Otto Schmidt Verlag


Ansparabschreibung in Kenntnis einer beabsichtigten Einbringung in GmbH

Dem Großen Senat des BFH wird die folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt: Darf eine Ansparabschreibung nach § 7g EStG in der bis zum Inkrafttreten des UntStRefG 2008 geltenden Fassung auch dann vorgenommen werden, wenn im Zeitpunkt ihrer Geltendmachung beim FA bereits feststeht, dass der Betrieb zu Buchwerten in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wird?

BFH v. 22.8.2012 – X R 21/09

Der Kläger (K) gliederte mit notarieller Urkunde vom 30.3.2004 sein Einzelunternehmen auf eine neu gegründete GmbH aus, deren Alleingesellschafter und einziger Geschäftsführer er war. Er legte der Ausgliederung die Eröffnungsbilanz der GmbH zum 1.1.2004 zugrunde, in der die Buchwerte des Einzelunternehmens fortgeführt wurden. Am 10.6.2004 reichte K für Zwecke der Anpassung der Vorauszahlungen seine Gewinnermittlung für 2003 ein. Darin war eine Betriebsausgabe für eine Ansparabschreibung enthalten. Am 6.8.2004 ging die Einkommensteuererklärung mit der entsprechenden Gewinnermittlung sowie enthaltenen Ansparabschreibung beim FA ein. Das FA erkannte die Ansparabschreibung nicht als Betriebsausgabe an. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte keinen Erfolg.

Die Revision des K führte zur Vorlage der Rechtsfrage an den Großen Senat des BFH. Der vorlegende Senat möchte die Rechtsfrage dahingehend entscheiden, dass der Finanzierungszusammenhang zwischen der Geltendmachung der Ansparabschreibung und der Investition, der für die Inanspruchnahme der in § 7g Abs. 3 EStG 2002 vorgesehenen Steuervergünstigung erforderlich ist, nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass im Zeitpunkt der Geltendmachung bereits die Einbringung des Betriebs zu Buchwerten in eine Kapitalgesellschaft in Gang Gesetz war. Eine gegenteilige Aussage des I. Senats vom 19.5.2010 (BFH v. 19.5.2010 - I R 70/09, BFH/NV 2010, 2072) steht einer solchen Entscheidung entgegen und der I. Senat hält an seiner Rechtsauffassung auf Nachfrage fest.

Keine gegenteilige Verwaltungsauffassung: Im Umwandlungserlass v. 25.3.1998 (BMF v. 25.3. 1998 - IV B 7 -S 1978 - 21/98 IV B 2 - S 1909 - 33/98, BStBl. I 1998, 268 Rz. 22.06 Satz 8) heißt es lediglich: „Steuerfreie Rücklagen können bei Buchwertansatz von der Kapitalgesellschaft fortgeführt werden“; gleichlautend auch BMF-Schreiben v. 11.11.2011 (BMF v. 11.11.2011 - IV C 2 - S 1978 b/08/10001, BStBl. I 2011, 1314, Rz 23.06 Satz 4). Von Einschränkungen hinsichtlich der Bildung der Rücklagen im eingebrachten Betrieb ist dort nicht die Rede. Im BMF-Schreiben v. 8.5.2009 (BMF v. 8.5.2009 - IV C 6 - S 2139 b/07/10002, BStBl. I 2009, 633 Rz. 22) zum Investitionsabzugsbetrag wurden die Ausführungen zur Geltendmachung der Steuervergünstigung im Zusammenhang mit einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe, die in den zu § 7g EStG 2002 ergangenen Verwaltungsanweisungen enthalten sind, unter Einarbeitung der seither ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung sinngemäß wiederholt, so dass sich die Finanzverwaltung bisher noch nicht gegen die vom vorlegenden Senat vertretene Rechtsauffassung ausgesprochen hat.

Literaturmeinungen: Das Schrifttum ist zwar unterschiedlicher Auffassung. Die Vornahme einer Ansparabschreibung im Einzelunternehmen trotz in Gang gesetzter Einbringung in eine Kapitalgesellschaft zu Buchwerten wird überwiegend für zulässig gehalten.

