Otto Schmidt Verlag


Wegfall der Unternehmeridentität bei kurzfristigem Ausscheiden eines Gesellschafters

Die Inanspruchnahme des gewerbesteuerlichen Verlustabzugs setzt die ununterbrochene Unternehmeridentität voraus, so dass auch kurzfristige Unterbrechungen – selbst für eine logische Sekunde – zum Wegfall des Verlustabzugs führen.

BFH v. 11.10.2012IV R 3/09

Die Klägerin (K), eine GmbH & Co. KG, entstand durch Verschmelzung mit einer A-KG, die folgende Rechtsverhältnisse zu einer K-KG hatte: Die K-KG bestand bis zum 31.12.1997 aus R als alleinigem Kommanditisten und der K-GmbH als Komplementärin, die nicht am Vermögen der KG beteiligt war. R war ferner alleiniger Kommanditist der A-KG. Komplementärin der A-KG war die X-GmbH, die am Vermögen der A-KG nicht beteiligt war. R trat mit Wirkung zum Ablauf des 31.12.1997 seinen Kommanditanteil an der K-KG an die A-KG gegen Gewährung neuer Gesellschaftsrechte ab. Anschließend schied die K-GmbH aus der K-KG aus. Ab 1.1.1998 führte die A-KG den Betrieb der K-KG in eigenen Namen und auf eigene Rechnung fort. Es erfolgten entsprechende Anmeldungen und Eintragungen zum Handelsregister in dieser Reihenfolge. Das FA versagte im Rahmen der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags bei der A-KG die Berücksichtigung eines Verlustvortrags, der bei der Rechtsvorgängerin der K-KG entstanden war. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen. Das FG hatte zu Recht die Berücksichtigung eines Verlustabzugs bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags abgelehnt.

Unternehmeridentität: Die Inanspruchnahme eines Verlustabzugs setzt neben der Unternehmensidentität auch die Unternehmeridentität voraus. Letzteres bedeutet, dass der Steuerpflichtige, der den Verlustabzug in Anspruch nimmt, den Gewerbeverlust zuvor in eigener Person erlitten haben muss.

Personengesellschaften: Als Mitunternehmer einer gewerblichen Personengesellschaft erzielen diese auf der Grundlage ihrer gesellschaftsrechtlichen Verbindung nicht nur – strukturell gleich einem Einzelunternehmer – in eigener Person gewerbliche Einkünfte, sondern sind auch gewerbesteuerrechtlich Träger des Verlustabzugs und deshalb sachlich gewerbesteuerpflichtig.

Ausscheiden eines Gesellschafters: Beim Ausscheiden von Gesellschaftern aus einer Personengesellschaft geht deshalb gem. § 10a GewStG der Verlustabzug verloren, soweit der Fehlbetrag anteilig auf die ausgeschiedenen Gesellschafter entfällt.

Ununterbrochene Unternehmeridentität erforderlich: Die Inanspruchnahme des Verlustabzugs setzt danach die ununterbrochene Unternehmeridentität voraus, so dass auch kurzfristige Unterbrechungen zum Wegfall des Verlustabzugs führen.

Doppelstöckige Personengesellschaft: Bei sog. doppelstöckigen Personengesellschaften ist weiter zu beachten, dass die Oberpersonengesellschaft nicht nur Gesellschafterin, sondern unter der Voraussetzung auch Mitunternehmerin der Unterpersonengesellschaft und damit Trägerin des Verlustabzugs ist, dass sie an letzterer Gesellschaft mitunternehmerisch beteiligt ist.

Rechtsfolgen: Dies bedingt einerseits, dass ein Wechsel im Kreis der Gesellschafter der Oberpersonengesellschaft die Unternehmeridentität bezüglich der Unterpersonengesellschaft unberührt lässt. Andererseits bedeutet dies aber auch, dass der Verlustabzug nach § 10a GewStG selbst dann anteilig entfällt, wenn der aus einer Personengesellschaft ausscheidende Gesellschafter über eine andere Gesellschaft (Oberpersonengesellschaft) weiterhin mittelbar an der Unterpersonengesellschaft beteiligt bleibt.

Mittelbare Mitunternehmerstellung: Die Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG zur mittelbaren Mitunternehmerstellung des Obergesellschafters an der Unterpersonengesellschaft ändert an der dargelegten Rechtslage nichts. Die Vorschrift ist war auch gewerbesteuerrechtlich zu beachten; sie lässt aber die mitunternehmerschaftliche Beteiligung der Oberpersonengesellschaft an der Unterpersonengesellschaft unberührt und hat deshalb lediglich zur Folge, dass der Verlustabzug nur im Rahmen des Sonderbetriebsvermögensbereichs des Obergesellschafters zulässig ist.

Bedeutung für den Urteilsfall: Durch die Übertragung des 100%-igen Kommanditanteils von R auf die A-KG war die letztere Gesellschafter der K-KG geworden. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass R der alleinige Kommanditist der A-KG war und die Komplementärin keine Vermögensbeteiligung besaß. Die ununterbrochene Unternehmeridentität wurde durch den Gesellschafterwechsel kurzfristig durchbrochen, was zum Verlust des Verlustabzugs führte.

Beraterhinweis: Der BFH bestätigt seine bisherige Rechtsprechung zu § 10a GewStG und den Grundsätzen der für den Verlustabzug erforderlichen Unternehmensidentität sowie Unternehmeridentität. Dabei stellt sich bereits eine kurzfristige Unterbrechung – selbst für eine logische Sekunde – als schädlich für einen Verlustabzug dar.

Zu unterscheiden ist in diesem Zusammenhang, ob der logischen Sekunde nur eine „rein technische Bedeutung“ zukommt oder ob sie eine rechtliche Bedeutung hat. Im Urteilsfall war der Fortbestand der KG durch den Gesellschafterwechsel für jedenfalls eine logische Sekunde bewusst aus haftungsrechtlichen Gründen ausdrücklich gewollt. Insoweit konnte keine „rein technische Bedeutung“ angenommen werden (anders in BFH v. 11.8.2004 - I R 89/03, BStBl. II 2004, 1080).

Abweichendes ergibt sich auch nicht aus den Grundsätzen zum wirtschaftlichen Eigentum nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO. Nach dieser Vorschrift ist ein Wirtschaftsgut einem anderen als dem Eigentümer zuzurechnen, wenn er die tatsächliche Herrschaft über das Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut ausschließen kann. Ein Mitunternehmeranteil ist jedoch kein Wirtschaftsgut i.S.d. § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO.

Dipl.-Finw., RD, Wilfried Apitz, Sundern

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 11.01.2013 11:38

zurück zur vorherigen Seite