Otto Schmidt Verlag


Nachträgliche Schuldzinsen nach Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht

Ein fortbestehender Veranlassungszusammenhang von nachträglichen Schuldzinsen mit früheren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist nicht anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige zwar ursprünglich mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt hat, seine Absicht zu einer weiteren Einkünfteerzielung jedoch bereits vor Veräußerung der Immobilie aus anderen Gründen weggefallen ist.

BFH v. 21.1.2014 – IX R 37/12

Der Kläger (K) erwarb 1999 ein u.a. mit einer Gaststätte und mit sieben Ferienwohnungen bebautes Grundstück, aus dem er in den Streitjahren 2003 bis 2006 negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielte. Wegen mangelnder Rentabilität des Gesamtobjekts versuchte K parallel zu seinen Vermietungsbemühungen ab Mai 2003, das Objekt zu veräußern, was letztlich 2008 gelang. Das FA ging davon aus, dass K seine Einkünfteerzielungsabsicht mit Blick auf die seit 2003 unternommenen Verkaufsbemühungen aufgegeben habe und berücksichtigte dementsprechend die von K in den Streitjahren ermittelten Einkünfte aus der Immobilie nicht. Die Vorinstanz (FG Düsseldorf v. 4.7.2012 - 9 K 4673/08 E, GStB 2013, 41) gab der Klage in diesem Punkt teilweise statt. Es ging zwar auch davon aus, dass K seine Einkünfteerzielungsabsicht schon 2003 aufgegeben habe; unbeschadet dessen seien die in den Streitjahren von K gezahlten „nachträglichen Schuldzinsen“ aber nach den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BFH v. 20.6.2012 - IX R 67/10, StBW 2012, 883) als Werbungskosten einkünftemindernd zu berücksichtigen.

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und wies die Sache an das FG zurück. Dabei hob er hervor, dass ein fortdauernder Veranlassungszusammenhang von sog. „nachträglichen Schuldzinsen“ mit früheren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht anzunehmen sei, wenn der Steuerpflichtige zwar ursprünglich mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt hat, seine Absicht zu einer (weiteren) Einkünfteerzielung jedoch bereits vor der Veräußerung des Immobilienobjekts aus anderen Gründen weggefallen ist. Die Vorinstanz wird nunmehr der Frage nachzugehen haben, ob K mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt hat.

Hintergrund: Mit Urteil vom 20.6.2012 (BFH v. 20.6.2012 - IX R 67/10, StBW 2012, 883) änderte der BFH hinsichtlich der steuerlichen Behandlung von Schuldzinsen, die auf Verbindlichkeiten entfallen, welche der Finanzierung von Anschaffungskosten einer zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzten Immobilie dienten, seine Rechtsprechung. Danach können Schuldzinsen grundsätzlich auch dann noch als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden, wenn die Immobilie veräußert wurde, der Veräußerungserlös aber nicht ausreichte, um die Darlehensverbindlichkeit zu tilgen. Im entschiedenen Fall wurde das Objekt innerhalb von zehn Jahren steuerbar veräußert. Der BFH (BFH v. 8.4.2014 - IX R 45/13, StBW 2014, 415) erweiterte seine Rechtsprechung auch auf Fälle der nicht steuerbaren Veräußerung der Immobilie.

Kein vorheriger Wegfall der Einkunftserzielungsabsicht: Bisher von der Verwaltung (BMF v. 28.3.2013 - IV C 1 - S 2211/11/10001 :001, BStBl. I 2013, 508) gefordert und nunmehr erneut bestätigt (BFH v. 21.1.2014 – IX R 37/12) ist, dass ein fortdauernder Veranlassungszusammenhang von sog. „nachträglichen Schuldzinsen“ mit früheren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nur dann anzunehmen ist, wenn die Absicht zu einer (weiteren) Einkünfteerzielung nicht bereits vor der Veräußerung des Immobilienobjekts aus anderen Gründen weggefallen ist.

Beraterhinweis: Der BFH hat für die erneute Prüfung hinsichtlich der Einkunftserzielungsabsicht durch die Vorinstanz auf folgendes hingewiesen:
Für die Feststellung des Weiterbestehens einer Einkünfteerzielungsabsicht hinsichtlich vormals dauerhaft vermieteter, aktuell jedoch renovierungs- oder zumindest umgestaltungsbedürftiger Objekte können (und müssen im Streitfall) aber beispielsweise auch der zeitliche Zusammenhang zwischen Umgestaltung bzw. Renovierung und späterer (tatsächlicher) Vermietung oder auch die (fehlende) Absehbarkeit, ob und ggf. wann die Räume im Rahmen der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung genutzt werden sollen, als Indizien herangezogen werden (vgl. z.B. BFH v. 31.7.2007 IX R 30/05, BFH/NV 2008, 202).

Die Aufnahme der Einkünfteerzielungsabsicht ist bei Ferienwohnungen, die vom Eigentümer in Eigenregie vermietet und im Übrigen nicht selbst genutzt werden (d.h. auch in der Leerstandszeit zur Vermietung bereitgehalten werden) nach besonderen, vom BFH entwickelten Kriterien zu prüfen.

Beachten Sie: Das BMF hat zuletzt mit Schreiben vom 8.10.2004 (BMF v. 8.10.2004 - IV C 3 - S 2253 - 91/04, BStBl. I 2004, 933) ausführlich zur Einkunftserzielung bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Stellung genommen.

Dipl.-Finw. Martin Hilbertz, Neuwied

Service: BFH v. 21.1.2014 – IX R 37/12

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 26.05.2014 11:46

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