Otto Schmidt Verlag


Zuwendungen aus Anlass einer Betriebsveranstaltung als Arbeitslohn

Bei der Ermittlung der maßgeblichen Kosten sind nur solche Aufwendungen des Arbeitgebers einzubeziehen, die geeignet sind, beim Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil auszulösen. Das sind nur solche Leistungen, die die die Teilnehmer unmittelbar konsumieren können.

Der auf die Familienangehörigen entfallende Aufwand ist den Arbeitnehmern bei der Berechnung, ob die Freigrenze überschritten ist, grundsätzlich nicht zuzurechnen.

BFH, Urt. v. 16.5.2013 – VI R 7/11 und VI R 94/10

Streitig war, welche Aufwendungen in die Ermittlung des geldwerten Vorteils für eine Betriebsveranstaltung einzubeziehen sind. 

Im Streitfall VI R 94/10 hatte der Arbeitgeber anlässlich eines Firmenjubiläums seine Arbeitnehmer zu einer Veranstaltung in ein Fußballstadion eingeladen. Die Kosten hierfür betrafen vor allem Künstler, Eventveranstalter, Stadionmiete und Catering. Das Finanzamt hatte bei der Ermittlung der Freigrenze sämtliche Kosten berücksichtigt. Die Freigrenze war danach überschritten. Die Vorinstanz (FG Düsseldorf v. 7.10.2010 – 16 K 1298/09 L) war dem gefolgt. Der BFH hob die Vorentscheidung auf und gab der Klage statt. Der VI. Senat des BFH bestätigte zwar die Freigrenze von 110 €, die Kosten für den äußeren Rahmen der Veranstaltung sind seiner Ansicht nach jedoch nicht zu berücksichtigen (entgegen BFH v. 25.5.1992 – VI R 85/90).

In dem weiteren Streitfall VI R 7/11  hatten nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch Familienangehörige und sonstige Begleitpersonen der Arbeitnehmer an einer Betriebsveranstaltung teilgenommen. Die Kosten der Veranstaltung beliefen sich nach den Feststellungen des Finanzamts auf ca. 68 € pro Teilnehmer. Da das Finanzamt die auf einen Familienangehörigen entfallenden Kosten dem Arbeitnehmer zurechnete, ergab sich in einzelnen Fällen eine Überschreitung der Freigrenze. Die Vorinstanz (FG Düsseldorf v. 17.1.2011 – 11 K 908/10 L) gab der Klage nur teilweise statt. Der BFH hob die Entscheidung des FG auf und gab der Klage insgesamt statt, denn die Kosten der Veranstaltung sind nicht nur auf die Arbeitnehmer, sondern auf alle Teilnehmer (z.B. auch Familienangehörige) zu verteilen. Der danach auf Begleitpersonen entfallende Anteil der Kosten wird den Arbeitnehmern bei der Berechnung der Freigrenze nicht als eigener Vorteil zugerechnet (entgegen BFH v. 25.5.1992 – VI R 85/90).

Hintergrund: Zuwendungen des Arbeitgebers sind nicht als Arbeitslohn zu versteuern, wenn sie nicht der Entlohnung des Arbeitnehmers dienen. Dies kann bei Leistungen aus Anlass von Betriebsveranstaltungen der Fall sein, wenn diese Veranstaltungen der Förderung des Kontakts der Arbeitnehmer untereinander dienlich sind. Die lohnsteuerrechtliche Wertung derartiger Zuwendungen hängt nicht davon ab, ob die Vorteilsgewährung im Einzelfall üblich ist. Der BFH hat vielmehr in seiner bisherigen Rechtsprechung in typisierender Gesetzesauslegung eine Freigrenze angenommen, bei deren Überschreitung erst die Zuwendungen als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren sind. Die Finanzverwaltung legt seit dem VZ 2002 eine Freigrenze von 110 € (zuvor seit 1993: 200 DM) je Veranstaltung zugrunde. Beachten Sie: Der BFH (BFH v. 12.12.2012 – VI R 79/10) fordert die Finanzverwaltung auf, alsbald den vorgenannten Betrag auf der Grundlage von Erfahrungswissen neu zu bemessen. Er behielt sich vor, seine bisherige Rechtsprechung zur Bestimmung einer Freigrenze als Ausfluss typisierender Gesetzesauslegung zu überprüfen.

