Otto Schmidt Verlag


Einbringung eines Betriebs in eine Personengesellschaft gegen Mischentgelt

Bei einer Einbringung eines Betriebs gegen ein sog. Mischentgelt - bestehend aus Gesellschaftsrechten und einer Darlehensforderung gegen die Personengesellschaft - wird bei Wahl der Buchwertfortführung dann kein Gewinn realisiert, wenn die Summe aus dem Nominalbetrag der Gutschrift auf dem Kapitalkonto des Einbringenden bei der Personengesellschaft und dem gemeinen Wert der eingeräumten Darlehensforderung den steuerlichen Buchwert des eingebrachten Einzelunternehmens nicht übersteigt (gegen BMF v. 11.11.2011 - IV C 2 - S 1978 b/08/10001, BStBl. I 2011, 1314, Tz. 24.07).

BFH v. 18.9.2013 – X R 42/10

Der Kläger (K) ist Kommanditist. Als solcher brachte er zur Erbringung seiner Kommanditeinlage sein bisheriges Einzelunternehmen zum Buchwert in eine GmbH & Co. KG ein. Zugleich nahm er seine Ehefrau und zwei Kinder mit Kapitalanteilen unentgeltlich in die neu gegründete KG auf. Er selbst erhielt in der KG einen Kapitalanteil sowie eine Darlehensforderung. Die Summe aller Kapitalkonten sowie der Darlehensforderung überstieg nicht den Buchwert des eingebrachten Einzelunternehmens. Das FA ging davon aus, dass K aufgrund der Einräumung der Darlehnsforderung einen Gewinn zu versteuern habe und stellte einen entsprechenden Gewinn fest. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte teilweise Erfolg.
Der BFH hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und der Klage stattgegeben. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb wurden mit 0,- € festgestellt. Das FG hatte zwar zu Recht § 6 Abs. 3 EStG auf die unentgeltliche Aufnahme der Ehefrau und Kinder sowie § 24 UmwStG für die Einbringung angewandt. Trotz der Gutschrift auf dem Darlehenskonto war aber kein Gewinn angefallen, weil die Summe aus dem Nominalwert des Kapitalkontos bei der KG und dem gemeinen Wert der eingeräumten Darlehnsforderung den steuerlichen Buchwert des eingebrachten Einzelunternehmens nicht überschritten hatte.
Zwei rechtlich getrennt zu würdigende Sachverhalte: Die Aufteilung der teils gegen Gewährung eines eigenen Mitunternehmeranteils sowie teils zum Zweck der unentgeltlichen Aufnahme der Angehörigen vorgenommenen Einbringung beruht darauf, dass zwei – rechtlich getrennt zu würdigende – Vorgänge vorliegen. Ebenso wie bei der entgeltlichen Aufnahme eines Dritten in ein Einzelunternehmen werden auch bei einer unentgeltlichen Aufnahme die steuerrechtlichen Tatbestände der Veräußerung und der Einbringung parallel verwirklicht. Der X. Senat hält insoweit an seiner im Urteil vom 12.10.2005 (BFH v. 12.10.2005 - X R 35/04, BFH/NV 2006, 521) geäußerten Rechtsauffassung fest.
Gegen Verwaltungsauffassung: Der BFH wendet sich insoweit gegen die Verwaltungsauffassung im Umwandlungssteuererlass vom 11.11.2011 (BMF v. 11.11.2011 - IV C 2 - S 1978 b/08/10001, BStBl. I 2011, 1314, Tz. 24.07). Bringt ein Steuerpflichtiger seinen Betrieb zum Zweck der unentgeltlichen Aufnahme seiner Angehörigen ein, liegt ein gesondert zu beurteilender Übertragungsvorgang vor, auf den § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG anzuwenden ist. Eine Gewinnrealisierung ist insoweit ausgeschlossen.
§ 24 UmwStG selbständig neben § 6 Abs. 3 EStG: Nach den vorstehenden Grundsätzen ist § 24 UmwStG rechtlich getrennt und eigenständig neben § 6 Abs. 3 EStG zu würdigen. Dabei schließt in diesem Zusammenhang die Gewährung einer Darlehnsforderung neben der Gewährung von Gesellschaftsrechten die Anwendung des § 24 UmwStG nicht aus.