Divergenzentscheidung: Der I. Senat des BFH hat in seiner Entscheidung vom 19.5.2010 (BFH v. 19.5.2010 - I R 70/09, BFH/NV 2010, 2072, unter II.c.bb) ausgeführt, dass eine Fortführung einer Ansparrücklage auf der Grundlage von § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 1995 voraussetze, dass die Rücklagenbildung im früheren Einzelunternehmen zu Recht erfolgt sei. Daran wiederum fehle es, wenn im Augenblick der Rücklagenbildung im Einzelunternehmen mit Einreichung der Steuererklärung beim FA das Investitionsvorhaben in diesem Einzelunternehmen nicht mehr realisiert werden könne, weil die Umwandlung zu diesem Zeitpunkt bereits in Gang gesetzt war. Diese Aussage blieb zwar ohne ausdrückliche Begründung, doch hält der I. Senat daran fest.

Übereinstimmung mit dem I. Senat: Der vorlegende Senat stimmt mit dem I. Senat darüber ein, dass bei der Einbringung eines Betriebs in eine Kapitalgesellschaft unter Wahl des Buchwertansatzes - ungeachtet des grundsätzlichen Charakters einer solchen Einbringung als tauschähnliches, entgeltliches Geschäft - der Betrieb durch die Kapitalgesellschaft unverändert fortgeführt wird. Der in § 22 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 2002 angeordnete Eintritt der Kapitalgesellschaft in die steuerliche Rechtsstellung des Einbringenden erstreckt sich auch auf die den steuerlichen Gewinn mindernden Rücklagen. Daher kann eine nach § 7g Abs. 3 EStG 2002 gebildete Rücklage – anders als bei einer Veräußerung des Betriebs – nach der Einbringung fortgeführt werden; der Zusammenhang mit dem Betrieb wird durch die Sacheinbringung zu Buchwerten nicht gelöst.

Vorrangigkeit einer betriebsbezogene Betrachtung: Da der Betrieb in solchen Einbringungsfällen unverändert fortgeführt wird und der Vorschrift des § 7g EStG 2002 eine betriebsbezogene Betrachtung zugrunde liegt, kann dem eingetretenen Rechtsträgerwechsel keine entscheidende Bedeutung bei der Beurteilung der Frage zukommen, ob die Voraussetzungen des § 7g EStG 29002 erfüllt sind. Andernfalls würde man eine personenbezogene Betrachtung vornehmen, die das Gesetz zwar bei Rücklagen i.S.d. § 6b EStG anordnet, die aber nicht dem Modell des § 7g EStG 2002 entspricht, und die zudem bei Buchwerteinbringungen durch § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 2002 überspielt wird.

Es bleibt abzuwarten, ob sich der Große Senat diesen Überlegungen auch für den Fall der bereits in Gang gesetzten Einbringung anschließt.

Beraterhinweis: Der vorlegende Senat geht davon aus, dass die Vorlagefrage im zeitlichen Anwendungsbereich des § 7g EStG i.d.F. UntStRefG 2008 und des UmwStG i.d.F. des SEStG in gleicher Weise zu entscheiden wäre, sie also nicht nur auslaufendes Recht betrifft.

Weiter will der vorlegende Senat die vertretene Rechtsauffassung ebenso gelten lassen, wenn der Einbringende nicht Alleingesellschafter der aufnehmenden Kapitalgesellschaft wird, sondern weitere Gesellschafter vorhanden sind.

Wenn eine Teilwerteinbringung die vorherige Bildung einer Rücklage im Einzelunternehmen ausschließt, dies bei einer Buchwerteinbringung – so die Auffassung des vorlegenden Senats – aber zulässig ist, dann kann der eingeschränkte Verweis des § 22 Abs. 2 UmwStG 2002 auf die Vorschrift des § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 2002 nur so zu verstehen sein, dass die Rücklagenbildung in dem Umfang zulässig ist, in dem der Aufstockungsbetrag hinter dem Teilwert zurückbleibt. Wird z.B. der Buchwert um einen Betrag aufgestockt, der sich auf 40% des Unterschiedsbetrags zwischen Buchwert und Teilwert beläuft, kann die Rücklage maximal i.H.v. 60% des sich nach § 7g EStG 2002 ergebenden Betrags gebildet werden.

Dipl.-Finw., RD, Wilfried Apitz, Sundern

Service: BFH v. 22.8.2012 – X R 21/09

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 25.10.2012 17:27

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