Objektive Bereicherung erforderlich: In die Berechnung des dem Arbeitnehmer zugewandten Vorteils sind nach Ansicht des VI. Senats nur solche Kosten des Arbeitgebers einzubeziehen, die geeignet sind, beim Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil auszulösen. Dementsprechend sind Leistungen, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Betriebsveranstaltung stehen und durch die der Arbeitnehmer deshalb nicht bereichert ist, nicht als Lohn zu beurteilen und folglich auch nicht bei der Prüfung, ob die Freigrenze überschritten ist, einzubeziehen. Dies gründet darin, dass Arbeitgeber, insbesondere, wenn sie mit mehreren Hundert Besuchern rechnen, häufig nicht in der Lage sind, selbst eine Betriebsveranstaltung auszurichten; sie müssen sich daher der Hilfe eines Eventmanagers bedienen, der diese gestaltet. Die Organisation einer Betriebsfeier durch ein fremdes Unternehmen erhöht zwar die Kosten des Arbeitgebers hierfür, nicht aber den Vorteil, der dem Arbeitnehmer zufließt und der allein Gegenstand der Einkommensbesteuerung ist. Gleiches gilt im Grundsatz für Mietkosten. Allein das Abhalten einer Betriebsveranstaltung in gemieteten statt in eigenen Räumen des Arbeitgebers begründet für sich betrachtet regelmäßig noch keinen geldwerten Vorteil des Arbeitnehmers. Nur wenn hierbei Leistungen an die Arbeitnehmer erbracht werden, die einen marktgängigen Wert haben, kann bei den Arbeitnehmern eine objektive Bereicherung und damit Arbeitslohn angenommen werden. Zu einer objektiven Bereicherung führen typischerweise nur solche Leistungen, die die teilnehmenden Arbeitnehmer unmittelbar konsumieren können, also vor allem Speisen, Getränke und Musikdarbietungen. Denn Arbeitslohn liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer durch die Leistung des Arbeitgebers einen unmittelbaren geldwerten Vorteil erlangt. Beachten Sie: Übernimmt der Arbeitgeber die Reiseaufwendungen, handelt es sich,  da die Teilnahme an der Veranstaltung beruflich veranlasst ist, um steuerfreien Werbungskostenersatz gem. § 3 Nr. 16 EStG.

Kosten für Begleitpersonen bleiben unberücksichtigt, denn in Fällen, in denen sich die Vorteile für den Arbeitnehmer auf eine Beköstigung in angemessenem Umfang, eine musikalische Unterhaltung und ein Animationsprogramm für Kinder beschränken, steht durch die Einladung auch der Familienangehörigen aus der Sicht des Arbeitnehmers nicht dessen Entlohnung für geleistete Dienste, sondern das Interesse des Arbeitgebers an der Förderung des Betriebsklimas im Vordergrund. Letztlich ist die Teilnahme der Familienangehörigen an derartigen Feiern in besonderem Maße geeignet, das Betriebsklima und die Arbeitsfreude der Arbeitnehmer zu fördern. Solche Feiern stärken die Verbundenheit zwischen Arbeitnehmer, Arbeitgeber und den Kollegen; sie können überdies das Verständnis der Familienangehörigen für betriebliche Arbeitsabläufe (etwa Arbeitseinsätze des Arbeitnehmers zu außergewöhnlichen Zeiten) fördern und erhöhen die Bereitschaft der Arbeitnehmer an der Betriebsveranstaltung überhaupt teilzunehmen. Dagegen tritt der Vorteil, der dem Arbeitnehmer durch die Einladung auch seiner Familie zugewandt wird, deutlich zurück. Eine Bewirtung, eine musikalische Umrahmung und ggf. ein Unterhaltungsprogramm für die Kinder sind bei derartigen Betriebsfeiern auf gesellschaftlicher Grundlage üblich und werden daher weder vom Arbeitgeber noch von den Arbeitnehmern als besondere Entlohnung für geleistete Dienste beurteilt.

Beraterhinweis: Begleitperson: Nach Ansicht des VI. Senats des BFH kann bei Betriebsfeiern eine andere Beurteilung angezeigt sein, die ihrer Art nach den Schluss zulassen, dass über die Familienangehörigen dem Arbeitnehmer ein Vorteil zugewendet werden soll. Dies kommt insbesondere bei Veranstaltungen in Betracht, die bereits für sich selbst einen marktgängigen Wert besitzen und die vom Arbeitgeber nicht selbst durchgeführt werden könnten, so etwa, wenn die Belegschaft zusammen mit Familienangehörigen gemeinschaftlich ein Musical besucht oder Konzerte weltberühmter Künstler anlässlich von Betriebsfeiern gegeben werden.

Dipl. Finw. Martin Hilbertz, Neuwied

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 11.10.2013 10:37

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