Otto Schmidt Verlag


Telefonkosten bei längerer Auswärtstätigkeit

Während einer Auswärtstätigkeit von mindestens einer Woche entstandene Telefongebühren können als Werbungskosten abzugsfähig sein. Ist ein Soldat aus beruflichen Gründen mehr als eine Woche abwesend, können die Kosten für ein wöchentliches Telefonat mit seinen Angehörigen als Werbungskosten abgezogen werden. Mit dieser Entscheidung ermöglicht der BFH den Werbungskostenabzug über Fälle der doppelten Haushaltsführung hinaus auch bei Auswärtstätigkeiten.

BFH v. 5.7.2012 – VI R 50/10

Ein Marinesoldat war für mehrere Monate auf einer Fregatte eingesetzt. Die Kosten für die wöchentlichen Telefonate mit seinen Angehörigen machte er in seiner Einkommensteuererklärung geltend. Das FA erkannte die Aufwendungen nicht an und führte aus, dass Telefonkosten nach der Rechtsprechung des BFH nur bei einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten abziehbar seien. Da der Soldat steuerlich einer Dienstreise nachging (heutiger Begriff: Auswärtstätigkeit), seien die Kosten nicht abziehbar. Das FG entschied, dass der Werbungskostenabzug unabhängig von der steuerlichen Einordnung der Abwesenheit gewährt werden müsse. Der Soldat tätige die Telefonate aufgrund seiner längeren Abwesenheit, unerheblich sei für ihn die steuerliche Einordnung seines Aufenthalts. Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

Der BFH vertritt - wie auch das FG - einen großzügigen Standpunkt und erkennt die Telefonkosten als Werbungskosten an.

Anwendung des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG: Ob Aufwendungen der beruflichen Sphäre oder der Lebensführung i.S.v. § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG zuzurechnen sind, entscheidet sich unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls. Aufwendungen sind nur dann als durch eine Einkunftsart veranlasst anzusehen, wenn sie hierzu in einem steuerrechtlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Maßgebend dafür, ob ein solcher Zusammenhang besteht, ist zum einen die wertende Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen auslösenden Moments und zum anderen die Zuweisung dieses maßgebenden Besteuerungsgrunds zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre. Ein Werbungskostenabzug kommt jedoch grundsätzlich dann nicht in Betracht, wenn die Aufwendungen zwar den Beruf fördern, daneben aber auch der Lebensführung dienen, es sei denn, dass der den Beruf fördernde Teil der Aufwendungen sich nach objektiven Maßstäben zutreffend und in leicht nachprüfbarer Weise abgrenzen lässt. Gemäß dieser gesetzgeberischen Grundentscheidung lässt auch die Rechtsprechung privat veranlasste Aufwendungen wegen der Überlagerung durch berufliche Gründe zum Werbungskostenabzug zu (z.B. BFH v. 18.3.1988 - VI R 90/84, BStBl. II 1988, 988 zu den Kosten für ein Ferngespräch wöchentlich bis zu einer Dauer von 15 Minuten statt einer Familienheimfahrt), obwohl die Befriedigung dieser allgemein menschlichen Bedürfnisse in erster Linie Ausfluss der Lebensführung ist.

Telefonkosten bei mindestens einwöchiger Abwesenheit: Nach diesen Grundsätzen sieht es der BFH als gerechtfertigt an, auch Aufwendungen für Telefonate privaten Inhalts, die nach einer mindestens einwöchigen Auswärtstätigkeit entstehen, als beruflich veranlassten Mehraufwand der Erwerbssphäre zuzuordnen. In einem solchen Fall werden die privaten Gründe der Kontaktaufnahme etwa mit Angehörigen oder Freunden typisierend betrachtet durch die beruflich/betrieblich veranlasste Auswärtstätigkeit überlagert. Denn bei einer Abwesenheitsdauer von mindestens einer Woche sind die notwendigen privaten Dinge aus der Ferne nur durch über den normalen Lebensbedarf hinausgehende Mehraufwendungen für Telekommunikation zu regeln. Dieser Mehraufwand ist damit ganz überwiegend durch den beruflichen Veranlassungszusammenhang geprägt und mithin nur in ganz untergeordnetem Umfang von Momenten der privaten Lebensführung beeinflusst.

Beraterhinweis: Die Entscheidung des BFH ist auch für alle anderen Berufsgruppen von Bedeutung. Sie gilt jedoch nur für Auswärtstätigkeiten mit mehr als einwöchiger Dauer. Bei kürzeren Aufenthalten rückt die Notwendigkeit der Telefonate in den Hintergrund, so dass die BFH-Rechtsprechung in diesen Fällen nicht mehr über die doppelte Haushaltsführung hinaus angewandt werden darf. Diese Einschränkung ist nicht ganz verständlich, da auch bei kürzeren Dienstreisen Mehraufwendungen für Gebühren entstehen können, bei denen der eigentlich private Anlass durch die beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit überlagert ist.

Offen bleibt auch, was im umgekehrten Fall gilt, d.h. wenn nicht der auswärts Tätige zu Hause anruft, sondern wenn ein Angehöriger mit ihm während der Dienstreise telefoniert. Auch hier müssen die entsprechenden Gebühren abziehbar sein. da auch hier die private Kontaktaufnahme durch die Auswärtstätigkeit überlagert wird.

Im Übrigen zieht der BFH keine Grenze hinsichtlich Dauer und Anzahl der Gespräche. Es gilt daher der allgemeine Grundsatz der Angemessenheit.

StB Dipl.-Finw. (FH) Georg Schmitt, Limburg

Service: BFH v. 5.7.2012 – VI R 50/10

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 21.12.2012 10:29

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