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Prämien wertlos gewordener Optionen als Werbungskosten bei Termingeschäft

Das Recht auf einen Differenzausgleich, Geldbetrag oder Vorteil wird auch dann i.S.v. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG beendet, wenn ein durch das Basisgeschäft indizierter negativer Differenzausgleich durch Nichtausüben der wertlosen Forderung aus dem Termingeschäft vermieden wird.

BFH v. 26.9.2012 – IX R 50/09

Der Kläger (K) unternahm im Streitjahr verschiedene Börsengeschäfte und erklärte Gewinne aus Kauf- und Verkaufsoptionen. Diesen Gewinnen stellte er u.a. Verluste aus wertlos gewordenen, nicht ausgeübten, Kauf- und Verkaufsoptionen gegenüber. Das FA berücksichtigte die Verluste aus den nicht ausgeübten Optionen nicht im Rahmen der Steuerfestsetzung. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte Erfolg.

Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen. Das FG hatte die Aufwendungen für die wertlos gewordenen und nicht ausgeübten Kauf- und Verkaufsoptionen zu Recht als Werbungskosten zum Abzug zugelassen.

Termingeschäfte sind Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, deren Preis unmittelbar oder mittelbar von einem bestimmten Basispreis abhängt. Zu den Termingeschäften in diesem Sinne zählt auch das Optionsgeschäft als bedingtes Termingeschäft.

Gleichbehandlung aller Optionen: Die Intention, alle Optionen gleich zu behandeln, liegt § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG zugrunde: Optionen, die als Derivate keine Wertpapiere sind, fallen unter § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 EStG und solche, die als Optionsscheine Wertpapiere sind, unter § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG.

Beendigung des Termingeschäfts: Das Recht wird beendigt, wenn es zu einem Differenzausgleich führt. Denn den Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG erfüllt nur, wer durch die Beendigung des erworbenen Rechts tatsächlich einen Differenzausgleich erlangt; die Vorschrift erfasst nur Vorteile, die auf dem Basisgeschäft beruhen.

Möglichkeiten der Beendigung: Dies kann geschehen, indem das Basisgeschäft durchgeführt wird und der aus dem Termingeschäft verpflichtete die entsprechenden Basiswerte liefert. Kommt es aber – wie bei Derivatgeschäften üblicherweise – nicht zu einem Basisgeschäft, wird das Termingeschäft z.B. durch einen Barausgleich beendet. Dieser Barausgleich ist der Differenzausgleich i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG.

Ausweitung auf wertlose Optionen: Diese Grundsätze gelten auch, wenn eine Option wertlos wird, weil der Wert eines Bezugsobjekts oder einer sonstigen Referenzgröße zum Fälligkeitszeitpunkt vom festgelegten Betrag, dem Basiswert, negativ abweicht. Dieser Nachteil (negativer Differenzausgleich) beruht ebenso wie der entsprechende Vorteil (positiver Differenzausgleich) allein auf den Wertverhältnissen des Basisgeschäfts.

Besteuerung nach Leistungsfähigkeit: Das Gesetz verlangt vom Steuerpflichtigen kein wirtschaftlich sinnloses Verhalten, sondern besteuert ihn nach dem Grundsatz der Leistungsfähigkeit. Die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ist aber um die aufgewandten Optionsprämien gemindert, einerlei, ob es tatsächlich zu einem steuerbaren negativen Differenzausgleich kommt oder ob ein solcher von vornherein vermieden wird, indem – als wirtschaftlich einzig sinnvolles Handeln – die Option nicht ausgeübt wird. Dieser Nachteil beruht ebenso wie der entsprechende Vorteil auf dem Basiswert, denn er ist ausgelöst durch die Weiterentwicklung des Bezugsobjekts im Zeitpunkt der Fälligkeit gegenüber dem Basiswert.

Beraterhinweis: Der BFH entwickelt seine bisherige Rechtsprechung (BFH v. 17.4.2007 - IX R 40/06, BStBl. II 2007, 608 und v. 13.2.2008 - IX R 68/07, BStBl. II 2008, 522) fort. Gleichzeitig stellt er klar, dass der Rechtsauffassung des BMF, sollte das BMF-Schreiben vom 27.11.2001 (BMF v. 27.11. 2001 - IV C 3 -S 2256 - 265/01, BStBl. I 2001, 986 ff) abweichend zu verstehen sein, nicht gefolgt werden kann. Das BMF hatte bisher in Rz. 18 und 23 des BMF-Schreibens die Auffassung vertreten, dass der Inhaber einer Kauf- oder Verkaufsoption, der diese am Ende der Laufzeit verfallen lässt, deren Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten nicht steuerlich mindernd geltend machen könnte. Diese Auffassung ist jetzt obsolet.

Zum Verständnis seiner Rechtsaufassung bildet der BFH folgendes Beispiel:

Ein Steuerpflichtiger erwirbt im Rahmen eines Termingeschäfts als Option für 20.00 € (Optionsprämie) gegen die Bank B eine bedingte Forderung auf Lieferung von 4 Mio. einer Währung X für 100.000 €. Der Steuerpflichtige spekuliert auf einen fallenden Eurokurs.

Lösung - Gewinn: Erfüllt sich seine Hoffnung und könnte er zum Fälligkeitszeitpunkt nach den tatsächlichen Wertverhältnissen 3 Mio. der Währung X verlangen, kann er aufgrund des Termingeschäfts indes 4 Mio. der Währung beanspruchen, befriedigt ihn die Bank B regelmäßig durch Barausgleich, den der Steuerpflichtige gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG als Gewinn nach § 23 Abs. 3 Satz 5 EStG zu versteuern hat. Die Optionsprämien sind als Werbungskosten nach § 23 Abs. 3 Satz 5 EStG absetzbar.

Lösung - Verlust: Erfüllt sich seine Hoffnung aber nicht und der Eurokurs steigt gegenüber der Währung X, so dass man für 100.000 € insgesamt 5 Mio. der Währung X bekommt, führte das Basisgeschäft zu einer negativen Differenz. Würde es durchgeführt, könnte der Steuerpflichtige diesen Verlust geltend machen und überdies die Werbungskosten in Gestalt der Prämie absetzen. Indes ist die Option wertlos und kein wirtschaftlich Denkender würde sie ausüben. Deshalb bucht sie die Bank als wertlos aus. Die Kosten für den Erwerb der Forderung im Rahmen des Termingeschäfts i.H.v. 20.000 € sind als Werbungskosten gem. § 23 Abs. 3 Satz 5 EStG abziehbar.

Aktuelle Rechtslage: Gewinne und Verluste aus Termingeschäften fallen nach dem Wechsel zur Abgeltungsteuer unter § 20 Abs. 2 Nr. 3 EStG. Gewinn bei einem Termingeschäft ist nach § 20 Abs. 4 Satz 5 EStG der Differenzausgleich oder der durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmte Geldbetrag oder Vorteil abzüglich der Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Termingeschäft stehen.

Dipl.-Finw., RD, Wilfried Apitz, Sundern

Service: BFH v. 26.9.2012 – IX R 50/09

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 08.11.2012 12:17

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