Einräumung einer Mitunternehmerstellung: § 24 Abs. 1 UmwStG verlangt lediglich die Einräumung einer Mitunternehmerstellung als Gegenleistung für die Einbringung, so dass diese Norm auch in Fällen der Gewährung eines Mischentgelts Anwendung findet. Es ist nicht erforderlich, dass die Gegenleistung ausschließlich in der Gewährung von Gesellschaftsrechten besteht.
Darlehnsgewährung als Entgelt: Der BFH folgt der Finanzverwaltung insoweit, als dass eine Gutschrift auf einem Darlehenskonto grundsätzlich als Entgelt anzusehen ist und sich gewinnrealisierend auswirken kann (BMF v. 11.11.2011 - IV C 2 - S 1978 b/08/10001, BStBl. I 2011, 1314, Tz. 24.07). In Gestalt der Gutschrift auf dem Darlehenskonto erhält der Einbringende eine Vermögensposition als weiteren Gegenwert.
Tauschähnlicher Vorgang: Wird ein Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil gem. § 24 Abs. 1 UmwStG in eine Personengesellschaft eingebracht und wird der Einbringende Mitunternehmer der Gesellschaft, liegt darin ein tauschähnlicher Vorgang, der den Tatbestand einer Betriebs-, Teilbetriebs- oder Anteilsveräußerung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 EStG erfüllt.
Vermeidung gewinnrealisierender Rechtsfolgen: Die grundsätzlich gewinnrealisierende Rechtsfolge eines solchen Veräußerungsvorgangs kann indes durch Ausübung des Bewertungswahlrechts gem. § 24 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 UmwStG vermieden werden.
Einheitstheorie maßgebend: Im Rahmen des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG ist eine teilentgeltliche Übertragung der dort genannten betrieblichen Sachgesamtheiten (Gewerbebetrieb, Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil) als einheitlicher Rechtsvorgang anzusehen (sog. Einheitstheorie) und daher nicht nach Maßgabe der sog. Trennungstheorie in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuspalten.
Rechtsfolge: In diesen Fällen entsteht ein Veräußerungsgewinn nur, wenn die Summe der Entgelte bzw. Gegenleistungen den Buchwert der übertragenen betrieblichen Sachgesamtheit sowie die Veräußerungskosten übersteigt.
Beraterhinweis: Ist eine Kombination aus einer unter § 16 EStG fallenden Betriebsveräußerung (soweit es, wie im Streitfall, um eine Darlehensforderung geht) und einer unter § 24 UmwStG fallenden, die Fortsetzung des unternehmerischen Engagements prämierenden – und ebenso wie in den Fällen des § 6 Abs. 3 EStG zum Buchwert möglichen – Einbringung verwirklicht worden, kommt es zwangsläufig zum Normenwiderstreit. Nach Ansicht des BFH stellt sich die Anwendung der Einheitstheorie vor diesem Hintergrund als ebenso sachgerecht dar wie in Fällen der teilentgeltlichen Betriebsveräußerung.
Ausnahme: Der entschiedene Fall ist nicht vergleichbar mit einer Betriebseinbringung gegen die Zuzahlung eines neu eintretenden Gesellschafters in das Privatvermögen des Einbringenden. In derartigen Fällen ist anerkannt, dass der Veräußerungsvorgang getrennt von der Einbringung zu beurteilen ist und in Höhe der Differenz zwischen der Zuzahlung und den anteiligen Buchwerten der Wirtschaftsgüter des eingebrachten Betriebsvermögens zu einer Gewinnrealisierung führt.
Offene Frage: Der X. Senat musste aufgrund des zu entscheidenden Sachverhalts nicht zur Problematik Stellung nehmen, dass der IV. Senat und die Finanzverwaltung hinsichtlich der Anwendung der sog. Trennungstheorie in den Fällen der teilentgeltlichen Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter bei Mitunternehmerschaften (§ 6 Abs. 5 EStG) unterschiedlicher Auffassung sind (BFH v. 19.9.2012 IV R 11/12, StBW 2012, 972; andererseits BMF v. 12.9.2013, BStBl. I 2013, 1164).
Dipl.-Finw., RD, Wilfried Apitz, Sundern

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 07.11.2013 15:38

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