Otto Schmidt Verlag


Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer bei Poolarbeitsplatz bzw. Telearbeitsplatz

Ein Poolarbeitsplatz, bei dem sich acht Großbetriebsprüfer drei Arbeitsplätze für die vor- und nachbereitenden Arbeiten der Prüfungen teilen, steht nicht als anderer Arbeitsplatz i.S.v. § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG zur Verfügung, wenn er zur Erledigung der Innendienstarbeiten nicht in dem erforderlichen Umfang genutzt werden kann. Auch ein Raum, in dem ein Steuerpflichtiger zuhause einen Telearbeitsplatz unterhält, kann dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers entsprechen.

BFH v. 26.2.2014 – VI R 37/13
BFH v. 26.2.2014 – VI R 40/12

Dem Urteilsfall VI R 37/13 lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger (K1) war als Betriebsprüfer bei einem FA nichtselbständig beschäftigt. Laut Bescheinigung des FA stand ihm in dem FA kein fester Arbeitsplatz, sondern lediglich ein Poolarbeitsplatz im Verhältnis von acht Prüfern zu drei Arbeitsplätzen zur Verfügung. Die vor- und nachbereitenden Arbeiten zu den Betriebsprüfungen erledigte er in seinem häuslichen Arbeitszimmer. Den Poolarbeitsplatz nutzte er lediglich für das Abrufen von E-Mails und das Updaten seines Rechners. Nach dem das FA die von den K1 als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer nicht anerkannt hatte, weil der „Poolarbeitsplatz“ ein anderer Arbeitsplatz i.S.d. § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG sei, hat das FG der Klage des K1 stattgegeben.
Der BFH hat die Revision des FA als unbegründet zurückgewiesen.
Anderer Arbeitsplatz i.S.d. § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG: Ein „anderer Arbeitsplatz“ ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist. Die Abzugsbeschränkung setzt keinen eigenen, räumlich abgeschlossenen Arbeitsbereich voraus. Auch ein Raum, den sich der Steuerpflichtige mit weiteren Personen teilt, kann ein anderer Arbeitsplatz im Sinne der Abzugsbeschränkung sein. Entsprechendes gilt für einen Poolarbeitsplatz.
Einschränkung der Nutzung: Der andere Arbeitsplatz steht nur dann "für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit ... zur Verfügung", wenn ihn der Steuerpflichtige in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann. Denn nur dann ist der Steuerpflichtige nicht auf das häusliche Arbeitszimmer angewiesen. Muss er hingegen dort einen nicht unerheblichen Teil seiner beruflichen Tätigkeit verrichten, weil er seinen Arbeitsplatz nur eingeschränkt nutzen kann, kommt das Abzugsverbot des § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG nach seinem Sinn und Zweck nicht zum Tragen.
Im Urteilsfall VI R 40/12 war die Berücksichtigung von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer, in dem ein sog. Telearbeitsplatz eingerichtet wurde, streitig.
Der Kläger (K2) war im Streitjahr als Oberregierungsrat nichtselbständig beschäftigt. Als Werbungskosten machte er Kosten für ein Arbeitszimmer i.H.v. 509 € geltend. Er legte dazu eine "Einvernehmliche Anordnung" zwischen ihm und seinem Dienstherrn über die Einrichtung eines Telearbeitsplatzes vor. Danach verpflichtete sich K2, in seiner Wohnung einen geeigneten Arbeitsbereich zur Verfügung zu stellen. Von der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit sollten 24 Stunden in der Dienststelle, die restliche Arbeitszeit zu Hause abgeleistet werden. Der Telearbeitsplatz sollte vom Dienstherrn in Absprache mit K2 eingerichtet werden. Auf Anfrage versagte der Arbeitgeber eine Bestätigung des Inhalts, dass K2 sein Büro an den Heimarbeitstagen nicht zur Verfügung stehe. Eine solche Vereinbarung für Telearbeiter gebe es nicht. Das FA berücksichtigte die Aufwendungen für das Arbeitszimmer nicht, da das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit darstelle. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage war erfolgreich. Das FG entsprach der Klage dem Grunde nach, berechnete allerdings die Kosten auf Grundlage einer geringeren Fläche.
