Otto Schmidt Verlag


Abzug von Spenden an Empfänger in anderem EU/EWR-Staat

Sowohl bei der Körperschaftsteuer als auch der Einkommensteuer können Spenden an eine Körperschaft in einem anderen EU/EWR-Staat vom Einkommen abgezogen werden. Dies sieht § 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a bzw. Buchst. c KStG für die Körperschaftsteuer und § 10b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG für die Einkommensteuer vor. Für Spenden an eine Körperschaft in einem anderen EU/EWR-Staat ist aber Voraussetzung, dass die ausländische Organisation die Voraussetzungen für die Anerkennung steuerbegünstigter Zwecke gem. der §§ 51 ff. AO erfüllt. Zu diesen Voraussetzungen gehört auch die satzungsmäßige Vermögensbindung gem. § 61 AO. Diese Vermögensbindung ist in der Satzung des Spendenempfängers für den Fall einer Auflösung der Organisation oder den Wegfall des Satzungszwecks zu regeln. Die Vermögensbindung erfordert daher, dass in der Satzung explizit vorgeschrieben wird, für welchen gemeinnützigen Zweck das restliche vorhandene Vermögen verwendet werden soll. Aus dem Satzungszweck muss sich die steuerbegünstigte Verwendung ergeben, ein Verweis auf andere Regelungen außerhalb der Satzung reicht nicht aus. Diese Regelung verstößt nicht gegen die Kapitalverkehrsfreiheit gem. Art. 63 AEUV. In seinem Urteil vom 27.1.2009 (EuGH v. 27.1.2009 - Rs. C-318/07, Persche, FR 2009, 230)hat der EuGH ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich die Bedingungen für den Spendenabzug nach den Regelungen im Mitgliedstaat des Spenders richten und nicht nach denen im Empfängerstaat der Spende.

BFH v. 17.9.2013 – I R 16/12

Eine deutsche Kapitalgesellschaft leistete in 2004 eine Spende an einen Verein in Rom, der in das dortige Register für juristische Personen eingetragen war. Der Zweck des Vereins bestand in der Errichtung eines Kirchengebäudes in Rom zur Ausübung der russisch-orthodoxen Religion und der Unterrichtung der Lehre dieser Religionsgemeinschaft sowie der russischen Kultur. Außerdem sollten den Gläubigen in Italien von dem Verein wohltätige und humanitäre Hilfen geleistet werden. In der Vereinssatzung war für die Auflösung des Vereins vorgesehen, dass das dann vorhandene Vermögen auf Beschluss der Vereinsmitglieder zugunsten einer anderen nichtwirtschaftlichen Organisation übertragen werden sollte. Vorrangig war hierfür eine Organisation zu wählen, die mit dem Patriachat in Moskau in Verbindung steht oder die zur russisch-orthodoxen Religion gehört. Der Geschäftsführer der deutschen GmbH war nicht Mitglied der russisch-orthodoxen Kirche und hatte keine persönlichen Beziehungen zu dem Verein. In einer Spendenbescheinigung bestätigte der Verein, dass die Spende zur Errichtung einer russisch-orthodoxen Kathedrale in Rom verwendet werde. Das für die Körperschaftsteuer der GmbH zuständige FA verweigerte den Spendenabzug, das FG Bremen entschied im Urteil vom 8.6.2011 (FG Bremen v. 8.6.2011 – 1 K 63/10 (6), DStRE 2012, 1321) für die Klägerin.

Das FA erhob hiergegen die Revision, über die der BFH nach der Zulassung vom 27.2.2012 entschied.

