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Steuerstundungsmodell i.S.d. § 15b EStG setzt Feststellungen zum Werben mit Steuervorteilen voraus

Bei Beteiligung an einer Gesellschaft oder Gemeinschaft kann es als Indiz für das Vorliegen eines Steuerstundungsmodells gesehen werden, dass der Anleger vorrangig eine kapitalmäßige Beteiligung ohne Interesse an einem Einfluss auf die Geschäftsführung anstrebt. Das heißt allerdings nicht, dass bei geschlossenen Fonds in der Rechtsform einer Personengesellschaft, die ihren Anlegern in der Anfangsphase steuerliche Verluste zuweisen, regelmäßig ein Steuerstundungsmodell anzunehmen wäre, auch wenn die Gesellschafter in ihrer gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit die Möglichkeit haben, auf die Vertragsgestaltung Einfluss zu nehmen (so aber BMF v. 17.7.2007 - IV B 2 - S 2241 b/07/0001, BStBl. I 2007, 542).

BFH v. 6.2.2014 – IV R 59/10

Die Klägerin (K), eine GmbH & Co. KG, hatte als Gegenstand des Unternehmens den Handel, die Vermietung und das Leasing von beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern. Die Komplementär-GmbH war nicht am Kapital der K beteiligt. Der Gesellschaftsgründung lag ein „Konzeptionspapier zur Gründung einer Leasinggesellschaft“ zugrunde, das seitens der Initiatoren der Komplementärin für A-Leasinggesellschaften herausgegeben worden war. Aufgrund dieses Konzeptionspapiers wurden weitere Kommanditgesellschaften gegründet. Abweichend von früheren Prospekten war ein Investitionsjahr nicht mehr dargestellt und die Ertragsplanung enthielt keine Nachsteuerbetrachtung für den Kommanditisten bzw. keine Erläuterungen zu etwaigen Steuerersparnissen. K reichte eine Feststellungserklärung ein und erklärte einen Verlust aus Gewerbebetrieb, der auf den Kommanditisten entfiel. Das FA stellte den Verlust des Kommanditisten als verrechenbaren Verlust i.S.d. § 15b Abs. 4 EStG fest. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte Erfolg.

Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen. Das FG hatte zutreffend festgestellt, dass K nicht mit steuerlichen Vorteilen in Form negativer Einkünfte geworben hatte. Es durfte daher zu Recht davon ausgehen, dass kein Steuerstundungsmodell i.S.d. § 15b Abs. 2 EStG vorlag.

Steuerstundungsmodell: Ein Steuerstundungsmodell i.S.d. § 15b Abs. 1 EStG liegt vor, wenn aufgrund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen. Dies ist der Fall, wenn dem Steuerpflichtigen aufgrund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten werden soll, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen.

Wertende Gesamtbetrachtung: Ob in der Sache ein Steuerstundungsmodell gegeben ist, ist im Wege einer wertenden Gesamtbetrachtung der entsprechenden Einzelfallumstände zu ermitteln.

Vorgefertigtes Konzept erforderlich: Für die Annahme einer modellhaften Gestaltung i.S.d. § 15b Abs. 2 Satz 1 EStG ist ein „vorgefertigtes Konzept“ erforderlich. Als Konzept kann nicht jegliche Investitionsplanung, sondern nur die Erstellung einer umfassenden und regelmäßig an mehrere Interessenten gerichteten Investitionskonzeption angesehen werden. Dabei ist ein Konzept vorgefertigt, wenn der Anwender es vorfindet und zumindest die wesentlichen Grundlagen für ein geplantes Vorhaben einsetzen kann und nicht erst selbst die Strategien und Maßnahmen zur Umsetzung seines Vorhabens entwickeln muss.

Vertriebswege: Ein vorgefertigtes Konzept wird typischerweise, wenn auch nicht zwingend, mittels eines Anlegerprospekts oder aber in ähnlicher Form, etwa durch Katalog, sonstige Verkaufsunterlagen oder Beratungsbögen, vertrieben. Es wendet sich an nicht näher bestimmte Interessenten oder ist zumindest zur wiederholten Verwendung bestimmt.

Nur indizielle Bedeutung: Dabei ist das Bewerben und Vermarkten eines derartigen Konzepts allerdings kein ausschlaggebendes Kriterium. Deshalb kann dem Anbieten gegenüber einem größeren Verkehrskreis mittels unterschiedlicher Medien allenfalls indizielle Bedeutung zukommen.

Zwei verschiedene Personen erforderlich: Das Konzept muss von einer vom Steuerpflichtigen verschiedenen Person erstellt worden sein, denn nur dann kann ihm dem Wortlaut des § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG entsprechend die Möglichkeit „geboten“ werden, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen.

Fehlender Einfluss auf die Geschäftsführung: Bei Beteiligung an einer Gesellschaft oder Gemeinschaft kann es als Indiz für das Vorliegen eines Steuerstundungsmodells gesehen werden, dass der Anleger vorrangig eine kapitalmäßige Beteiligung ohne Interesse an einem Einfluss auf die Geschäftsführung anstrebt.

Abgrenzung zu geschlossenen Fonds: Das heißt allerdings nicht, dass bei geschlossenen Fonds in der Rechtsform einer Personengesellschaft, die ihren Anlegern in der Anfangsphase steuerliche Verluste zuweisen, regelmäßig ein Steuerstundungsmodell anzunehmen wäre, auch wenn die Gesellschafter in ihrer gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit die Möglichkeit haben, auf die Vertragsgestaltung Einfluss zu nehmen.

Beraterhinweis: Er gibt einerseits keinen Erfahrungssatz, wonach ein früher unter ausdrücklicher Bezugnahme auf Steuervorteile aufgelegtes Fondsmodell auch nach seiner Überarbeitung im Hinblick auf verschärfte steuerliche Abzugsmöglichkeiten weiterhin der Steuerersparnis dienen soll. Andererseits spricht auch kein Anscheinsbeweis dafür, dass ein früherer Prospekt lediglich von den Hinweisen auf Steuervorteile befreit und ansonsten beibehalten wird.

Ausnahme: Davon könnte beispielsweise nur dann ausgegangen werden, wenn die in beiden Konzepten verwendeten Zahlenbeispiele vollständig identisch sind.

Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 15b EStG: Das Merkmal der „modellhaften Gestaltung“ ist nach Ansicht des BFH hinreichend bestimmt genug. Aus verfassungsrechtlicher Hinsicht bestehen keine Bedenken, da zum einen der Begriff in § 15b Abs. 2 EStG legal definiert wird und zum anderen die dort verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe klarer formuliert sind als in der Vorgängerregelung des § 2b EStG a.F. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit der Auslegung der Begriffe. Damit ist dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot Genüge getan.

Dipl.-Finw., RD, Wilfried Apitz, Sundern

Service: BFH v. 6.2.2014 – IV R 59/10

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 01.04.2014 16:22

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