Otto Schmidt Verlag


Entnahme und Vorsteuer bei verspäteter Zuordnung eines gemischt genutzten Gebäudes

Die Voraussetzungen für die Besteuerung einer Verwendungsentnahme (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 9a Satz 1 Nr. 1 UStG) liegen bei verspäteter Zuordnung eines gemischt genutzten Gebäudes zum Unternehmensvermögen nicht vor.

Ein trotz verspäteter Zuordnung und damit materiell-rechtlich unrichtig in Anspruch genommener Vorsteuerabzug, der im Abzugsjahr verfahrensrechtlich nicht mehr entzogen werden kann, ist nach § 15a UStG in den Folgejahren zu berichtigen.

BFH v. 23.10.2014 – V R 11/12

Streitig war die Frage, welche Rechtsfolgen aus einer verspäteten Zuordnung eines gemischt genutzten Grundstücks zum Unternehmensvermögen resultieren. Die Kläger hatten mit der Steuererklärung für 2002, eingereicht in 2005, erstmals den Vorsteuerabzug für eine Immobilie geltend gemacht. Das FA war dem nach einer Umsatzsteuersonderprüfung gefolgt und hatte einen unternehmerischen Nutzungsanteil von 23,72 % angenommen.

Anlässlich eines Rechtsbehelfsverfahrens für das Streitjahr 2005 wurde der vorsteuerberechtigte Teil des Gebäudes auf  14,95 % reduziert und i.H.d. übersteigenden Anteils eine Besteuerung des Nutzungswerts angesetzt.

Einspruch, Klage und Revision blieben ohne Erfolg.

Unternehmensvermögen: Der Unternehmer muss im Zeitpunkt des Leistungsbezugs über die Zuordnung von Gegenständen, die nur zum Teil dem Unternehmen dienen, zum Unternehmensvermögen entscheiden.

Zuordnungsentscheidung: Seine Entscheidung muss in der Umsatzsteuer-Voranmeldung, spätestens aber bis zur gesetzlichen Abgabefrist für Steuererklärungen getroffen und dokumentiert werden.

Verwendungsentnahme: Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Verwendungsentnahme können nur erfüllt werden, wenn sie sich auf einen zum Unternehmensvermögen gehörenden Gegenstand beziehen.

Vorsteuerkorrektur:  Nach § 15a Abs. 1 Satz 1 und 2 UStG ist eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen, wenn sich bei diesem Wirtschaftsgut die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse innerhalb des bei Grundstücken maßgeblichen Berichtigungszeitraums von zehn Jahren ändern.

Änderung der Verhältnisse: Eine Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse liegt nicht nur dann vor, wenn sich diese in tatsächlicher Hinsicht geändert haben, sondern auch dann, wenn sich bei tatsächlich gleichbleibenden Verwendungsumsätzen die rechtliche Beurteilung der Verwendungsumsätze, die der Gewährung des Vorsteuerabzugs im Abzugsjahr zugrunde lag, in einem der Folgejahre als unzutreffend erweist, sofern die Steuerfestsetzung für das Abzugsjahr bestandskräftig ist.

Korrektur erforderlich: Der Vorsteuerabzug ist auch dann in den Folgejahren zu korrigieren, wenn er wegen verspäteter Zuordnung materiell-rechtlich unrichtig vorgenommen wurde.

Beraterhinweis: Der Entscheidung ist nur bedingt zuzustimmen.

Der BFH führt seiner ständigen Rechtsprechung folgend aus, dass kein Verwendungstatbestand vorliegen kann, weil es sich nicht um Unternehmensvermögen handelt, sondern um Privatvermögen.

Die Schlussfolgerung, dass für den rechtswidrig gewährten Vorsteuerabzug eine Korrektur nach § 15a UStG vorzunehmen sei, stelle ohnehin eine gewisse „Beanspruchung“ der Regelungen aus § 15a UStG dar.

Sich bei der Formulierung des Urteilstextes keine Gedanken darüber zu machen, ob denn die anteilige unternehmerische Nutzung des zum Privatvermögen gehörenden Gegenstands einen Anspruch auf anteilige Vorsteuerberichtigung zugunsten des Steuerpflichtigen auslösen könnte, muss auf Unverständnis stoßen.
Das Urteil fällt damit in die Kategorie „true, but not fair“. Die Konsequenz, mit der § 15a UStG für die nicht dem Unternehmen zuzuordnende Vorsteuer angewendet wird, hätte auch bei der Anwendung der gleichen Vorschrift zugunsten des Steuerpflichtigen gut getan. Man mag einwenden, dass das Gericht über diese Frage nicht zu befinden hatte. Jedoch wäre zumindest ein obiter dictum angezeigt.

StB Dipl.-Finw. Wolfgang Damaschke, Duisburg

Service: BFH v. 23.10.2014 – V R 11/12, abrufbar unter steuerberater-center.de

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 17.02.2015 15:50

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