Otto Schmidt Verlag


Rückforderung einer Überweisung durch das FA

Für die Rückforderung einer an ein vom Steuerpflichtigen genanntes Kreditinstitut gerichteten Überweisung ist unbeachtlich, wie dieses Institut mit dem in Empfang genommenen Betrag verfahren ist; Leistungsempfänger und damit Rückgewährschuldner ist stets der Steuerpflichtige.

BFH v. 18.9.2012 – VII R 53/11

Die Klägerin (K) ist eine Bank, bei der die Eheleute X und Y mehrere Giro- und Darlehenskonten unterhielten. Die Eheleute hatten dem FA das bei der K geführte gemeinsame Girokonto Nr. xxx als Erstattungskonto angegeben. K änderte die Konto-Nr. aus technischen Gründen und teilte den Eheleuten die neue Kontonummer xxx1 mit. Zugleich kündigte sie das gesamte Kreditverhältnis und fasste sämtliche Konten unter der Konto-Nr. xxx2 zusammen. Von den Kontoauflösungen zum 31.5. bzw. 17.7.2007 erfuhr das FA durch das Bundeszentralamt für Steuern am 23.4.2009. Am 16.1.2008 überwies das FA Herrn X auf das ursprüngliche Konto xxx eine Umsatzsteuer-Erstattung i.H.v. 170.000 €. Diese Erstattung erfolgte jedoch ohne Rechtsgrund. Eine von Herrn X am 31.1.2008 geforderte Rücküberweisung dieses zu Unrecht erstatteten Betrags an das FA lehnte K ab und berief sich auf "ein Pfandrecht an dem ... Betrag" aufgrund ihrer AGB. Das FA forderte von K den überwiesenen Betrag zurück, weil auf ein nicht existierendes gelöschtes Konto überwiesen worden sei. Die Klage blieb erfolglos.

Der BFH gab der Revision der K statt und hob den Rückforderungsbescheid gegen K auf.

Leistungsempfänger einer Zahlung des FA: Leistungsempfänger i.S.d. § 37 Abs. 2 AO ist derjenige, demgegenüber das FA seine vermeintliche oder tatsächlich bestehende Zahlungsverpflichtung erfüllen will. Mit einer Überweisung auf ein vom Steuerpflichtigen angegebenes Konto will das FA nicht zu Gunsten der Bank, sondern mit befreiender Wirkung gegenüber dem Anspruchsberechtigten leisten, der das Konto angegeben hat. Die Bank ist auch dann nicht Leistungsempfänger, sondern lediglich die vom Steuerpflichtigen bezeichnete Zahlstelle, wenn sie das Konto vor der Überweisung des FA gekündigt hat, die Überweisung gleichwohl auf dem intern weitergeführten Konto verbucht. Denn es erfüllt eine eigene nachvertragliche Pflicht aus dem Girovertrag, während sich die Leistung zwischen dem Überweisenden, der die fehlgehende Zahlung veranlasst hat, und dem Überweisungsempfänger vollzieht.

Leistungsempfänger im Streitfall: Zwar hat K den am 16.1.2008 vom FA überwiesenen Betrag nicht auf einem   gelöschten, aber nachvertraglich weitergeführten   Konto der Eheleute X und Y, sondern auf einem internen Zwischenkonto verbucht und die ausdrückliche Anweisung des Herrn X zur Rücküberweisung an das FA unter Hinweis auf das ihr nach ihren AGB zustehende Pfandrecht zurückgewiesen. Das ändert aber nichts daran, dass das FA mit der Überweisung an die von X benannte Bank seiner Erstattungspflicht gegenüber X nachkommen wollte und K den Betrag als Zahlstelle für X entgegengenommen hat. Die Leistung hat sich zwischen dem überweisenden FA, welches die fehlgehende Zahlung veranlasst hat, und dem angegebenen Überweisungsempfänger vollzogen. K hat sich auch nicht als Leistungsempfängerin geriert, sondern den Betrag ("eigennützig") zur Verrechnung mit eigenen Forderungen gegenüber den Eheleuten verwendet. Das setzt notwendig eine vorausgehende Zuordnung der Überweisung zu ihrem Kunden X voraus, wie es dem   aus den Angaben auf dem Überweisungsträger ersichtlichen   Willen des FA entsprach.

Verwendung des Überweisungsbetrags unerheblich: Wie K mit dem Überweisungsbetrag nach Entgegennahme weiterverfahren ist, ist für das Rechtsverhältnis zwischen dem FA und K ohne Bedeutung. Denn die Frage, ob K ihre nachvertraglichen Pflichten aus dem Girovertrag mit der vorgenommenen Verbuchung erfüllt oder verletzt hat, stellt sich allein im Verhältnis zwischen K und den Eheleuten. Sollte K verpflichtet gewesen sein, die eingegangene Zahlung auf den bisherigen Konten des X entsprechend § 676f Satz 1 BGB zu verbuchen bzw. nach § 667 BGB an ihn oder auf seine Anweisung an das FA herauszugeben, wäre ein entsprechender Anspruch zivilrechtlich von X gegen K geltend zu ma-chen.

Steuerpflichtiger als Rückforderungsverpflichteter: Die ohne Rechtsgrund ausgezahlte Umsatzsteuer-Erstattung kann das FA nach § 37 Abs. 2 AO nur von X zurückfordern. Denn er hat den Zahlungsweg veranlasst und das FA hat mit der Befolgung der Anweisung seine Erstattungspflicht erfüllt. Selbst wenn K den überwiesenen Betrag unter Verletzung ihrer Pflichten aus dem Girovertragsverhältnis dem X nicht gutgebracht hätte, hätte X den Betrag nicht nochmals vom FA verlangen können. Es liegt auf der Hand, dass die Rückabwicklung der Zahlung im Fall des Wegfalls des Rechtsgrundes nur zwischen den Beteiligten des ursprünglichen Leistungsverhältnisses zu vollziehen ist.

Beraterhinweis: Der BFH stellt klar, dass die Überweisung eines Erstattungsbetrags auch dann an den Steuerpflichtigen erfolgt, wenn sie auf ein zwischenzeitlich gelöschtes, aber von ihm angegebenes Bankkonto erfolgt. Ist die Erstattung zu Unrecht erfolgt, kann sie folglich nur vom Steuerpflichtigen selbst als Leistungsempfänger zurückgefordert werden, nicht aber von der Bank. Dies gilt auch dann, wenn die Bank den Betrag aufgrund ihres Pfandrechts zur Verrechnung mit Schulden des Steuerpflichtigen verwendet hat.

RD a.D. Michael Marfels, Nordkirchen

Service: BFH v. 18.9.2012 – VII R 53/11

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 22.02.2013 14:10

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