Otto Schmidt Verlag


Kein Werbungskostenabzug für mit Dienstwagen durchgeführte Familienheimfahrten

Aufwendungen für Familienheimfahrten des Arbeitnehmers mit einem vom Arbeitgeber überlassenen Dienstwagen, dessen Kosten von diesem getragen werden, berechtigen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 6 EStG nicht zum Werbungskostenabzug.

BFH v. 28.2.2013 – VI R 33/11

Der verheiratete Kläger (K) hatte in den Jahren 2007 und 2008 seinen Familienwohnsitz in C. Er war im davon rund 380 km entfernt gelegenen A nichtselbständig tätig und hatte im 13 km entfernten B im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung eine Mietwohnung. Er nutzte einen von seinem Arbeitgeber auch für Privatfahrten überlassenen Dienstwagen. Die private Nutzung wurde mit der 1 %-Regelung und die damit durchgeführten Fahrten zur Arbeitsstätte auf Grundlage der Entfernung von 13 km mit der 0,03 %-Regelung besteuert. K machte in seiner Einkommensteuererklärung für die Streitjahre jeweils 45 wöchentliche Familienheimfahrten als Werbungskosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung geltend, was sowohl FA als auch FG ablehnten.

Der BFH wies die Revision des K als unbegründet zurück.

Werbungskosten bei doppelter Haushaltsführung: Der Werbungskostenabzug zur Abgeltung der Aufwendungen für Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung richtet sich für die Jahre 2007 und 2008 nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG i.d.F. des EntfPauschFG (BGBl. I 2009, 774). Hiernach können im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung Aufwendungen für die Wege vom Beschäftigungsort zum Ort des eigenen Hausstands und zurück (Familienheimfahrten) jeweils nur für eine Familienheimfahrt wöchentlich als Werbungskosten abgezogen werden. Zur Abgeltung der Aufwendungen für eine Familienheimfahrt ist eine Entfernungspauschale von 0,30 € für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstands und dem Beschäftigungsort anzusetzen. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 6 EStG werden allerdings Aufwendungen für Familienheimfahrten mit einem dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer Einkunftsart überlassenen Fahrzeug nicht berücksichtigt.

Kein Werbungskostenabzug bei Nutzung eines Firmenfahrzeugs: K hatte die Familienheimfahrten mit einem ihm vom Arbeitgeber überlassenen Fahrzeug i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 6 EStG durchgeführt; die Aufwendungen für die Familienheimfahrten sind deshalb auf Grundlage dieser Norm nicht zu berücksichtigen.

Systematische Ergebnisrechtfertigung: Zutreffend hat schon das FG dieses Auslegungsergebnis nicht allein auf den Wortlaut der Norm gestützt, sondern auch mit systematischen Erwägungen dargelegt, dass § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 6 EStG und § 8 Abs. 2 Satz 5 Halbs. 2 EStG in einem korrespondierenden Verhältnis zueinander stehen, indem letztere Norm keinen Vorteil i.H.v. 0,002 % des Listenpreises für solche Familienheimfahrten ansetzt, für die ein Abzug von Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG in Betracht kommt. Dem liegt ersichtlich der Rechtsgedanke zugrunde, dass im Unterschied zur nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 EStG auch bei Familienheimfahrten grundsätzlich anwendbaren Entfernungspauschale im Sonderfall der Dienstwagenüberlassung der Werbungskostenabzug für solche Fahrten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 6 EStG entsprechend den allgemeinen Grundsätzen einen tatsächlichen Aufwand voraussetzt. Wenn der Arbeitnehmer diese Fahrten mit dem Dienstwagen durchführt, entsteht ihm tatsächlich kein eigener Aufwand, deshalb ist in diesen Fällen ein Werbungskostenabzug jedenfalls nicht geboten.

Korrespondierende Anwendung von § 8 Abs. 2 und § 9 EStG: Diese Rechtsgrundsätze eines korrespondierenden Anwendungsbereichs des § 8 Abs. 2 EStG einerseits und des Werbungskostenabzuges nach § 9 EStG andererseits hat der BFH auch schon im Rahmen der Zuschlagsregelung des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG (0,03 %-Zuschlagsregelung) angewandt. Er hat deshalb der 0,03 %-Zuschlagsregelung nur die Funktion eines Korrekturpostens zu einem überschießenden Werbungskostenabzug beigemessen. Die Zuschlagsregelung ist danach nur insoweit anzuwenden, wie der Arbeitnehmer den Dienstwagen tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt hat. Und so wie die 0,03 %-Zuschlagsregelung lediglich einen Ausgleich für abgezogene, aber tatsächlich nicht entstandene Erwerbsaufwendungen bezweckt und insoweit den Ansatz von Einnahmen i.S.d. § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG begrenzt, begrenzt § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 6 EStG den Werbungskostenabzug, soweit der Steuerpflichtige für seine Familienheimfahrten einen vom Arbeitgeber überlassenen Dienstwagen nutzt und ihm deshalb keine Aufwendungen entstanden waren. Ausweislich der Gesetzesmaterialien ging auch der Gesetzgeber von einem solchen Korrespondenzverhältnis aus, wenn bei Überschusseinkünften für Familienheimfahrten mit einem dafür überlassenen betrieblichen Kraftfahrzeug weder ein geld-werter Vorteil nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG noch ein Werbungskostenabzug nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 EStG angesetzt werden sollte.

Beraterhinweis: Es ist nicht ersichtlich, warum der BFH in diesem Fall die vom FG nicht zugelassene Revision auf Nichtzulassungsbeschwerde hin zugelassen hat, da die Rechtslage m.E. eindeutig ist. Zwar gilt die Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und für Familienheimfahrten unabhängig davon, ob dem Steuerpflichtigen Kosten entstanden sind oder nicht. Dies kann jedoch eindeutig nicht gelten, wenn dem Arbeitnehmer gar keine Kosten entstanden sein können, weil er einen Firmenwagen nutzt, dessen Kosten in voller Höhe vom Arbeitgeber getragen werden. Der BFH hat die Revision wohl nur zugelassen, um diesen Rechtsgrundsatz noch mal deutlich zu machen.

RD a.D. Michael Marfels, Nordkirchen

Service: BFH v. 28.2.2013 – VI R 33/11

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 13.06.2013 14:19

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