Otto Schmidt Verlag


Beruflicher Unfallschaden mit einem privaten Pkw

Erleidet ein nichtselbständig tätiger Steuerpflichtiger mit seinem privaten Pkw auf einer Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einen Unfall und veräußert er das Unfallfahrzeug in nicht repariertem Zustand, bemisst sich der als Werbungskosten abziehbare Betrag nach der Differenz zwischen dem rechnerisch ermittelten fiktiven Buchwert vor dem Unfall und dem Veräußerungserlös.

BFH v. 21.8.2012VIII R 33/09

Der Kläger (K) erlitt auf dem Weg zwischen Arbeitsstätte und Wohnung einen Verkehrsunfall. An seinem Fahrzeug entstand ein erheblicher Schaden. Die Reparaturkosten hätten ca. 10.000 DM betragen. Der Wagen hatte nach den Angaben des K vor dem Unfall einen Zeitwert von 11.500 DM. K veräußerte das Fahrzeug jedoch in nicht repariertem Zustand für 3.500 DM. Die Differenz von 8.000 DM zwischen dem Zeitwert vor Unfall und dem Veräußerungserlös machte K als Werbungskosten geltend. Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück. Da der Buchwert des Kfz im Unfallzeitpunkt niedriger sei als der für das Kfz nach dem Unfall erzielte Verkaufserlös, seien die Voraussetzungen einer AfaA nicht erfüllt. Die Vorinstanz (FG München v. 27.5.2008 - 13 K 2693/06, EFG 2009, 1747) wies die Klage zurück.

Auch das Revisionsverfahren blieb erfolglos. Nach Ansicht des VIII. Senats ist für die Berechnung des als Werbungskosten abziehbaren Substanzschadens (bei unterbliebener Reparatur) nicht vom Zeitwert des Fahrzeugs vor dem Unfall, sondern von den um fiktive AfA geminderten Anschaffungskosten (fiktiver Buchwert) auszugehen.

Unfallkosten: Erleidet ein nichtselbständig tätiger Steuerpflichtiger mit seinem privaten Pkw auf einer Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einen Unfall, so kann er den dadurch entstandenen Schaden als Fahrtaufwand nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG abziehen.

Höhe der Aufwendungen: Die Höhe der Aufwendungen ist aber, wenn das Fahrzeug wie im Besprechungsurteil nach dem Unfall unrepariert veräußert wird, nicht mit der Differenz zwischen den Wiederbeschaffungswerten für den Pkw vor und nach dem Unfall zu bemessen, sondern mit der Differenz zwischen dem rechnerischen Buchwert vor dem Unfall (Anschaffungskosten abzüglich fiktiver AfA) und dem Veräußerungserlös.

Herleitung aus § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG: Die durch den VIII. Senat getroffene Entscheidung folgt aus der Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG zur Abziehbarkeit von "Absetzungen für Abnutzung und für Substanzverringerung und erhöhte Absetzungen" als Werbungskosten. Die Vorschrift nimmt damit zum einen für die AfA auf § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG Bezug. Zum anderen nimmt sie durch ihren Verweis auf "erhöhte Absetzungen" auf die Regelung in § 7 Abs. 1 Satz 6 EStG (nunmehr § 7 Abs. 1 Satz 7 EStG) zur Zulässigkeit einer AfaA Bezug. Diese AfaA ist aufgrund des systematischen Zusammenhangs mit der AfA-Regelung in Satz 1 der Vorschrift nach dem Wert zu bestimmen, um den der im Jahr des Schadenseintritts vorhandene Restbuchwert des geschädigten Wirtschaftsguts durch das schädigende Ereignis gemindert wird. Dementsprechend ist die Höhe eines steuerlich absetzbaren Unfallschadens nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 Satz 6 (nunmehr Satz 7) EStG mit der Differenz zwischen dem rechnerisch ermittelten fiktiven Buchwert vor dem Unfall (Anschaffungskosten abzüglich fiktiver AfA) und dem Wert des Fahrzeugs nach dem Unfall zu bemessen. Beachten Sie: Die frühere Rechtsprechung des BFH, wonach die Differenz zwischen Zeitwert vor und nach dem Unfall als Werbungskosten abgezogen werden konnte (BFH v. 9.11.1979 - VI R 156/77, BStBl. II 1980, 71 und v. 19.3.1982 - VI R 25/80, BStBl. II 1982, 442) ist durch neuere Rechtsprechung auch im Bereich der Überschusseinkünfte überholt (vgl. BFH v. v. 30.6.1995 - VI R 26/95, FR 1995, 823).

Beraterhinweis: Wird das Unfallfahrzeug repariert und weiterhin benutzt, kann der sog. merkantile Minderwert nicht als Werbungkosten berücksichtigt werden (BFH v. 31.1.1992 – VI R 57/88, FR 1992, 441). Ebenfalls nicht berücksichtigungsfähig sind:

·           die in den Folgejahren erhöhten Beiträge für die Haftpflicht- und Fahrzeugversicherung, wenn die Schadenersatzleistungen von dem Versicherungsunternehmen erbracht worden sind (BFH v. 11.7.1986 – VI R 39/83, BStBl. II 1986, 866);

·           Finanzierungskosten, und zwar auch dann, wenn die Kreditfinanzierung des Fahrzeugs wegen Verlusts eines anderen Fahrzeugs auf einer Fahrt von der Wohnung zur regelmäßigen Arbeitsstäte erforderlich geworden ist (BFH v. 1.10.1982 – VI R 192/79, BStBl. II 1983, 17).

Dipl.-Finw.Martin Hilbertz, Neuwied

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 06.12.2012 17:47

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