Otto Schmidt Verlag


Kein ermäßigter Steuersatz bei Überlassung eines zu einer Coaster-Bahn gehörenden Schlittens

Die mit einer sog. Coaster-Bahn, bei der die Fahrtkunden auf schienengebundenen Schlitten zu Tal fahren, erbrachten Umsätze sind umsatzsteuerrechtlich keine Beförderungsleistungen und unterliegen daher nicht dem ermäßigten Steuersatz.

BFH v. 20.2.2013 – XI R 12/11

Die Klägerin (K) betrieb ganzjährig eine sog. Coaster-Bahn, mit der jeweils bis zu zwei Personen auf schienengeführten Schlitten von einer Bergstation zur 400 m tiefer gelegenen Talstation fahren konnten. Die Fahrstrecke betrug 2,9 km. Hinsichtlich der Umsätze aus der Coaster-Bahn legte K den ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG (schienengebundene Personenbeförderung) zugrunde. Das FA unterwarf die genannten Umsätze dagegen dem Regelsteuersatz.

Die Revision der K war unbegründet, denn auch nach Ansicht des BFH unterlagen die Umsätze aus der Coaster-Bahn dem allgemeinen Steuersatz.

Ermäßigter Steuersatz: Nach der Regelung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG ermäßigt sich die Steuer auf 7 % u.a. für die Beförderungen von Personen im Schienenbahnverkehr, wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 km beträgt. Gemäß der im Streitjahr 2005 geltenden Fassung der Norm waren Bergbahnen von dieser Steuervergünstigung ausgeschlossen.

Keine Beförderungsleistung: Der BFH kam im Urteilsfall zu dem Ergebnis, dass dort keine Beförderungsleistung i.S.d. § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG erfolgt war. Nach Meinung des Gerichts hat K stattdessen die Schlitten lediglich als Beförderungsmittel den Kunden überlassen. Daher galt für die Umsätze aus der Coaster-Bahn der Regelsteuersatz.

Begriff der Beförderung: Der Senat verwies zur Begründung seiner Ansicht auf die Rechtsprechung des BFH, wonach von einer Beförderung gesprochen werden kann, wenn eine der Raumüberwindung dienende Tätigkeit entfaltet wird. Dabei kommt es auf die Art des Beförderungsmittels nicht an (vgl. dazu z.B. BFH v. 8.9.2011 - V R 5/10, StBW 2012, 217).

Überlassung eines Beförderungsmittels: Eine Beförderungsleistung ist nach Auffassung des Senats nicht gegeben, wenn ein Beförderungsmittel bemannt oder unbemannt zur Verfügung gestellt wird. Insoweit verweist er auf ein Urteil des V. Senats (BFH v. 6.12.2012 - V R 36/11, BFH/NV 2013, 994). Dort hat dieser klargestellt, dass eine Beförderungsleistung seitens des Beförderten ein passives Element erfordert. Daran fehlt es, wenn der Kunde die Beförderung selbst besorgt.

Nutzungsüberlassung im Urteilsfall: K hat - so der BFH - die schienengebundenen Schlitten ihren Kunden lediglich zur Verfügung gestellt. Diese haben die Schlitten dann mittels ihres eigenen Körpergewichts in das Tal gebracht, wobei sie die Fahrgeschwindigkeit selbst regeln konnten. Darin sah der BFH eine - nicht steuerbegünstigte - Nutzungsüberlassung an die Kunden.

Bergbahn: Da es nach Ansicht des Senats bereits an einer Beförderungsleistung fehlte, war im Urteilsfall ohne Belang, ob es sich bei der Coaster-Bahn um eine - von der Steuervergünstigung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG ausgeschlossene - Bergbahn handelte oder nicht.

Beraterhinweis: Der BFH bezog sich in seinem klageabweisenden Urteil besonders auf die Entscheidung des V. Senats vom 6.12.2012 (BFH v. 6.12.2012 - V R 36/11, BFH/NV 2013, 994). Danach ist die Überlassung von Draisinen zur selbständigen Nutzung durch die Kunden als Vermietung und nicht als Beförderung zu betrachten. Wesentlich ist dabei zum einen, dass mit der Übergabe der Draisinen die Fahrgäste die tatsächliche Gewalt über diese bekommen und fremde Dritte von der Nutzung ausschließen können. Zum anderen erfolgt die Beförderung auch hier durch die Fahrgäste selbst, was der Annahme einer Beförderungsleistung durch den Unternehmer entgegensteht. Begleiten Mitarbeiter des Unternehmers die Kunden auf ihrer Fahrt, so ist dies ohne Belang, sofern es nicht Aufgabe der Mitarbeiter ist, den Transport durchzuführen. Höchstrichterlich geklärt ist ebenfalls, dass es der Annahme einer Beförderungsleistung nicht entgegensteht, wenn das Motiv für die Inanspruchnahme der Leistung in Gründen der Freizeitgestaltung oder des Tourismus liegt. Angemerkt sei auch, dass Bergbahnen seit dem Jahr 2008 nicht mehr von einer ermäßigten Besteuerung i.S.d. § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG ausgenommen sind.

RA Hildegard Billig, Düsseldorf

Service: BFH v. 20.2.2013 - XI R 12/11

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 26.06.2013 13:16

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