Otto Schmidt Verlag


Zahlungen auf Altersversorgung für Gesellschafter-Geschäftsführer als Quelle verdeckter Gewinnausschüttungen einer Kapitalgesellschaft

Die Zahlungen einer Kapitalgesellschaft auf zugesagte Versorgungsleistungen an ihre Gesellschafter-Geschäftsführer sind nur innerhalb der sehr engen Grenzen als Betriebsausgabe abzugsfähig, die durch das Handeln eines gedachten ordentlichen und gewissen Geschäftsleiters gezogen werden. Der BFH hat hier bereits in der Vergangenheit mit dieser Bezugnahme auf eine fiktiv angenommene Handlungsweise eines unabhängigen Fremden Beschränkungen gesetzt, die jetzt in mehreren gleichzeitig veröffentlichten Entscheidungen des I. Senats erneut bekräftigt bzw. auf weitere Sachverhalte angewandt wurden. Gemeinsam ist allen Urteilen, dass die Grenzüberschreitung zur vGA aller Zahlungen an den Gesellschafter-Geschäftsführer führt. Dabei werden die Auszahlungen an den Gesellschafter getrennt für sich gesehen und ohne Saldierung mit der wegfallenden Belastung für die Gesellschaft als vGA beurteilt. Der BFH begründet dies damit, dass hier eine geschäftsvorfallbezogene Betrachtung vorzunehmen ist und die handelsbilanziellen Folgen der Zahlungen davon getrennt zu sehen sind. Allein die Zahlung wird als Vermögensminderung i.S.v. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG angesehen.

BFH v. 11.9.2013 – I R 28/13
BFH v. 23.10.2013 – I R 60/12
BFH v. 23.10.2013 – I R 89/12

In allen Besprechungsentscheidungen war die Klägerin jeweils eine GmbH, die ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer eine Altersversorgung zugesagt hatte. Die Geschäftsführer waren auch jeweils beherrschend im Sinne der einschlägigen BFH-Rechtsprechung, da sie entweder über die Mehrheit der Stimmrechte verfügten oder mit anderen Gesellschaftern zusammenwirken konnten, die gleichgerichtete Interessen verfolgten.

Im Urteilsfall I R 28/13 hatte der beherrschende Gesellschafter einen Anspruch auf eine laufende Pension, die nach seinem 65. Lebensjahr bei Aufgabe seiner Geschäftsführerstellung jährlich in Höhe eines festen Betrags fällig wurde. Vor Beginn dieser Pensionszahlungen (in seinem 52. Lebensjahr) übertrug der Geschäftsführer einen Anteil von annähernd 40 % an der GmbH auf seinen ihm in der Gesellschaft nachfolgenden Sohn. Im Zuge dieser Übertragung ließ er sich von der GmbH seinen bis dahin verdienten Anteil an der Pensionszusage (past service) auszahlen und verzichtete auf weitere Leistungen zur Altersversorgung inkl. der Anwartschaft auf die vereinbarte Witwenpension. Der Geschäftsführer arbeitete in dieser Funktion weiter für die GmbH. Das FA behandelte die Abfindungszahlung als vGA. Das hiergegen angerufene FG entschied dagegen zu Gunsten der Klägerin. Hiergegen erhob das FA die Revision.

