Otto Schmidt Verlag


Zurechnung einer vGA bei Treuhandverhältnis

Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist einem minderjährigen Gesellschafter einer GmbH nicht zuzurechnen, wenn er aufgrund eines verdeckten Treuhandverhältnisses nicht wirtschaftlicher Eigentümer des von Familienmitgliedern unentgeltlich übertragenen GmbH-Anteils ist.

BFH v. 6.8.2013 – VIII R 10/10

Der Kläger (K) war im Streitjahr fünf Jahre alt. Seine Eltern gründeten mit seiner Großmutter eine GmbH. Zum Schutz vor einem drohenden Gläubigerzugriff hielten die Anteile Mutter und Großmutter allein. Diese übertrugen letztlich die Anteile im Wege der Schenkung auf K und seinen Bruder. Das FA stellte im Rahmen einer Betriebsprüfung bei der GmbH eine unstreitige verdeckte Gewinnausschüttung fest, die K und seinem Bruder jeweils zur Hälfte zugerechnet wurde. Gegen den erlassenen Änderungsbescheid erhob K Einspruch und trug vor, dass die verdeckte Gewinnausschüttung seinem Vater als Treugeber zuzurechnen sei. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte nur hinsichtlich der Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung teilweise Erfolg.

Der BFH hat der Revision stattgegeben und den angefochtenen Einkommensteuerbescheid aufgehoben. Der Änderungsbescheid hatte gegen die Grundsätze des § 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2a EStG 1997 verstoßen, weil die verdeckte Gewinnausschüttung aufgrund eines verdeckten Treuhandverhältnisses nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO nicht dem K, sondern seinem Vater zuzurechnen war.

Zurechnung eines GmbH-Anteils: Die Zurechnung von Einkünften aus Kapitalvermögen aus einer verdeckten Gewinnausschüttung richtet sich nach § 20 Abs. 2a EStG 1997. Anteilseigner im Sinne dieser Vorschrift ist derjenige, dem nach § 39 AO die Anteile an der Kapitalgesellschaft zuzurechnen sind. Nach § 39 Abs. 1 AO sind Wirtschaftsgüter dem Eigentümer zuzurechnen. Eigentümer im Sinne dieser Regelung ist der zivilrechtliche Eigentümer bzw. Inhaber des Wirtschaftsguts.

Ausnahme: Abweichend von § 39 Abs. 1 AO bestimmt § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO, dass bei Treuhandverhältnissen die Wirtschaftsgüter dem Treugeber zuzurechnen sind. Diese Vorschrift greift jedoch nur dann ein, wenn im konkreten Einzelfall ein steuerlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis besteht.

Ein Treuhandverhältnis ist nur dann gegeben, wenn die mit der rechtlichen Eigentümer- bzw. Inhaberstellung verbundene Verfügungsmacht so zugunsten des Treugebers eingeschränkt ist, dass das rechtliche Eigentum bzw. die rechtliche Inhaberschaft als „leere Hülle“ erscheint.

Tatsächlicher Vollzug erforderlich: Der Treugeber muss das Treuhandverhältnis beherrschen, und zwar nicht nur nach den mit dem Treuhänder getroffenen Absprachen, sondern auch bei deren tatsächlichem Vollzug. Es muss zweifelsfrei erkennbar sein, dass der Treuhänder ausschließlich für Rechnung des Treugebers handelt.

Wesentliches Merkmal des Treuhandverhältnisses: Wesentliches und im Grundsatz unverzichtbares Merkmal einer solchen Beherrschung ist eine Weisungsbefugnis des Treugebers – und damit korrespondierend die Weisungsgebundenheit des Treuhänders – in Bezug auf die Behandlung des Treuguts.

Rückgaberecht erforderlich: Zudem muss der Treugeber berechtigt sein, jederzeit die Rückgabe des Treuguts zu verlangen.

Im Streitfall hatte die Aussage des als Zeugen vernommenen Ergänzungspflegers ergeben, dass der Vater Mitglieder der Familie und Angestellte nur als Gesellschafter seiner Firma eingesetzt hatte, um Gesellschaftsanteile dem Zugriff seiner Gläubiger zu entziehen. Allein zu diesem Zweck war auch der GmbH-Anteil auf K übertragen worden. Nach der Zeugenaussage war weiter unstreitig, dass der Vater die Familie beherrschte und jederzeit die Rückübertragung der GmbH-Anteile hätte verlangen können. Die zivilrechtliche Stellung des geschäftsunfähigen K als Gesellschafter der GmbH war danach nur eine leere Hülle. Der BFH kam daher zum Ergebnis, dass im Streitfall ein Treuhandverhältnis bestanden hat, das auch vollzogen wurde. Die verdeckte Gewinnausschüttung war daher nicht dem minderjährigen Gesellschafter, sondern dem Vater als Treugeber zuzurechnen.

Beraterhinweis: Der BFH verdeutlicht die Grundsätze zur Anerkennung eines Treuhandverhältnisses. Dabei ist faktisch erforderlich, dass der Treugeber tatsächlich das Treuhandverhältnis beherrscht und zwar nicht nur nach den mit dem Treuhänder getroffenen Absprachen, sondern auch bei deren tatsächlichem Vollzug. Daneben muss das Treuhandverhältnis formwirksam begründet werden.

Fehlende notarielle Beurkundung: Im Urteilsfall stand die fehlende notarielle Beurkundung der Treuhandabrede der steuerlichen Anerkennung des Treuhandverhältnisses ausnahmsweise nicht entgegen, da der BGH erst nach dem Streitjahr 1998 in seinem Urteil vom 19.4.1999 (BGH v. 19.4.1999 - II ZR 365/97, BGHZ 141, 208) entschieden hat, dass ein Treuhandvertrag über einen GmbH-Geschäftsanteil dem Formzwang des § 15 Abs. 4 GmbHG unterliegt (vgl. auch BFH v. 13.3.1999 - VIII R 29/97, BStBl. II 2000, 386). Aktuell ist aber die notarielle Beurkundung zwingend zu beachten.

Formwirksame Schenkung: Neben der formwirksamen Begründung eines Treuhandverhältnisses muss auch die unentgeltliche Übertragung (Schenkung) der Anteile an einer Kapitalgesellschaft formwirksam erfolgen. Bei Minderjährigen erfordert dies eine wirksame Vertretung durch einen vom Vormundschaftsgericht bestellten Ergänzungspfleger.

Bestimmtheitsgebot beachten: Das Bestimmtheitsgebot verlangt bei der Abtretung als dinglichem Rechtsgeschäft, dass zweifelsfrei feststellbar ist, welche Geschäftsanteile übergehen sollen. Mangelt es an der erforderlichen Bestimmtheit des Abtretungsgegenstands, ist der Vertrag nichtig.

Lösungsmöglichkeit bei Fehlern: Allerdings ist anerkannt, dass dem Bestimmtheitsgebot Genüge getan ist, wenn im Wege einer Auslegung nach den §§ 133, 157 BGB zweifelsfrei feststellbar ist, welcher Geschäftsanteil übertragen werden soll (BGH v. 19.1.1987 - II ZR 81/86, NJW-RR 1987, 808).

Dipl.-Finw., RD, Wilfried Apitz, Sundern

Service: BFH v. 6.8.2013 – VIII R 10/10

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 09.10.2013 13:27

zurück zur vorherigen Seite