Otto Schmidt Verlag


Gewinnermittlung bei Realteilung einer Mitunternehmerschaft ohne Spitzenausgleich

Im Fall der Realteilung einer ihren Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnung ermittelnden, freiberuflichen Mitunternehmerschaft ohne Spitzenausgleich besteht keine Verpflichtung zur Erstellung einer Realteilungsbilanz nebst Übergangsgewinnermittlung, wenn die Buchwerte fortgeführt werden und die Mitunternehmer unter Aufrechterhaltung der Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschussrechnung ihre freiberufliche Tätigkeit in Einzelpraxen weiterbetreiben.

BFH v. 11.4.2013 – III R 32/12

Die Kläger, zwei Freiberufler, betrieben eine Steuerberatungs- und Rechtsanwaltssozietät in der Rechtsform einer GbR. Ihren Gewinn ermittelten sie nach § 4 Abs. 3 EStG. Zur Auseinandersetzung der nach Kündigung durch einen Gesellschafter aufzulösenden GbR schlossen die Kläger eine Vereinbarung, in der u.a. bestimmt war, dass jeder diejenigen Wirtschaftsgüter zu Alleineigentum erhalten solle, die er zur betrieblichen Nutzung in Besitz gehabt habe. Darüber hinaus regelten die Kläger die Übernahme der Verbindlichkeiten. Ein Spitzenausgleich fand nicht statt. Die Buchwerte der jeweils übernommenen Wirtschaftsgüter führten die Kläger fort und betrieben ihre berufliche Tätigkeit fortan in Einzelpraxen. Ihre Gewinne ermittelten sie jeweils nach § 4 Abs. 3 EStG. Das FA vertrat die Auffassung, zum Realteilungsstichtag sei eine Realteilungsbilanz aufzustellen und der Gewinn sei durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG zu ermitteln. Das FA besteuerte den so ermittelten Übergangsgewinn als laufenden Gewinn und setzte entsprechend Steuern fest. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte Erfolg.

Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen. Das FG hatte zutreffend entschieden, dass es im Fall einer Realteilung zu Buchwerten ohne Spitzenausgleich einer Freiberuflersozietät bei Buchwertfortführung und fortgesetzter Einnahme-Überschussrechnung keine Verpflichtung gebe, anlässlich dieser Realteilung ohne Spitzenausgleich eine Realteilungsbilanz zu erstellen und einen Übergangsgewinn zu ermitteln.

Definition „Realteilung“: Unter Realteilung ist ertragsteuerlich die Aufgabe einer Mitunternehmerschaft durch Aufteilung des Gesellschaftsvermögens unter den Mitunternehmern zu verstehen, bei der zumindest einer der bisherigen Mitunternehmer ihm bei der Aufteilung zugewiesene Wirtschaftsgüter in ein anderes Betriebsvermögen überführt.

Formen der Realteilung: Die Realteilung kann mit oder ohne Spitzenausgleich erfolgen. Eine Realteilung mit Spitzenausgleich liegt vor, wenn ein Mitunternehmer aus eigenen Mitteln einen Ausgleich an den anderen Mitunternehmer leistet, weil er etwa im Rahmen der Realteilung Wirtschaftsgüter übernommen hat, deren Verkehrswerte den Wert seines Anteils am Gesamthandsvermögen übersteigen. Beim Spitzenausgleich kommt es zur Aufdeckung anteiliger stiller Reserven.

Realteilungsbilanz: Nach § 16 Abs. 2 Satz 2 EStG ist bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils für den Zeitpunkt der Veräußerung nach § 4 Abs. 1 oder nach § 5 EStG zu ermitteln. Steuerpflichtige, die ihren Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, müssen bei einer Betriebsveräußerung nach § 16 Abs. 1 und 2 EStG zu einer Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG übergehen.

Laufender Gewinn: Die aus diesem Übergang resultierenden Zu- und Abrechnungen (sog. Übergangsgewinn) sind beim laufenden Gewinn und nicht beim Veräußerungsgewinn zu berücksichtigen.

Realteilung ohne Spitzenausgleich zu Buchwerten: § 16 Abs. 2 Satz 2 EStG findet dagegen bei einer Realteilung einer Mitunternehmerschaft ohne Spitzenausgleich und unter Fortführung der Buchwerte keine Anwendung, da die Rechtfolge der Buchwertfortführung in diesem Fall abschließend in § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG geregelt ist. Der Gesetzeswortlaut ist insoweit eindeutig.

Rechtsfolge: Für den Fall einer Realteilung einer Mitunternehmerschaft ohne Spitzenausgleich, unter Fortführung der Buchwerte und bei fortgesetzter Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschussrechnung gibt es daher keine Rechtsgrundlage eine Realteilungsbilanz erstellen und einen Übergangsgewinn ermitteln zu müssen.

Beraterhinweis: Der BFH stellt zwar klar, dass die Realteilung einer Personengesellschaft ertragsteuerlich als Betriebsaufgabe zu beurteilen ist. Dies bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass auch in jeden Fall eine Realteilungsbilanz und eine Übergangsgewinnermittlung aufzustellen ist. Die Ermittlung eines Aufgabegewinns entfällt mangels Gewinnrealisierung bei einer Realteilung ohne Spitzenausgleich unter Fortführung der Buchwerte.

Grundsatz der Gesamtgewinngleichheit gewahrt: Dem Grundsatz der Gesamtgewinngleichheit wird in diesen Fällen dadurch genüge getan, dass die Mitunternehmer der realgeteilten Mitunternehmerschaft in ihren Einzelbetrieben weiterhin den Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln.

Praktikable Betrachtungsweise: Im Übrigen wäre es – bei unterstelltem fiktiven Wechsel zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG – zulässig, unmittelbar nach der Realteilung wieder zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG zurückzukehren, wobei die sich bei dem erstmaligen Wechsel der Gewinnermittlungsart ergebenden Übergangsgewinne bzw. -verluste regelmäßig neutralisiert werden. Dabei ist es aus Sicht des BFH unerheblich, ob der zweimalige Wechsel der Gewinnermittlungsart in demselben oder in zwei verschiedenen Wirtschaftsjahren eintritt. Das Argument, der Wechsel der Gewinnermittlungsart diene der zutreffenden Verteilung der laufenden Gewinne auf die Wirtschaftsjahre vor und nach der Realteilung, greift insoweit nicht durch.

Fazit: Eine Verpflichtung zur Erstellung einer Realteilungsbilanz nebst Übergangsgewinnermittlung ist nur dann gerechtfertigt, wenn dies zur Ermittlung eines Aufgabegewinns oder zur zutreffenden Erfassung des laufenden Gewinns nach dem Grundsatz der Gesamtgewinngleichheit, also letztlich auch zur zutreffenden Aufteilung des Überschusses in einen laufenden Gewinn und einen steuerbegünstigten Aufgabegewinn erforderlich ist.

Dipl.-Finw., RD, Wilfried Apitz, Sundern

Service: BFH v. 11.4.2013 – III R 32/12

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 30.08.2013 10:26

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