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Berücksichtigung der Verluste eines als Regiebetrieb geführten BgA im steuerlichen Einlagekonto

Bei einem als Regiebetrieb geführten Betrieb gewerblicher Art führt ein nach handelsrechtlichen Grundsätzen ermittelter Jahresverlust auch dann unmittelbar zu einem entsprechenden Zugang im Einlagekonto, wenn der Betrieb seinen Gewinn durch Vermögensvergleich ermittelt und soweit der Verlust auf sog. Buchverlusten (z.B. Abschreibungen) beruht.

BFH v. 11.9.2013 – I R 77/11

Die Klägerin (K) unterhielt einen Bäderbetrieb als BgA und ermittelte ihren Gewinn durch Bestandsvergleich. Zum Betriebsvermögen des BgA gehörte eine Beteiligung der K an der V-GmbH. Diese schüttete ihre nach Verlustverrechnung verbleibenden Gewinne an K in den Streitjahren aus. Beim BgA wurden in Höhe der Ausschüttungen jeweils Abschreibungen auf den Wert der Beteiligung an der V-GmbH vorgenommen. Die damit verbundenen Vermögensminderungen behandelte das FA als vGA, die zu entsprechenden Minderungen des steuerlichen Einlagekontos führten. Auf dieser Grundlage führten die angesetzten vGA zu einem kapitalertragsteuerpflichtigen Gewinntransfer an K als Trägerkörperschaft nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b i.V.m. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7c EStG. Das FA nahm die Klägerin mit Haftungsbescheid für nicht abgeführte Kapitalertragsteuer in Anspruch. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte teilweise Erfolg. Das FG legte für seine Berechnungen die steuerbilanziellen Ergebnisse zugrunde, folgte im Übrigen aber der Rechtsauffassung des FA.
Der BFH hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Das FG hatte zu Recht angenommen, dass das steuerliche Einlagekonto des BgA um die Verluste zu erhöhen war, die der BgA in den jeweiligen Wirtschaftsjahren erwirtschaftet hatte. Maßgeblich für die Höhe der Zuführungen zum steuerlichen Einlagekonto ist indes nicht das steuerbilanzielle, sondern das nach handelsrechtlichen Grundsätzen ermittelte Jahresergebnis, dessen Höhe sich aus den tatrichterlichen Feststellungen nicht ergab und daher nachzuholen ist.
Eigen- und Regiebetriebe sind unselbständige Einheiten einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die als BgA ohne eigene Rechtspersönlichkeit steuerlich geführt werden können.
Eigenbetriebe sind organisatorisch und haushaltsmäßig verselbständigte Einrichtungen der Gemeinden, die – mit eigener Verfassung (Betriebssatzung) und eigenem Rechnungswesen (kaufmännisches Rechnungswesen) versehen – als wirtschaftliches Unternehmen ohne eigene Rechtspersönlichkeit der Eigenbetriebsverordnung unterliegen. Finanzwirtschaftlich werden sie als Sondervermögen der Gemeinden verwaltet und im Haushaltsplan gesondert ausgewiesen.
Regiebetriebe sind rechtlich und wirtschaftlich unselbständige Betriebszweige einer Kommune, die finanzwirtschaftlich nicht Sondervermögen der Gemeinde darstellen. Demgemäß fließen Einnahmen der Regiebetriebe – anders als bei Eigenbetrieben – unmittelbar in den Haushalt und Ausgaben werden unmittelbar aus dem Haushalt der Trägerkörperschaft bestritten.
Kein Verlustvortrag beim Regiebetrieb: Aufgrund dieser speziellen Umstände ist beim Regiebetrieb ein bilanzieller Verlustvortrag nicht möglich (BFH v. 23.1.2008 - I R 18/07, GmbH-StB 2008, 225). Vielmehr gilt der Verlust im Entstehungsjahr als durch Einlagen der Gemeinde ausgeglichen und führt deshalb zu einem entsprechenden Zugang im Einlagekonto i.S.d. § 27 KStG.
Gleichbehandlung: Der vorstehende Grundsatz der Einlage ins Einlagekonto gilt nicht nur für Regiebetriebe, die ihren Gewinn durch Einnahmenüberschuss-Rechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG ermitteln. Denn diese Grundsätze sind unabhängig von der im Einzelfall gewählten Methode der Gewinnermittlung zu beachten.
Keine unbilligen oder systemwidrigen Ergebnisse: Die Zuschreibung der Verluste zum steuerlichen Einlagekonto des Regiebetriebs verstößt nicht gegen § 27 Abs. 1 Satz 5 KStG, wonach als ausschüttbarer Gewinn das in der Steuerbilanz ausgewiesene (um das gezeichnete Kapital geminderte) Eigenkapital abzüglich des Bestands des steuerlichen Einlagekontos gilt. Aus dieser – auf Kapitalgesellschaften zugeschnittenen – Regelung kann kein Verbot abgeleitet werden, im Rahmen der sinngemäßen Anwendung der Bestimmung auf in Form von Regiebetrieben geführten BgA gem. § 27 Abs. 7 KStG einen erwirtschafteten Verlust als unmittelbar durch die Trägerkörperschaft ausgeglichen anzusehen. Die unterschiedliche Behandlung der Verluste von einerseits Regiebetrieben und andererseits Eigenbetrieben führt weder zu unbilligen noch zu systemwidrigen Ergebnissen.
Folge: Dementsprechend bestimmt § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 5 i.V.m. Nr. 1 Satz 3 EStG, dass die Leistungen eines § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG unterfallenden BgA nicht zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen gehören, soweit sie aus Ausschüttungen stammen, für die Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto als verwendet gelten.
Beraterhinweis: Der BFH bestätigt seine bisherige Rechtsprechung (BFH v. 23.1.2008 - I R 18/07, GmbH-StB 2008, 225) und führt sie fort. Er stellt dabei klar, dass im Ergebnis somit BgA in Form von Eigenbetrieben und Regiebetrieben grundsätzlich gleichbehandelt werden.
Unterschied: Allerdings besteht der Unterschied, dass die Zurechnung des Verlustes zum steuerlichen Einlagekonto beim Regiebetrieb unmittelbar wirkt, während der Verlustvortrag beim Eigenbetrieb sich erst dann auf die Bemessungsgrundlage der Steuer auf Kapitalerträge auswirkt, wenn der BgA wieder Gewinne erwirtschaftet. Diese unterschiedliche Wirkung ist hinzunehmen. Sie ist dem Umstand geschuldet, dass der Regiebetrieb kassenmäßig Teil der Trägerkörperschaft ist und keine separate Vermögensmasse des BgA existiert.
Auswirkungen auf Gewinnebene: Dies wirkt sich nicht nur auf die Behandlung von Verlusten, sondern spiegelbildlich auch auf der Gewinnebene aus: Gewinne eines Regiebetriebs sind bei der Trägerkörperschaft unmittelbar und zeitgleich als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern, während beim Eigenbetrieb Gewinne erst dann zu Einkünften i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG führen, wenn deren Überführung in den allgemeinen Haushalt beschlossen worden ist oder wenn sie ohne einen entsprechenden Beschluss tatsächlich an die Trägerkörperschaft zur allgemeinen Verwendung geleistet worden sind. Vor diesem Hintergrund ist es konsequent, die unterschiedliche haushaltsrechtliche Lage auch auf der Verlustebene zu berücksichtigen.
Dipl.-Finw., RD, Wilfried Apitz, Sundern

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 22.11.2013 11:38

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