Otto Schmidt Verlag


Abgespaltene Anschaffungskosten eines Milchlieferrechts im Rahmen der Einnahmen-Überschussrechnung

Soweit sich von den historischen Anschaffungskosten des Grund und Bodens oder von dem zum 1.7.1970 nach § 55 EStG anzusetzenden Wert Anschaffungskosten von Milchlieferrechten abgespalten haben, sind diese im Rahmen der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung im Zeitpunkt der Veräußerung eines Teils der Lieferrechte anteilig als Betriebsausgaben abzuziehen.

BFH v. 28.11.2013 – IV R 58/10
Der Kläger (K) erzielte Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft und ermittelte seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG. Der Betrieb verfügte über Milchlieferrechte von 102.700 kg. Der größte Teil davon war bereits in der Vergangenheit verkauft worden, ohne dass ein entsprechender anteiliger Betriebsausgabenabzug durch Buchwertabgang beantragt worden war. Im Streitjahr veräußerte K die verbliebene Restmenge von 291 kg. Im Rahmen seiner Gewinnermittlung zog K eine Betriebsausgabe für „Abgang abgespaltener Buchwert Milchquote aufgrund Veräußerung“ im Umfang der aktuell verkauften Rechte und der bisher nicht geltend gemachten Betriebsausgaben ab. Das FA berücksichtigte dagegen nur einen anteiligen Buchwertabgang für das im Streitjahr verkaufte Milchlieferrecht im Umfang von 291 kg als Betriebsausgabe. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte Erfolg.
Der BFH hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage als unbegründet abgewiesen. Das FA hatte zu Recht keinen höheren Betriebsausgabenabzug als im Umfang des aktuellen Abgangs von Milchlieferrechten anerkannt.
Gewinnermittlungsgrundsätze: Ermittelt der Steuerpflichtige den Gewinn nach dem Überschuss der Einnahmen über die Betriebsausgaben gem. § 4 Abs. 3 EStG, sind die Anschaffungs- und Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens erst im Zeitpunkt der Veräußerung oder Entnahme als Betriebsausgaben abzuziehen. Bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens sind die Vorschriften über die Absetzung für Abnutzung (AfA) zu befolgen mit der Konsequenz, dass die AfA als Betriebsausgabe abgezogen wird.
Problem: Bei Milchlieferrechten bliebt zu prüfen, ob es sich um ein einheitliches oder zusammengesetztes Wirtschaftsgut handelt, und ob dieses abnutzbar oder nichtabnutzbar ist.
Differenzierung bei Milchlieferrechten: Erwirbt ein Landwirt ein Milchlieferrecht, ist das Recht als abnutzbares Anlagevermögen seines Betriebs zu beurteilen. Die Anschaffungskosten werden über zehn Jahre abgeschrieben. Soweit ein Milchlieferrecht nicht eigenständig erworben worden ist, sondern sich nach der Rechtsprechung des BFH vom Grund und Boden abgespalten hat, unterliegt der abgespaltene Buchwert ebenso wenig wie der Grund und Boden vor der Abspaltung einer AfA.
Zeitpunkt des Betriebsausgabenabzugs bei abgespaltenem Milchlieferrecht: Soweit sich von den historischen Anschaffungskosten des Grund und Bodens oder von dem zum 1.7.1970 nach § 55 EStG anzusetzenden Wert Anschaffungskosten von Lieferrechten abgespalten haben, sind diese im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG im Zeitpunkt der Veräußerung ungekürzt als Betriebsausgaben abzuziehen.
Kein geballter Betriebsausgabenabzug am Ende: Die abgespaltenen Anschaffungskosten für die gesamten Lieferrechte bei Veräußerung des letzten Teils der Rechte sind nicht in einer Summe bei der Veräußerung des letzten Teils abzuziehen, denn es handelt sich nicht um ein einheitliches Wirtschaftsgut „Lieferrecht“.
Zusammengesetztes Wirtschaftsgut: Vielmehr handelt es sich um ein zusammengesetztes Wirtschaftsgut aus der mengenmäßig bestimmten Summe der Rechte. Demgemäß sind die Anschaffungskosten der Lieferrechte den Liefermengen jeweils zuzuordnen.
Rechtsfolge: Wird ein Lieferrecht in Höhe einer bestimmten Menge veräußert, sind die anteilig auf diese Menge entfallenden Anschaffungskosten bei der Einnahmen-Überschussrechnung als Betriebsausgaben abzuziehen.
Beraterhinweis: Der BFH stellt klar, dass es sich beim Milchlieferrecht nicht um ein einheitliches Wirtschaftsgut „Lieferrecht“ handelt, sondern um ein zusammengesetztes Wirtschaftsgut. Demgemäß sind die Anschaffungskosten der Lieferrechte den Liefermengen zuzuordnen. Im Falle der Veräußerung sind jeweils die anteilig auf die verkaufte Menge entfallenden Anschaffungskosten bei der Einnahmen-Überschussrechnung als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.
Keine Nachholung eines versäumten Betriebsausgabenabzugs: Ist der Betriebsausgabenabzug unterblieben, kommt im Falle einer Einnahmen-Überschussrechnung eine spätere Berücksichtigung der anteiligen Anschaffungskosten als Betriebsausgabe nicht in Betracht. Insoweit unterscheidet sich die Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung von der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich, weil bei Letzterer im Wege einer Bilanzberichtigung ein fehlerhafter nicht ausgebuchter Wert für ein veräußertes Anlagegut auch später noch ggf. gewinnwirksam ausgebucht werden kann. Dabei bleibt zu beachten, dass der BFH für den Buchwert von abgespaltenen Milchlieferrechten aus dem Pauschalwert nach § 55 Abs. 1 EStG eine erfolgswirksame Bilanzberichtigung abgelehnt hat (BFH v. 10.6.2010 - IV R 32/08, StBW 2010, 962).
Dipl.-Finw., RD, Wilfried Apitz, Sundern

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 04.02.2014 15:38

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