Otto Schmidt Verlag


Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden

Bei der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes richtet sich die Vorsteueraufteilung im Regelfall nach dem objektbezogenen Flächenschlüssel. Vorsteuerbeträge sind aber dann nach dem (objektbezogenen) Umsatzschlüssel aufzuteilen, wenn erhebliche Unterschiede in der Ausstattung der verschiedenen Zwecken dienenden Räume bestehen.

BFH v. 7.5.2014 – V R 1/10

Die Klägerin (K) teilte die anlässlich der Errichtung einer gemischt genutzten Immobilie angefallenen Vorsteuerbeträge nach dem Umsatzschlüssel auf. Das FA folgte dem anlässlich einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung nicht. Es ordnete die Vorsteuerbeträge für das EG und das OG direkt zu und wendete für die verbleibenden Vorsteuerbeträge den Flächenschlüssel an. Das FG gab der Klage auf Anwendung des Umsatzschlüssels statt.
Der BFH hob die Entscheidung auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung zurück weil Feststellungen des FG dazu fehlten, ob die Anwendung des Flächenschlüssels im Streitfall zu einer präziseren Bestimmung des Pro-rata-Satzes führt.
Wirtschaftliche Zurechnung: Nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 4 UStG sind Vorsteuerbeträge nicht zwingend gegenstands- oder bereichsbezogen aufzuteilen; die Vorschrift lässt auch einen auf die gesamten Umsätze bezogenen Aufteilungsschlüssel zu.
Flächenschlüssel nicht zwingend: Soweit der V. Senat bislang ein gegenstandsbezogenes Verständnis des § 15 Abs. 4 UStG vertreten und auf die Flächennutzung des jeweiligen Gebäudes abgestellt hat (z.B. 10.12.2009 - V R 13/08, UR 2010, 426 und v. 12.3.1998 - V R 50/97, UR 1998, 392), hält er daran nicht mehr fest.
Umsatzschlüssel unpräzise: Eine Vorsteueraufteilung nach dem Gesamtumsatz ist im vorliegenden Fall unpräzise, da sie außer Betracht lässt, für welchen Bereich des Unternehmens die Eingangsleistungen bezogen wurden.
Ermächtigungsrahmen überschritten: Der nationale Gesetzgeber hat in § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG zwar von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht, ist aber über den Ermächtigungsrahmen hinausgegangen, indem er die Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, nur dann für zulässig erklärt, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist.
Richtlinienkonforme Auslegung: § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG lässt den Umsatzschlüssel zu, beschränkt ihn aber auf Fälle, in denen keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. Was "möglich" ist, muss indes richtlinienkonform ausgelegt werden.
Flächenschlüssel nicht immer anwendbar: Die Vorsteuerbeträge sind nicht nach dem Verhältnis der Flächen aufteilbar, wenn die Ausstattung der Räumlichkeiten, die verschiedenen Zwecken dienen (z.B. wegen der Höhe der Räume, der Dicke der Wände und Decken oder in Bezug auf die Innenausstattung), erhebliche Unterschiede aufweist. Ist keine präzisere wirtschaftliche Zurechnung durch den Flächenschlüssel möglich, gilt der Umsatzschlüssel.
Beraterhinweis: Auf Beraterseite darf gehofft werden, dass das Hin und Her um die Vorsteueraufteilung ein Ende gefunden hat. Der V. Senat hat unter teilweiser Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung herausgearbeitet, dass eine wirtschaftlich angemessene Aufteilung der Vorsteuern gefunden werden muss.
Anerkannt ist, dass die Aufteilung nach der Fläche nur dann wirtschaftlich angemessen ist, wenn alle Flächen gleichwertig ausgestattet wurden. Anerkannt ist weiterhin, dass eine möglichst „präzise“ Aufteilung der Vorsteuern gefunden werden soll. Anerkannt ist schließlich, dass der Umsatzschlüssel angewendet werden darf, wenn der Flächenschlüssel nicht zu einem angemessenen Ergebnis führt.
Dipl.-Finw. StB Wolfgang Damaschke, Duisburg

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 12.06.2014 16:22

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