Otto Schmidt Verlag


Halbabzugsverbot auf laufende Aufwendungen in Fällen des vorübergehenden Pachtverzichts bei Betriebsaufspaltung

Aufwendungen auf ein der Kapitalgesellschaft zu fremdüblichen Bedingungen überlassenes Wirtschaftsgut sind nicht vorrangig durch die Beteiligungs-, sondern durch die Mieteinkünfte veranlasst und daher ungeachtet des § 3c Abs. 2 EStG in vollem Umfang abziehbar. Dies gilt nicht bei einem Verzicht auf vereinbarte Pachtzahlungen, wenn der Verzicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist und daher einem Fremdvergleich nicht standhält. Der Steuerpflichtige hat bei einem endgültigen Pachtverzicht darzulegen, dass dieser aufgrund der Marktlage und der wirtschaftlichen Zukunftsaussichten der Pächterin fremdüblich ist.

BFH v. 17.7.2013 – X R 17/11

Der Kläger (K) verpachtet seit Jahren zwei Grundstücke im Rahmen der Betriebsaufspaltung an die X-GmbH, an der er zu 2/3 und seine Ehefrau E zu 1/3 beteiligt ist. Die monatliche Pacht wurde ursprünglich für die Streitjahre 2002 und 2003 mit 6.686 € vereinbart. Am 30.12.2001 wurde eine "Ergänzungsvereinbarung" getroffen, nach der sich K aufgrund der dramatisch verschlechterten wirtschaftlichen Situation im Baugewerbe in 2000 ohne Aussicht auf Besserung zur Vermeidung einer Existenzgefährdung der Mieterin bereit erklärte, den Mietzins für das Jahr 2002 auf mtl. 3.343 € zu reduzieren. Im September 2002 setzte die X-GmbH aufgrund eines einstimmigen Gesellschafterbeschlusses wegen ihrer wirtschaftlichen Situation die Gehalts- und Pachtzahlungen an K für die Zeit vom 1.9. - 31.12.2002 aus. Für Januar bis August 2002 wurde nur die o.g. reduzierte Pacht gezahlt. Die reduzierten bzw. "ausgesetzten" Beträge wurden später weder nachgezahlt noch in den Bilanzen des K als Forderung aktiviert. Ab Januar 2003 zahlte die GmbH wieder das volle Entgelt an K. Weiterhin verzichtete K wegen der anhaltenden Verlustsituation auf die Pachtzahlungen ab 1.10. – 31.12.2003. Das FA ging davon aus, dass die Nutzungsüberlassung teilweise unentgeltlich erfolgt sei, so dass die von K geltend gemachten Grundstücksaufwendungen in beiden Streitjahren i.H.v. jeweils 19.400 € gem. § 3c Abs. 2 EStG in Höhe des unentgeltlichen Teils nur zur Hälfte abzugsfähig seien.
Das Argument des K, der vorübergehende Verzicht sei angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage der GmbH und der fehlenden anderweitigen Vermietungsmöglichkeit fremdüblich, wurden weder vom FA noch im klageabweisenden FG-Urteil anerkannt. Für die Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG genüge bereits ein mittelbarer (objektiv kausaler oder finaler) Zusammenhang zwischen Betriebsausgaben und nach § 3 Nr. 40 EStG teilweise steuerbefreiten Einnahmen, hier in Form der Erhöhung des Gewinns der GmbH aufgrund des Verzichts auf die Pachtzinsen durch den Gesellschafter K. Die Reduzierung des Entgelts bzw. der Verzicht halte einem Fremdvergleich nicht stand, zumal seine Ehefrau E keinen Sanierungsbeitrag geleistet habe. An der im September 2002 beschlossenen Zahlungsaussetzung sei K als Verpächter nicht beteiligt gewesen.

Der BFH gab der Revision des K unter Zurückverweisung der Sache an das FG zur erneuten Entscheidung statt.

Regelungsinhalt des § 3c Abs. 2 EStG: Gemäß § 3c Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 EStG dürfen u.a. Betriebsausgaben, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem VZ die Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte (ab dem VZ 2009: zu 60 %) abgezogen werden.

Leitlinien des BFH bei Überlassung von Wirtschaftsgütern: Die Rechtsprechung des BFH hat zur Behandlung laufender Aufwendungen auf Wirtschaftsgüter, die einer Kapitalgesellschaft von einem Gesellschafter zur Nutzung überlassen werden, die folgenden Leitlinien aufgestellt: Auch für die Abgrenzung von Aufwendungen, die durch voll steuerpflichtige Einnahmen veranlasst sind, zu solchen, die durch teilweise steuerfreie Einnahmen veranlasst seien, ist maßgebend, aus welchen Gründen der Steuerpflichtige die Aufwendungen tätigt. Daher sind auch innerhalb einer Einkunftsart Aufwendungen derjenigen - voll steuerpflichtigen oder teilweise steuerfreien - Einnahmenart zuzuordnen, die im Vordergrund steht.