Im Verfahren I R 60/12 erhielt der mit 50 % an einer GmbH beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer eine Pensionszusage mit einer Witwenruhegeldzusage, beginnend mit dem vollendeten 67. Lebensjahr. Der zum Zeitpunkt der Zusage gleichfalls mit 50 % beteiligte zweite Gesellschafter-Geschäftsführer erhielt eine vergleichbare Zusage, die bei Dienstunfähigkeit bzw. der Vollendung des 65. Lebensjahres in Kraft treten sollte. Mit Monatsbeginn der Vollendung des 67. Lebensjahres (März 2000) traf der erste Gesellschafter-Geschäftsführer mit der GmbH eine Vereinbarung, die seine Arbeitszeit auf 20 % begrenzen sollte und dafür ein auf 25 % herabgesetztes Gehalt vorsah. Weiterhin wurde die ursprünglich zugesagte Pension gezahlt. Das FA erkannte die Pensionszusage an den zweiten Gesellschafter-Geschäftsführer nicht an, weil nach dem Inhalt der Zusage die Beendigung der Tätigkeit als Geschäftsführer nicht Voraussetzung der Altersversorgung sein sollte. Die Zusage an den ersten Geschäftsführer wurde anerkannt, weil dieser Geschäftsführer sich tatsächlich im Ruhestand befunden habe, die geringe weitere Tätigkeit sei demgegenüber nicht entscheidungserheblich. Die Rückstellung für den zweiten Geschäftsführer wurde in 1999 um die gesamte Höhe bzw. in 2000 um die Zuführung dieses Jahres gekürzt. Die Klage vor dem FG Sachsen-Anhalt hatte Erfolg (FG Sachsen-Anhalt v. 27.6.2012- 3 K 359/06, EFG 2013, 69). Das FA trägt in der beim BFH eingelegten Revision dagegen vor, dass es einerseits die Pensionszusage an den zweiten Geschäftsführer akzeptiert und damit auch die Rückstellungsbildung, aber die Zahlung des Gehalts an den ersten Geschäftsführer als vGA ansieht.

Das Verfahren I R 89/12 unterscheidet sich von den beiden vorangegangen Verfahren im Wesentlichen dadurch, dass ein Einmalbetrag als Altersversorgung vereinbart worden war. Der Vertrag sah für beide mit 50 % beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH die Zahlung von je 750.000 DM vor, fällig mit Vollendung des 60. Lebensjahres, wenn die Gesellschafter zu diesem Zeitpunkt als Geschäftsführer ausscheiden. Dieser Betrag wurde rund 10 Jahre vor der Vollendung des 60. Lebensjahres des jüngeren Geschäftsführers um 100.000 DM erhöht. Der jüngere Geschäftsführer erhielt kurz nach der Vollendung seines 60. Lebensjahres in 2006 den in Euro umgerechneten Betrag von 850.000 DM ausgezahlt. Der Betrag wurde aus einer vorher eingegangenen Zahlung einer Rückdeckungsversicherung teilweise finanziert, der die Rückstellung übersteigende Betrag der Auszahlung wurde als Aufwand behandelt, die Pensionsrückstellung gegen die Zahlung der Versicherung verrechnet. Das FA sah den Auszahlungsbetrag und die im Vorjahr erfolgte Zuführung zur Pensionsrückstellung hinsichtlich der Erhöhung der Zusage um 100.000 DM als vGA an. Die GmbH erhob daraufhin Sprungklage, die sich auf die VZ 2005 und 2006 bezog. Das FG verringerte die vGA auf den Betrag, der saldiert zwischen Zahlung an den Gesellschafter und Auflösung der Pensionsrückstellung verblieb. Dagegen erhob das FA die Revision, die Klägerin Anschlussrevision. Der BFH hielt die Revision des FA für begründet und hob die Entscheidung des FG auf.

