Otto Schmidt Verlag


Abgabe eines kostenlosen Handys bei Abschluss eines Mobilfunkvertrags

Liefert ein Vermittler von Mobilfunkverträgen den Kunden bei Abschluss eines Mobilfunkvertrags „kostenlos“ Mobilfunktelefone oder sonstige Elektronikartikel, ist der von dem Mobilfunkanbieter an den Vermittler hierfür gezahlte Aufschlag auf die Vermittlungsprovision (Gerätebonus) Entgelt eines Dritten i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG für die Lieferung des Vermittlers an den Kunden. In diesem Fall liegt keine umsatzsteuerbare unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG des Vermittlers von Mobilfunkverträgen an den Kunden vor. Nimmt der Vermittler Gutschriften der Mobilfunkanbieter, in denen auch für den Gerätebonus Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen worden ist, widerspruchslos entgegen, kommt insoweit eine Steuerschuld des Vermittlers wegen unrichtigen Steuerausweises in Betracht.

BFH v. 16.10.2013 – XI R 39/12

Die Klägerin (K) vermittelte in den Streitjahren 2006 und 2007 Mobilfunkverträge zwischen Kunden und verschiedenen Mobilfunkanbietern. Es gab u.a. Tarife, bei denen K den Kunden bei Vertragsabschluss ein Handy für 0 € anbot. Wählte der Kunde diesen Tarif, so musste er an den Mobilfunkanbieter eine höhere Monatsgebühr zahlen. Die Handys erhielten die Kunden von K, die die Geräte im eigenen Namen erworben und insoweit den Vorsteuerabzug geltend gemacht hatte. Der Mobilfunkanbieter zahlte K für jeden abgeschlossenen Mobilfunkvertrag eine Provision und sofern Tarife mit Handy gewählt wurden, einen zusätzlichen Betrag (Gerätebonus). Die Auszahlung des Gerätebonus erfolgte nur, wenn K dem Anbieter die individuelle Seriennummer des an den jeweiligen Kunden abgegebenen Handys mitteilte. Im Unterschied zu K vertrat das FA die Auffassung, dass die Abgabe der Handys unentgeltliche Wertabgaben nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG seien.
Die Revision des FA war zwar begründet. Dies ergab sich jedoch daraus, dass bezüglich der Frage, ob ein unrichtiger Steuerausweis nach § 14c Abs. 1 UStG vorlag, noch weitere Feststellungen erforderlich waren. Die Abgabe der Handys ordnete der BFH dagegen im Unterschied zum FA als nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG steuerbare entgeltliche Lieferungen der K an die Kunden ein.
Rechtslage: Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG wird einer Lieferung gegen Entgelt - von bestimmten Ausnahmen abgesehen - jede andere unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands gleichgestellt. Voraussetzung ist jedoch, dass der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben (§ 3 Abs. 1b Satz 2 UStG).
Zuwendung gegen Entgelt: Erfolgt eine Zuwendung gegen Entgelt, dann ist sie nicht unentgeltlich. Nach § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG zählt zum Entgelt auch, was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer für die Leistung gewährt. Insoweit stellte sich im Urteilsfall die Frage, ob der Gerätebonus ein Entgelt für die Abgabe der Handys an die Kunden darstellte.
Unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Drittzahlung: Maßgebend für den unmittelbaren Zusammenhang ist, dass der Dritte für die Leistung des Unternehmers an den Leistungsempfänger zahlt. Nach Ansicht des BFH hat K die Handys an die Kunden geliefert. Die Geräteboni standen nach Meinung des Gerichts in unmittelbarem Zusammenhang mit diesen Handylieferungen. Der unmittelbare Zusammenhang ergab sich insoweit aus der in den Provisionsvereinbarungen vertraglich vereinbarten Verknüpfung der Geräteboni mit der Abgabe eines durch die individuelle Seriennummer identifizierbaren Handys. Diese Zahlungen ersetzten K den bezüglich der Handys angefallenen Aufwand.
Bemessungsgrundlage: Da K den Kunden die Handys gegen Entgelt (Geräteboni) eines Dritten (Mobilfunkanbieter) geliefert hatte, war Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer das Entgelt (§ 10 Abs. 1 Satz 1 bis. 3 UStG) und nicht - wie bei unentgeltlichen Wertabgaben - der Einkaufspreis (zuzüglich Nebenkosten) der Handys (§ 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG).
Unrichtiger Steuerausweis: Nimmt ein Unternehmer eine Gutschrift widerspruchslos entgegen, in der der ausgewiesene Steuerbetrag im Zusammenhang mit einer unzutreffenden Bemessungsgrundlage steht, so schuldet er auch in diesem Fall nach § 14c Abs. 1 UStG den über den gesetzlich geschuldeten Betrag hinausgehenden Mehrbetrag. Im Urteilsfall kommt § 14c Abs. 1 UStG zur Anwendung, soweit in den Gutschriften der Mobilfunkanbieter (die insoweit nicht vorsteuerabzugsberechtigt waren) die Geräteboni berücksichtigt und diesbezüglich Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen wurde.
Beraterhinweis: Im Urteilsfall war - worauf der BFH auch hinwies - zwischen der Vermittlungsprovision und dem Gerätebonus zu unterscheiden, wobei die Zahlung der Provision der Einordnung des Bonus als Drittentgelt nicht entgegenstand. Die Annahme eines Drittentgelts wäre im Urteilsfall auch dann nicht gescheitert, wenn sich die Mobilfunkanbieter von der Zahlung eigene wirtschaftliche Vorteile versprochen hätten. Im Übrigen ist für das Vorliegen einer unentgeltlichen Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG nicht nur eine unentgeltlich erbrachte Lieferung erforderlich, sondern auch, dass der Zuwendende dem Empfänger zielgerichtet einen Vermögensvorteil verschafft (BFH v. 14.5.2008 - XI R 60/07, UStB 2008, 248).
RA Hildegard Billig, Düsseldorf

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 04.12.2013 15:22

zurück zur vorherigen Seite