Otto Schmidt Verlag


Häuslichkeit eines Arbeitszimmers

Die Häuslichkeit eines Arbeitszimmers i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ist zu bejahen, wenn sich die zu Wohnzwecken und die betrieblich genutzten Räume in einem ausschließlich vom Steuerpflichtigen genutzten Zweifamilienhaus befinden und auf dem Weg dazwischen keine der Allgemeinheit zugängliche oder von fremden Dritten benutzte Verkehrsfläche betreten werden muss.

BFH v. 15.1.2013 – VIII R 7/10

Der Kläger (K) war hauptberuflich als Oberarzt beschäftigt und erzielte daneben Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Erfinder. Für die Erstellung von Patenten benötigte er zahlreiche Unterlagen und umfangreiche Fachliteratur, sodass er ein ausschließlich beruflich genutztes Büro unterhielt. Dieses befand sich im Obergeschoss des von ihm und seiner Familie bewohnten Zweifamilienhauses. Eine direkte Verbindung zwischen den zum Büro gehörenden Räumlichkeiten im Obergeschoss und dem Wohnbereich des K im Erdgeschoss bestand nicht. Der Zugang zum Obergeschoss war nur über einen separaten Treppenaufgang möglich, der über eine eigene Eingangstür verfügte. K machte in seiner Einkommensteuererklärung die auf die Büroräume entfallenden Aufwendungen in voller Höhe geltend. Das FA ließ dagegen nur den für ein häusliches Arbeitszimmer geltenden Höchstbetrag von 2.400 DM (jetzt: 1.250 €) zum Abzug zu, da das Arbeitszimmer auch nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Steuerpflichtigen bildete. Vor dem FG argumentierte K, das Arbeitszimmer sei nicht „häuslich“ und unterliege deshalb nicht der Abzugsbeschränkung. Die Vorinstanz (FG Baden-Württemberg v. 15.5.2009 – 10 K 3583/08, EFG 2010, 1114) folgte dem und gab der Klage statt.

Auf die Revision des FA hat der BFH das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der BFH rechnete das Arbeitszimmer noch dem häuslichen Bereich zu.

Hintergrund: Der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers ist im Gesetz nicht näher bestimmt. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH erfasst die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG das häusliche Büro, d.h. einem Arbeitsraum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dient. Der Nutzung entsprechend ist das häusliche Arbeitszimmer daher typischerweise mit Büromöbeln eingerichtet, wobei der Schreibtisch regelmäßig das zentrale Möbelstück darstellt.

Einbindung in die häusliche Sphäre: Die Häuslichkeit beruflich genutzter Räumlichkeiten bestimmt sich danach, ob sie sich unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls als dem Wohnbereich und damit der privaten Lebenssphäre des Steuerpflichtigen zugehörig darstellen. In die häusliche Sphäre eingebunden ist ein Arbeitszimmer regelmäßig nur dann, wenn es sich in einem Raum befindet, der unmittelbar zur privat genutzten Wohnung bzw. zum Wohnhaus des Steuerpflichtigen (einschließlich der Zubehörräume wie Abstell-, Keller- und Speicherräume) gehört. Davon ist auszugehen, wenn die Räumlichkeiten aufgrund der unmittelbaren räumlichen Nähe mit den privaten Wohnräumen des Steuerpflichtigen als gemeinsame Wohneinheit verbunden sind. Die häusliche Sphäre der Privatwohnung erstreckt sich allerding nur dann auf weitere, beruflich genutzte Räumlichkeiten, wenn aufgrund besonderer Umstände ein innerer Zusammenhang zwischen den beiden Bereichen besteht.

Hinreichende Lösung von der häuslichen Sphäre: Eine Durchbrechung des inneren Zusammenhangs des Arbeitszimmers mit den in demselben Gebäude gelegenen Wohnräumen setzt regelmäßig voraus, dass das Arbeitszimmer über eine der Allgemeinheit zugängliche und auch von anderen Personen genutzte Verkehrsfläche zu erreichen ist. Denn nur in diesem Fall ist die räumliche Trennung zwischen Arbeitszimmer und Wohnhaus so stark ausgeprägt, dass der Zusammenhang zur häuslichen Sphäre gelöst wird. Im entschiedenen Fall wurde jedoch das gesamte Grundstück und Gebäude ausschließlich von K und seiner Familie genutzt, so dass die baubedingte räumliche Trennung zwischen den beruflich und den privat genutzten Räumen nicht so stark ausgeprägt war, dass der Zusammenhang zur häuslichen Sphäre hinreichend gelöst war. Beachten Sie: Vorgenanntes gilt auch dann, wenn über die Wohn- und Arbeitsräume zwei Mietverträge abgeschlossen wurden, da dies lediglich ein – gestaltbares – schwaches Indiz für ein außerhäusliches Arbeitszimmer ist.

Beraterhinweis: Räumlichkeiten, die ihrer Ausstattung und Funktion nach nicht dem Typus eines Arbeitszimmers entsprechen (z.B. Betriebsräume, Lagerräume, Ausstellungsräume), sind auch nicht deshalb als häusliches Arbeitszimmer anzusehen, wenn sie ihrer Lage nach mit den Wohnräumen des Steuerpflichtigen verbunden und damit in dessen häusliche Sphäre eingebunden sind (BFH v. 19.9.2002 – VI R 70/01, EStB 2003, 45; v. 16.10.2002 – XI R 89/00, EStB 2003, 79; v. 26.6.2003 – VI R 10/02, BFH/NV 2003, 1560 und v. 22.11.2006 – X R 1/05, EStB 2007, 127).

Dipl.-Finw. Martin Hilbertz, Neuwied

Service: BFH v. 15.1.2013 – VIII R 7/10

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 19.04.2013 11:46

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