Entgeltliche Tätigkeit und Altersrente können nicht nebeneinander vergütet werden: Der BFH sieht in dem gleichzeitigen Bezug einer Altersrente und der Vergütung für eine Weiterbeschäftigung als Geschäftsführer eine im Gesellschaftsverhältnis begründete Vermögensminderung bei der GmbH, die zu einer vGA gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG führt. Er geht davon aus, dass im Urteilsfall ein beherrschender Gesellschafter begünstigt wurde. Es ist nach seiner Auffassung zwar zulässig, dass die Altersversorgung vertraglich nur von der Vollendung eines bestimmten Lebensjahres abhängig gemacht wird, aber bei einer Weiterbeschäftigung muss dann die dafür gezahlte Vergütung auf das Ruhegehalt angerechnet werden. Auch wenn die Altersversorgung bereits in der Vergangenheit erdient wurde, würde ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter den gleichzeitigen Bezug beider Vergütungsarten nicht akzeptieren. Der BFH vertritt die Auffassung, dass der gedachte Geschäftsleiter einer Weiterbeschäftigung nur zustimmen würde, wenn eine Anrechnung der dafür gezahlten Vergütung auf die Altersvorsorgezahlungen erfolgen würde. Dies gilt selbst dann, wenn die Vergütung und auch die vereinbarte Arbeitszeit deutlich reduziert werden (im Urteilsfall I R 60/12 um 75 % bzw. 80 %). Es ist in diesem Zusammenhang auch nicht von Bedeutung, dass eine Tätigkeit für einen anderen Arbeitgeber oder als Berater für das bisherige Unternehmen nicht zu einer vGA für die Altersbezüge führt. Obwohl der BFH eine Anrechnung der laufenden Vergütung auf die Altersbezüge als adäquates Mittel zur Vermeidung der vGA sieht, betrachtet er die gezahlten Altersbezüge und nicht das Gehalt als vGA. Er sieht in den weitergezahlten Vergütungen für das zumindest teilweise weitergeführte Arbeitsverhältnis den eigentlichen Zweck der Altersversorgung verfehlt und geht davon aus, das dies nur aus gesellschafts-rechtlichen Gründen erfolgt ist; dies führt dann zur vGA für die Zahlungen auf die Betriebsrente.

Abfindungszahlungen entgegen dem ursprünglichen Versorgungsvertrag sind vGA: Die Abfindung an den beherrschenden Gesellschafter entgegen der ursprünglichen Vereinbarung war Gegenstand der BFH-Entscheidungen vom 11.9.2013 - I R 28/12 und vom 23.10.2013 - I R 89/12. Im ersten Urteilsfall hatte der Gesellschafter-Geschäftsführer eine laufende Altersversorgung von der GmbH erhalten. Als er seinen Sohn an der Gesellschaft wesentlich beteiligte, schloss er mit der GmbH aber entgegen der ursprünglichen Regelung einen Vertrag über eine Kapitalabfindung der bisher erdienten Ansprüche. Der BFH sieht den Verstoß gegen die ursprüngliche Zusage für sich gesehen als Grund, hierfür eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung zu unterstellen. Die Folge ist dann die vGA in Höhe der von der GmbH geleisteten Abfindungszahlung. Der aus Sicht der Beteiligten bereits bestehende Anspruch auf die Pension wegen der verstrichenen Tätigkeitsjahre hing von weiteren Umständen hinsichtlich der späteren laufenden Auszahlungen ab. So wird die Versorgungszahlung nur im Erlebensfall geleistet, für den Todesfall war lediglich eine Witwenversorgung mit 60 % des Ruhegehalts zugesagt, des Weiteren musste der Geschäftsführervertrag bei Vollendung des 65. Lebensjahres noch bestehen. Alle diese Bedingungen konnten noch entfallen und ein gedachter ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte bei einem fremden Geschäftsführer die Abfindung nicht geleistet.

Das BMF hat zwar für den Fall eines Verzichts auf eine Pensionszusage ohne Abfindung auch hinsichtlich des future service in dem Teilwert der Pensionszusage eine verdeckte Einlage gesehen, der BFH lässt aber offen, ob er dies genauso sieht. Für ihn ist maßgebend, dass die Abfindung vertraglich nicht vorgesehen war. Eine nachträgliche spontane Änderung der Vereinbarung erfüllt nach seiner Auffassung auch nicht die Schriftlichkeitsanforderungen gem. § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG.

