Otto Schmidt Verlag


Keine Minderung der USt bei Rabatten durch Vermittler (hier Reisebüro)

Die Bestimmungen der 6. MwSt-RL sind dahin auszulegen, dass die Grundsätze, die der EuGH im Urteil vom 24.10.1996, Elida Gibbs (EuGH v. 24.10.1996 - Rs. C‑317/94, UR 1997, 265), zur Bestimmung der Besteuerungsgrundlage der Mehrwertsteuer aufgestellt hat, nicht anzuwenden sind, wenn ein Reisebüro als Vermittler dem Endverbraucher aus eigenem Antrieb und auf eigene Kosten einen Nachlass auf den Preis der vermittelten Leistung gewährt, die von dem Reiseveranstalter erbracht wird.

EuGH v. 16.1.2014 – Rs. C-300/12

Ibero Tours (IT) bietet als Vermittler Reiseleistungen an, die Reiseveranstalter direkt an die Kunden erbringen. Die Leistungen der Reiseveranstalter unterliegen der Sonderregelung für Reiseleistungen i.S.d. § 25 UStG, wohingegen die Vermittlungsleistungen von IT nicht unter diese Vorschrift fallen. Für die Vermittlungen erhält IT von den Reiseveranstaltern eine Provision. IT gewährte den Reisekunden Preisnachlässe, die sie mit einem Teil ihrer Provisionen finanzierte. IT beantragte eine Änderung ihrer Umsatzsteuer dahin, dass die ihren Kunden gewährten Preisnachlässe von der Besteuerungsgrundlage abgezogen werden sollten. Das FA gab diesem Antrag nur insoweit statt, als die von den Reiseveranstaltern erbrachten Dienstleistungen steuerpflichtig waren. Soweit diese Leistungen (nach § 25 Abs. 2 Satz 1 UStG) steuerfrei waren, wurde der Antrag abgelehnt. Nachdem das FG der eingereichten Klage stattgab, hatte der BFH Zweifel an der rechtlichen Beurteilung und legte dem EuGH u.a. die Frage vor, ob Vermittler, die einen Teil ihrer erhaltenen Provision wiederauskehren, aufgrund des EuGH-Urteils vom 24.10.1996 (EuGH v. 24.10.1996 - Rs. C‑317/94, UR 1997, 265) zur Minderung ihrer Umsatzsteuer berechtigt seien.
Darstellung der Leistungsbeziehungen: Im Ausgangsverfahren ist zum einen die Gegenleistung, die der Reiseveranstalter für seine Leistungen erhält, der Gesamtpreis der Reise ohne Abzüge. Dies wird durch den Umstand, dass IT dem Reiseveranstalter nur einen verminderten Betrag zahlt, der aus dem Reisepreis abzüglich der ihr zustehenden Provision besteht, nicht in Frage gestellt, da diese Minderung nur das Ergebnis der Verrechnung der aufgrund der jeweiligen Ansprüche geschuldeten Beträge ist. Zum anderen wirkt sich die Tatsache, dass IT den Nachlass mit einem Teil ihrer Provision oder mit anderen Mitteln finanziert, weder auf den Preis der vom Reiseveranstalter erbrachten Dienstleistungen noch auf den Preis der von IT im Rahmen ihrer Vermittlungstätigkeit an diesen Veranstalter erbrachten Dienstleistungen aus, da IT keinen Nachlass für die im Rahmen ihrer Vermittlungstätigkeit an den Reiseveranstalter erbrachten Dienstleistungen gewährt und das Vorliegen oder die Höhe des Nachlasses, den IT den Endverbrauchern gewährt, den Reiseveranstalter nicht betrifft.
Keine Anwendung der Elida Gibbs-Rechtsprechung: Die Grundsätze, die der EuGH im Urteil Elida Gibbs entwickelt hat, lassen in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens die Bestimmung der Besteuerungsgrundlage unberührt. Insoweit weist der EuGH darauf hin, dass er in dem Urteil Elida Gibbs entschieden hat, dass, wenn ein Hersteller, der zwar nicht vertraglich mit dem Endverbraucher verbunden ist, aber das erste Glied einer zu diesem führenden Kette von Umsätzen bildet und ihm durch Preisnachlassgutscheine, die von den Einzelhändlern eingelöst und diesen vom Hersteller erstattet werden, einen Preisnachlass gewährt, die Bemessungsgrundlage des Herstellers um diesen Nachlass vermindert werden muss. In der dem Urteil Elida Gibbs zugrunde liegenden Rechtssache war nämlich die Gegenleistung, die der Steuerpflichtige erhalten hatte, der das erste Glied einer Kette von Umsätzen war, in der Tat um den Nachlass vermindert worden, die dieser Steuerpflichtige dem Endverbraucher unmittelbar gewährt hatte. Im vorliegenden Fall ist der Reiseveranstalter jedoch nicht das erste Glied einer Kette von Umsätzen, da er seine Dienstleistungen unmittelbar an den Endverbraucher erbringt und IT nur als Vermittler dieses einzigen Umsatzes tätig wird. Dagegen erbringt IT eine Dienstleistung, nämlich die Vermittlung, die von der vom Reiseveranstalter erbrachten Dienstleistung völlig getrennt ist.
Beraterhinweis: Die Entscheidung des EuGH widerspricht dem BFH-Urteil vom 12.1.2006 (BFH v. 12.1.2006 - V R 3/04, UStB 2006, 123) und Abschn. 17.2. Abs. 10 Satz 3 ff. UStAE. Es dürfte nun klar sein, dass der V. Senat des BFH seine bisherige Rechtsprechung aufgeben wird. Aus Vertrauensschutzgründen wird das BMF das neue Urteil aber nur für zukünftige Sachverhalte anwenden können. Im Vorlagefall sollte Ibero Tours überlegen, ob die Klage nicht zurückgenommen wird, da das FA - entgegen der neuen Rechtsprechung – für vermittelte steuerpflichtige Leistungen die Minderung der Umsatzsteuer gewährt hatte und eine Weiterverfolgung aufgrund des eindeutigen Urteils aussichtslos erscheint.
Durch das Urteil dürfte auch das noch anhängige Revisionsverfahren V R 3/12 entschieden sein. In diesem geht es um die Frage zu welchem Steuersatz ein Zentralregulierer (als Vermittler), der erhaltene Provisionen an seine Mitglieder weitergibt, seine Bemessungsgrundlage mindern darf. Die Antwort lautet nun nicht 7 % oder 19 %, sondern 0 %.
Dipl.-Finw. Thomas Meurer, Stolberg

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 22.01.2014 16:14

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