte Ergebnis des Erwerbs sei das bezugsfertige Haus gewesen und setzte die Grunderwerbsteuer mit Bescheid vom 8.3.2010 auf insgesamt 24.669 EUR fest. Dabei schätzte es die weiteren Ausbaukosten auf 180.000 EUR. Der Einspruch der K blieb erfolglos. Das FG wies die Klage unter Hinweis auf Vorkenntnisse aus anderen Verfahren mit der Begründung ab, Gegenstand des Erwerbs der K sei das Grundstück mit dem bezugsfertigen Gebäude gewesen. Aufgrund des tatsächlichen Zusammenwirkens zwischen der GmbH und dem Bauleiter Z, der K auch die Handwerker empfohlen und diese überwacht habe, habe K auch ein bezugsfertiges Gebäude erhalten. Der BFH hat die Revision als begründet erachtet, die Vorentscheidung aufgehoben und an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Maßgeblichkeit des Verpflichtungsgeschäfts für den Gegenstand des Erwerbsvorgangs und die als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer anzusetzende Gegenleistung: Der II. Senat hat in seiner Entscheidung zunächst zum Gegenstand des Erwerbs, nach dem sich gem. § 8 Abs. 1 i.V.m.  § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG die als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer anzusetzende Gegenleistung richtet, ausgeführt. Der Erwerbsgegenstand wird in erster Linie durch das den Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erfüllende zivilrechtliche Verpflichtungsgeschäft bestimmt.

Wenn sich aber aus weiteren Vereinbarungen, die mit diesem Rechtsgeschäft in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen ergibt, dass der Erwerber das beim Abschluss des Kaufvertrags unbebaute Grundstück in bebautem Zustand erhält, bezieht sich der grunderwerbsteuerliche Erwerbsvorgang nach ständiger Rechtsprechung  auf diesen einheitlichen Erwerbsgegenstand (u.a. BFH v. 28.3.2012 – II R 57/10, BStBl. II 2012, 920). 

Bestehen eines objektiv sachlichen Zusammenhangs ist nach den Umständen des Einzelfalls zu ermitteln: Ob ein objektiv sachlicher Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und weiteren Vereinbarungen besteht, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu ermitteln. Ein solcher Zusammenhang ist u.a. dann gegeben, wenn der Erwerber beim Abschluss des Kaufvertrags gegenüber der Veräußererseite in seiner Entscheidung über das „ob“ und „wie“ der Baumaßnahme nicht mehr frei war und deshalb feststand, dass er das Grundstück nur in einem bestimmten bebauten Zustand erhalten werde.

Darüber hinaus wird ein objektiv sachlicher Zusammenhang u.a. auch dann indiziert, wenn der Veräußerer selbst oder Dritte, die mit ihm personell, wirtschaftlich oder gesellschaftsrechtlich eng verbunden sind oder aufgrund von Abreden zusammenarbeiten oder durch abgestimmtes Verhalten auf den Abschluss auch der Verträge, die der Bebauung des Grundstücks dienen, hinwirken (BFH v. 19.6.2013 – II R 3/12, BStBl. II 2013, 965), dem Erwerber vor Abschluss des Kaufvertrags über das Grundstück aufgrund einer in bautechnischer und finanzieller Hinsicht konkreten und zur Baureife gediehenen Vorplanung ein bestimmtes Gebäude zusammen mit dem Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis angeboten hatten und der Erwerber dieses Angebot später unverändert oder mit geringen Abweichungen angenommen hat (BFH v. 1.10.2014 – II R 32/13, BFH/NV 2015, 230). Nicht erforderlich ist dabei, dass das Angebot in einem Schriftstück und zu einem einheitlichen Gesamtpreis unterbreitet wurde.

Die Feststellungslast für die Tatsachen, die die Einbeziehung der Bau- bzw. Ausbaukosten in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer rechtfertigen, trägt dabei das FA, das sich auf deren Vorliegen beruft.

Beraterhinweis: Derartige Feststellungen haben nach Ansicht des II. Senats in der Entscheidung des FG gefehlt. Daher war die Sache aus seiner Sicht nicht spruchreif. Gleichwohl hat der BFH in seiner Entscheidung erkennen lassen, dass er den Z als Bauleiter der Veräußererseite zurechne. Es spricht daher viel dafür, dass auch im Streitfall von einem „einheitlichen Erwerbsgegenstand“ auszugehen ist. Folglich wären die Ausbaukosten dem Grunde nach in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage mit einzubeziehen. Das Rechtsinstitut des „einheitlichen Erwerbsgegenstandes“ fußt auf ständiger Rechtsprechung des BFH. Hiergegen gerichtete Kritik ist nur vereinzelt ersichtlich (z.B. Niedersächsisches FG v. 20.3.2013 – 7 K 223/10, BB 2013, 1750). Daher empfiehlt es sich, die steuerverschärfende Rechtsprechung des BFH vor dem Grundstückserwerb ins Kalkül zu ziehen.

RA Sebastian Hartrott, München

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 03.06.2015 14:12

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