Die Revision das FA ist begründet und führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Häusliches Arbeitszimmer: Der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers erfasst nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des BFH das häusliche Büro, d.h. einen Arbeitsraum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher und schriftlicher Arbeiten dient. Anderes gilt für Räumlichkeiten, die ihrer Ausstattung und Funktion nach nicht einem Büro entsprechen. Solche Räume sind nicht dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers zuzuordnen. Dies gilt auch dann, wenn sie nach ihrer Lage mit dem Wohnraum des Steuerpflichtigen verbunden und deswegen in dessen häusliche Sphäre eingebunden sind.
Telearbeitsplatz: Zutreffend verweist das FG zwar hinsichtlich der Frage, ob die Abzugsbeschränkungen für das häusliche Arbeitszimmer ohne weiteres auf Aufwendungen eines Arbeitnehmers für einen häuslichen Telearbeitsplatz übertragen werden können, auf das Urteil vom 23.5.2006 (BFH v. 23.5.2006 - VI R 21/03, BStBl. II 2006, 600). Danach können Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für einen Telearbeitsplatz derart zwangsläufig durch die Erwerbstätigkeit veranlasst sein, dass bereits zweifelhaft sein kann, ob die Abzugsbeschränkung für die Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers überhaupt eröffnet ist. Das Urteil ist jedoch nicht dahingehend zu verstehen, dass der Tatbestand des häuslichen Arbeitszimmers stets schon dann ausgeschlossen ist, wenn der Arbeitnehmer zuhause über einen Telearbeitsplatz verfügt.
Im hier vorliegenden Streitfall wird der Raum von K2 im Sinne der vorgenannten Rechtsgrundsätze büromäßig genutzt und dient der Erledigung gedanklicher und schriftlicher Arbeiten. Der als Arbeits-zimmer genutzte Raum zuhause weist auch ansonsten keine Besonderheiten auf, die den Raum nicht als typisches häusliches Arbeitszimmer erscheinen ließen. Auch mit Blick auf den Arbeitsplatz in der Dienststelle folgt nichts anderes. Denn nach den Feststellungen war es K2 weder untersagt, seinen Arbeitsplatz dort auch an den eigentlichen häuslichen Arbeitstagen zu nutzen, noch war der in der Dienststelle zur Verfügung gestellte Arbeitsplatz hinsichtlich der Nutzung eingeschränkt. Aus diesem Grund hat der BFH die Kosten für das häusliche Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten anerkannt.
Beraterhinweis: Im Falle des Poolarbeitsplatzes (VI R 37/13) kommt es nicht darauf an, dass K1 keinen Antrag auf Zuweisung eines festen Arbeitsplatzes an der Dienststelle gestellt hat. Denn § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG setzt schon nach seinem Wortlaut kein "vergebliches Bemühen" um eine feste räumliche Zuweisung eines "anderen Arbeitsplatzes" voraus. Maßgeblich sind vielmehr die objektiven Gegebenheiten, nämlich ob dem Arbeitnehmer am Dienstsitz ein geeigneter Arbeitsplatz tatsächlich zur Verfügung steht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Dispositionsbefugnis über die Räumlichkeiten, beim Dienstherrn und nicht bei K1 lag.
Im Falle des Telearbeitsplatzes tragen die Dienstvereinbarungen über die Einrichtung des Telearbeitsplatzes weder nach ihrem unmittelbaren Wortlaut noch nach ihrem Sinn und Zweck die Annahme, dass K2 am Dienstsitz kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden habe. Denn dieser Annahme stehen die Feststellungen entgegen, dass es K2 nicht untersagt war, seinen dienstlichen Arbeitsplatz auch an den häuslichen Arbeitstagen weiterhin zu nutzen.
StB Dipl.-Finw. (FH) Georg Schmitt, Limburg

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 11.06.2014 11:17

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