Otto Schmidt Verlag


Abschreibung eines in der Ergänzungsbilanz aktivierten Mehrwerts eines Wirtschaftsguts der Personengesellschaft

Ein in der Ergänzungsbilanz eines Mitunternehmers aktivierter Mehrwert eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsguts des Gesellschaftsvermögens ist nicht entsprechend der in der Gesamthandsbilanz zugrunde gelegten Abschreibungsmethode und Restnutzungsdauer abzuschreiben. Wird für den Erwerber eines Anteils an einer Personengesellschaft eine positive Ergänzungsbilanz aufgestellt, sind die darin erfassten Anschaffungskosten so fortzuführen, dass der Gesellschafter so weit wie möglich einem Einzelunternehmer, dem Anschaffungskosten für entsprechende Wirtschaftsgüter entstanden sind, gleichgestellt wird. Deshalb sind AfA auf die im Zeitpunkt des Anteilserwerbs geltende Restnutzungsdauer eines abnutzbaren Wirtschaftsguts des Gesellschaftsvermögens vorzunehmen. Zugleich stehen dem Gesellschafter die Abschreibungswahlrechte zu, die auch ein Einzelunternehmer in Anspruch nehmen könnte, wenn er ein entsprechendes Wirtschaftsgut im Zeitpunkt des Anteilserwerbs angeschafft hätte.

BFH v. 15.10.2014IV R 1/11

Die Klägerin (K), eine KG, hatte als Unternehmensgegenstand den Bau und Betrieb von Containerschiffen. Das Gesamthandsvermögen bildete im Wesentlichen ein Containerschiff, welches sie zunächst degressiv und anschließend linear abschrieb. An der K waren verschiedene Kommanditisten beteiligt, die Anteile von ausgeschiedenen Kommanditisten erworben hatten. Da die Kaufpreise jeweils die Buchwerte der Kapitalkonten der ausgeschiedenen Gesellschafter überstiegen, erfasste K die übersteigenden Beträge in den Ergänzungsbilanzen der neuen Kommanditisten. Die Mehrwerte in den Ergänzungsbilanzen schrieb K korrespondierend zu der Abschreibung des Schiffs in der Gesamthandsbilanz ab.

Das FA vertrat die Auffassung, die zu erwartende tatsächliche Restnutzungsdauer sei wesentlich länger als die Restnutzungsdauer, die sich aus der in der Gesamthandsbilanz zugrunde gelegten Gesamtnutzungsdauer rein rechnerisch ergebe. Dementsprechend verteilte das FA die vorhandenen Mehrwerte in den Ergänzungsbilanzen mit der Folge der Minderung der Abschreibungsbeträge auf eine Restnutzungsdauer passend zum Wirtschaftsgut. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte Erfolg.

Der BFH hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Entscheidung zurückverwiesen. Das FG war zu Unrecht davon ausgegangen, dass die in den Ergänzungsbilanzen aktivierten Mehrwerte des abnutzbaren Wirtschaftsguts „Containerschiff“ entsprechend der in der Gesamthandsbilanz zugrunde gelegten Restnutzungsdauer und Abschreibungsmethode abzuschreiben waren. Vielmehr war in den Ergänzungsbilanzen auf der Grundlage der Restnutzungsdauer im Zeitpunkt des Anteilserwerbs abzuschreiben.

Erwerb von Wirtschaftsgütern: Der entgeltliche Erwerb eines Mitunternehmeranteils an einer Personengesellschaft ist einkommensteuerrechtlich nicht als Erwerb des Gesellschaftsanteils als Wirtschaftsgut, sondern als Anschaffung von Anteilen an den einzelnen zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Wirtschaftsgütern zu werten.

Zahlung für stille Reserven: Nur wenn und soweit feststeht, dass stille Reserven oder nicht bilanzierte Wirtschaftsgüter nicht vorhanden sind, kommt ggf. ein sofortiger Betriebsausgabenabzug in Betracht.