Aufwendungen, die dem GmbH-Gesellschafter durch die Nutzungsüberlassung eines Wirtschaftsguts an die GmbH entstehen, sind daher voll abziehbar, wenn die Nutzungsüberlassung zu fremdüblichen Konditionen erfolgt, da dann die Aufwendungen vorrangig durch die Erzielung voll steuerpflichtiger Einnahmen aus der Nutzungsüberlassung veranlasst sind. Demgegenüber ist bei einer unentgeltlichen - und daher nicht fremdüblichen - Nutzungsüberlassung ein Zusammenhang mit künftigen Erträgen aus der Beteiligung gegeben. Dieser Zusammenhang ermöglicht zwar trotz der Unentgeltlichkeit der Nutzungsüberlassung den Abzug der entsprechenden Aufwendungen, führt aber zum Halbabzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG. Davon ausgenommen sind substanzbezogene Aufwendungen wie AfA und Erhaltungsaufwendungen; diese sind unabhängig von den Gründen des Pachtverzichts stets in vollem Umfang abziehbar. Im Fall einer verbilligten (teilentgeltlichen) Überlassung sind die Aufwendungen nach Maßgabe des Verhältnisses zwischen dem tatsächlich gezahlten und dem fremdüblichen Pachtentgelt aufzuteilen.

Veränderungen des Veranlassungszusammenhangs: Der Veranlassungszusammenhang kann sich im Laufe der Zeit ändern. Bei einem Verzicht auf vertraglich vereinbarte Pachteinnahmen kommt es darauf an, ob der Verzicht durch das Pachtverhältnis oder aber das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, was durch das FG festzustellen ist. Ein Pachtverzicht aufgrund eines generellen Absinkens der marktüblichen Pachtentgelte oder im Rahmen einer fremdüblichen Sanierungsmaßnahme spricht für eine Veranlassung durch das Pachtverhältnis. Dagegen ist der Verzicht gesellschaftsrechtlich bedingt, wenn ein fremder Dritter den Verzicht in der konkreten Situation weder in zeitlicher Hinsicht noch der Höhe nach akzeptiert, sondern weiterhin auf der Zahlung des vereinbarten Entgelts bestanden oder aber das Pachtverhältnis beendet hätte. Hierfür trägt grundsätzlich das FA die Feststellungslast.

Gesellschaftsrechtliche Veranlassung des Verzichts: Nach der Rechtsprechung des BFH fehlt es an der Fremdüblichkeit, wenn ein Besitzunternehmer die vereinbarte Pacht gegenüber einer in Zahlungsschwierigkeiten befindlichen Betriebs-Kapitalgesellschaft über mehrere Jahre hinweg nicht geltend macht, ohne von seinem Recht zur Kündigung des Pachtvertrags Gebrauch zu machen. In diesem Fall ist § 3c Abs. 2 EStG anwendbar. Ebenso reicht es nicht aus zur Bejahung der Fremdüblichkeit, dass der Steuerpflichtige lediglich unwidersprochen vorträgt, der vorübergehende Verzicht auf Pachtzins habe dem Bestand und der Erhaltung des Mietverhältnisses gedient.

Rechtsfehlerhaftigkeit der FG-Entscheidung: Die Auffassung des FG, bei einem gewerblichen Besitzunternehmens könne nicht zwischen den Einkunftsquellen "Nutzungsüberlassung" einerseits und "Beteiligungserträge" andererseits differenziert werden, ist durch die zwischenzeitlich ergangene BFH-Rechtsprechung überholt. Die Ausführungen des FG zur fehlenden Fremdüblichkeit des Pachtverzichts rechtfertigen diese Entscheidung nicht: K hat auch als Verpächter an der Aussetzung der Pachtzahlungen September bis Dezember 2002 mitgewirkt, indem er den Gesellschafterbeschluss mit unterzeichnet hat, also offensichtlich auch als Verpächter gehandelt. Bei einer Sanierung müssen nicht alle Gesellschafter entsprechend ihrer Beteiligung einen gleichmäßigen Beitrag leisten. Maßgeblich ist die Fremdüblichkeit der Sanierungshandlung desjenigen Gläubigers, der zugleich Gesellschafter ist. Es besteht auch kein Erfahrungssatz, dass ein fremder Dritter keinen endgültigen Verzicht erklärt hätte, sondern allenfalls mit einer Stundung einverstanden gewesen wäre.

Beraterhinweis: Das FG-Urteil konnte nicht die später ergangene BFH-Rechtsprechung (BFH v. 18.4.2012 - X R 5/10 und 7/10, StBW 2012, 635; v. 28.2.2013 – IV R 49/11, StBW 2013, 541) berücksichtigen. Nach der neuen Rechtsprechung, die auch der Entscheidung im Streitfall zugrunde liegt, gilt das Halbabzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG nicht für Aufwendungen auf Wirtschaftsgüter, die (im Rahmen einer Betriebsaufspaltung) der Kapitalgesellschaft überlassen werden, wenn der Zusammenhang mit der durch die Überlassung begründeten Einkunftsart im Vordergrund steht. Wird auf die Zahlung der Vergütungen (Pachtzinsen) endgültig verzichtet, ist hiernach entscheidend, ob der Verzicht fremdüblich ist, also auch von einem Dritten ausgesprochen worden wäre. In den Urteilsgründen zählt der BFH Kriterien auf, wie diese Abgrenzung vorzunehmen ist.

RD a.D. Michael Marfels, Nordkirchen

Service: BFH v. 17.7.2013 – X R 17/11

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 12.09.2013 17:11

zurück zur vorherigen Seite