Im Entscheidungsfall I R 89/12 war zwar eine einmalige Kapitalzahlung als Altersvorsorge vereinbart, diese Zahlung erfolgte aber vor Eintritt des vereinbarten Leistungsfalls. Die Auszahlung sollte erfolgen, wenn der Geschäftsführer das 60. Lebensjahr vollendet hatte und er danach den Dienstvertrag beendete. Letzteres war aber noch nicht eingetreten, als die Zahlung erfolgte. Der BFH sieht in dieser Missachtung des Vertrags den entscheidenden Grund, die vorzeitige Auszahlung auf die Gesellschafterebene zurückzuführen und damit eine vGA gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG anzunehmen. Daneben kann auch der für einen beherrschenden Gesellschafter nicht übliche Beginn der Rentenzahlungen mit Vollendung des 60. Lebensjahres – anstatt des 63. oder 65. Lebensjahres – dem Grunde nach dazu führen, dass eine Versorgungsleistung aus dem Vertrag nicht anerkannt werden kann.

Auszahlungen und Auflösung der Pensionsrückstellung sind nicht zu saldieren: Für die Beurteilung, ob bei der Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung vorliegt, stellt der BFH nur auf die Auszahlung von Versorgungsleistungen an den Gesellschafter ab. Die danach vorzunehmende Auflösung der Pensionsrückstellung sieht der BFH als unmittelbare Folge der Erfüllung des Versorgungsanspruchs aus zivilrechtlicher Sicht. Der Anspruch besteht dann ja nicht mehr oder zumindest nicht in der ursprünglichen Höhe, wenn nicht der volle Betrag einer Kapitalabfindung ausgezahlt wird. Obwohl die Auszahlung und die Auflösung ebenfalls uno actu erfolgen, sieht der BFH diese Vorgänge getrennt und nicht bilanzrechtlich zusammengehörig. Er spricht hier von der Beurteilung der einzelnen Geschäftsvorfälle. Ist die Zahlung gesellschaftsrechtlich verursacht, dann liegt hierin die in § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG definierte Vermögensminderung, die die außerbilanzmäßige Hinzurechnung als vGA zur Folge hat. Der I. Senat stützt sich in den hier aufgeführten Entscheidungen auf seine Urteile vom 14.3.2006 (BFH v. 14.3.2006 – I R 38/05, BFH/NV 2006, 1515) und vom 5.3.2008 (BFH v. 5.3.2008 – I R 12/07, BFH/NV 2008, 1273). Die kritischen Stimmen in der Literatur (u.a. Briese, GmbHR 2008, 565 und Hoffmann, GmbHR 2006, 824) ändern die Auffassung des BFH nicht.

Beraterhinweis: Die jetzt veröffentlichten BFH-Entscheidungen zeigen deutlich, dass für beherrschende Gesellschafter die Auszahlung von zugesagten Pensionsleistungen strikt nach den schriftlich vereinbarten Verträgen vorgenommen werden müssen. Weder vorzeitige Zahlungen noch Zahlungen von laufenden Vergütungen neben den Versorgungsleistungen akzeptiert der BFH. Dies gilt auch dann, wenn eine vorzeitige Zahlung die Kapitalgesellschaft von späteren Belastungen befreit oder damit eine Nachfolgeregelung erst erreicht werden kann. Für die vertragliche Ausgestaltung einer neuen Zusage ergibt sich aus dieser Rechtsprechung, dass neben laufenden Pensionszahlungen auch eine Kapitalauszahlung und die Modalitäten ihrer Berechnung bereits in dieser Zusage geregelt werden sollten, um eine vGA zu vermeiden. Bei einer weiteren Tätigkeit des Geschäftsführers nach dem Zeitpunkt der vereinbarten Altersruhegeldzahlungen muss entweder seine Vergütung auf die Altersvorsorgeleistungen angerechnet werden oder die Geschäftsführerstellung muss aufgegeben werden und eine andere Form der Tätigkeit für die Gesellschaft gefunden werden. Dies könnte z.B. eine Beraterfunktion sein.

WP/StB Jürgen Dräger, Hamburg

Service: BFH v. 11.9.2013 – I R 28/13
BFH v. 23.10.2013 – I R 60/12
BFH v. 23.10.2013 – I R 89/12

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 04.04.2014 10:31

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