Anschaffungskosten für Wirtschaftsgüter: Soweit nach diesen Grundsätzen das über das übergehende Kapitalkonto hinaus geleistete Entgelt auf zum Gesellschaftsvermögen gehörende Wirtschaftsgüter entfällt, entstehen dem Erwerber des Gesellschaftsanteils Anschaffungskosten für die betreffenden Güter, die über die in der Gesellschaftsbilanz ausgewiesenen und anteilig auf die Gesellschafter entfallenden Anschaffungs- und Herstellungskosten der Gesellschaft hinausgehen. Diese Anschaffungs- und Herstellungskosten sind in einer von der Gesellschaft aufzustellenden Ergänzungsbilanz für den Anteilserwerber auszuweisen.

Fortführung der Anschaffungskosten: In der Ergänzungsbilanz erfasste Anschaffungskosten des Anteilserwerbers sind so fortzuführen, dass der Gesellschafter so weit wie möglich einem Einzelunternehmer, dem Anschaffungskosten für entsprechende Wirtschaftsgüter entstanden sind, gleichgestellt wird.

Auswirkung auf Abschreibung: Deshalb sind Absetzungen für Abnutzung auf die im Zeitpunkt des Anteilserwerbs geltende Restnutzungsdauer eines abnutzbaren Wirtschaftsguts des Gesellschaftsvermögens vorzunehmen. Zugleich stehen dem Gesellschafter die Abschreibungswahlrechte zu, die auch ein Einzelunternehmer in Anspruch nehmen könnte, wenn er ein entsprechendes Wirtschaftsgut im Zeitpunkt des Anteilserwerbs angeschafft hätte.

Keine Korrespondenz zur Gesamthandsbilanz: Die Auflösung der in der Ergänzungsbilanz ausgewiesenen Anschaffungskosten kann nicht von der Handhabung in der Gesamthandsbilanz abhängig sein, sondern muss die steuerlichen Verhältnisse in der Person des Mitunternehmers berücksichtigen.

AfA-Methode: Nach welcher Methode die AfA zu berechnen ist, hängt davon ab, ob der Anteilserwerber eine andere als die lineare Abschreibungsmethode nach § 7 Abs. 1 EStG wählen kann und ob ein ggf. bestehendes Wahlrecht bis zur Unanfechtbarkeit der Veranlagung ausgeübt wird.

Beraterhinweis: Der BFH stellt klar, dass der Erwerb eines Mitunternehmeranteils im Einkommensteuerrecht grundsätzlich nicht anders zu behandeln ist als der Erwerb eines Einzelunternehmens. Dies bedeutet, dass der Kaufpreis für den Mitunternehmeranteil Ausgangspunkt für den in der Folge vom Gesellschafter erzielten Gewinn ist, wie das auch für den Erwerber eines Einzelunternehmens zutrifft.

Subjekt der Einkommensbesteuerung ist nicht die Personengesellschaft, sondern die Gesellschafter unterliegen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbs. 1 EStG mit ihren Anteilen am Gewinn der Personengesellschaft der Einkommensteuer.

Korrektur des Gesellschaftsvermögens: Die in der Ergänzungsbilanz ausgewiesenen Beträge stellen Korrekturen zu den Wertansätzen in der Steuerbilanz der Personengesellschaft für die Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens dar.

Negative Ergänzungsbilanz: Für den Fall der negativen Ergänzungsbilanz nach § 24 Abs. 2 UmwStG 1995 hat der BFH dagegen wiederholt entschieden, dass die Auflösung der in der Ergänzungsbilanz ausgewiesenen Korrekturposten korrespondierend zur Veränderung der Buchwerte in der Gesamthandsbilanz zu erfolgen habe. Diese Beurteilung lässt sich allerdings nicht auf die Fortführung positiver Ergänzungsbilanzen übertragen, weil die Auflösung des Korrekturpostens in der negativen Ergänzungsbilanz dazu dient, ein für den betreffenden Gesellschafter zu hohes Abschreibungspotenzial lediglich zu neutralisieren.

RD Dipl.-Finw. Wilfried Apitz, Sundern

Service: BFH v. 15.10.2014 – IV R 1/11, abrufbar unter steuerberater-center.de

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 25.03.2015 11:49

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