Feststellungsverfahren gem. § 60a AO hier nicht anwendbar: Der BFH trifft seine Entscheidung im anhängigen Verfahren zur Körperschaftsteuer 2004, ungeachtet des in § 60a AO neu eingeführten Feststellungsverfahrens zur Übereinstimmung der Satzung mit den Regelungen in den §§ 51, 59, 60 und 61 AO. Diese Vorschrift ist am 21.3.2013 mit dem Ehrenamtsstärkungsgesetz in die AO aufgenommen worden, aber erst ab dem 29.3.2013 anwendbar. Das Verfahren ist jedoch im Übrigen gem. § 60a Abs. 2 AO nur auf Antrag oder von Amts wegen bei der Körperschaftsteuer des Vereins durchzuführen. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Vermögensbindung gem. § 61 Abs. 1 AO nicht eingehalten: Der BFH prüft danach im Einzelnen, ob die Voraussetzungen für den Spendenabzug gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG 2002 n.F. eingehalten worden sind. Dazu gehört, dass die spendenempfangende Organisation die in den §§ 52 bis 54 AO aufgeführten Zwecke verfolgt und dies selbstlos i.S.v. § 55 AO vorgenommen wird. Das Gericht kommt dabei zu der Auffassung, dass die Vermögensbindung gem. § 55 Abs. 1 Nr. 4 AO bei dem Verein in Rom nicht eingehalten wurde. Es fehlt in der Satzung eine Regelung zur Vermögensverwendung beim Wegfall des Zwecks des Vereins; weiterhin ist die Regelung über die Verwendung des Vereinsvermögens bei dessen Auflösung nicht detailliert genug. Die Vermögensbindung als zentrale Voraussetzung der Selbstlosigkeit muss so in der Satzung festgehalten werden, dass aus dessen Text erkennbar ist, ob das Vermögen zukünftig für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden soll. Die Regelung in der Vereinssatzung gibt den Mitgliedern bei ihrer Beschlussfassung einen so weiten Spielraum, dass auch nichtbegünstigte Zwecke von einem Verwendungsbeschluss gedeckt wären. Damit ist die Vermögensbindung aber nicht aus der Satzung heraus sichergestellt. Die in 2004 noch geltende Regelung in § 61 Abs. 2 AO a.F., nach der auf eine genaue Angabe des Verwendungszwecks beim Vorliegen zwingender Gründe verzichtet werden konnte, wendet der BFH hier nicht an. Einmal kann er keine „zwingenden Gründe“ feststellen, zum zweiten fehlt in der Satzung eine Bestimmung, dass die steuerbegünstigten Zwecke i.S.d. §§ 52 bis 54 AO auf jeden Fall erfüllt werden müssen.

Kein Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit: Die Ergänzung der Regelungen in § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG um den Buchst. c) mit der Ausweitung der Spendenempfänger auf EU/EWR-Staaten beruht auf der Entscheidung des EuGH vom 27.1.2009 (EuGH v. 27.1.2009 - Rs. C-318/07, Persche, FR 2009, 230). Mit dieser Entscheidung hat der EuGH eine Gleichstellung von Spendenempfängern im Inland mit entsprechenden Organisationen im EU-Gebiet und in EWR-Staaten verlangt. Diese Gleichstellung bezieht sich aber nur auf den Sitz der Körperschaft, die für die inländischen Spendenempfänger geltenden Vorschriften müssen auch im Ausland eingehalten werden. Es gibt damit keine Abmilderung der Regelungen auf den im Sitzstaat des Empfängers geltenden Gemeinnützigkeitsstatus. Nichts anderes geht aus der EuGH-Entscheidung hervor; das Gericht verlangt nur eine Gleichstellung bei der Behandlung von Spenden, unabhängig vom Sitz des Spendenempfängers.

Dem kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass dadurch nahezu alle Körperschaften im Ausland als Spendenempfänger ausfallen und effektiv entgegen Art. 63 AEUV damit Spenden an ausländische Körperschaften nicht begünstigt sind. Es wird vom Diskriminierungsschutz nur die Gleichbehandlung gleicher Sachverhalte verlangt. Daher lehnte der BFH den Spendenabzug ab, weil die Vermögensbindung bei dem ausländischen Verein nicht wie im Inland gewährleistet war.

Beraterhinweis: Entsprechend der Konkretisierung der Anforderungen an den Nachweis der Erfüllung der Voraussetzungen gem. den §§ 51 bis 63 AO ergibt sich, dass in der Regel ein Verein, eine Stiftung oder vergleichbare Organisationen ausländischer Rechtsform die Bedingungen für den Spendenabzug nicht erfüllen. Insbesondere vor größeren Spenden sollte daher eine sorgfältige Prüfung der Satzung erfolgen, damit die Empfängerin der Spenden ggf. noch eine Ergänzung oder Abänderung ihrer Satzung vornehmen kann.

In der Regel dürften nur Organisationen, die sozusagen ein „Ableger“ einer deutschen gemeinnützigen Organisation sind, die Voraussetzungen erfüllen (vgl. auch FG Köln v. 17.2.2014 - 13 K 3735/10, BB 2014, 471 – Spende an den Papst nicht absetzbar).

WP/StB Jürgen Dräger, Hamburg

Service: BFH v. 17.9.2013 – I R 16/12

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 20.03.2014 09:04

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