Otto Schmidt Verlag


Gewerblicher Grundstückshandel allein durch Zurechnung der Verkäufe von Personengesellschaften

Auch wenn ein Steuerpflichtiger in eigener Person kein einziges Objekt veräußert, kann er allein durch die Zurechnung der Grundstücksverkäufe von Personengesellschaften oder Gemeinschaften einen gewerblichen Grundstückshandel betreiben.

BFH v. 22.8.2012 – X R 24/11

Die Klägerin (K) war neben X zu 50 % Gesellschafterin einer gewerblichen Grundstückshandels-OHG, die zwischen 1991 und 1995 insgesamt 14 Objekte veräußerte. Ferner war K mit einem Bruchteil von 50 % neben X an der Grundstücksgemeinschaft G beteiligt, der mindestens sechs Objekte gehörten. Eines dieser Objekte (Objekt R) wurde Ende 1990 erworben und nach Neu- und Umbaumaßnahmen im April 1995 veräußert. Die übrigen Objekte der Grundstücksgemeinschaft wurden langfristig gehalten. Nachdem gerichtlich festgestellt worden war, dass die Grundstücksgemeinschaft G bei Veräußerung des Objekts R nicht gewerblich tätig war, da die Aktivitäten der personenidentischen OHG nicht einzubeziehen seien, erfasste das FA den Gewinn aus dem Verkauf des Objekts R als Einkünfte aus einem in eigener Person der K unterhaltenen gewerblichen Grundstückshandel. Das FG wies die Klage ab, da die Grundstücksverkäufe der OHG der K zugerechnet werden müssten, auch wenn diese keine eigenen Grundstücksgeschäfte getätigt habe, aber an einer grundstücksveräußernden Gemeinschaft beteiligt sei.

Der BFH wies die Revision der K als unbegründet zurück.

Zusammenrechnung von Grundstücksaktivitäten: Die ständige Rechtsprechung des BFH rechnet im Interesse einer sachlich zutreffenden Besteuerung dem Gesellschafter bzw. Gemeinschafter alle seine eigenen Tätigkeiten auf dem Gebiet des Grundstückshandels zu.

Zusammenrechnung bei Beteiligung an gewerblicher und an vermögensverwaltender Gesellschaft: Der BFH hat allerdings noch nicht entschieden über die vorliegende Sachverhaltskonstellation, bei der der Steuerpflichtige in eigener Person kein einziges Objekt veräußert hat, sondern Grundstücksgeschäfte ausschließlich über eine gewerbliche Grundstücksgesellschaft einerseits und eine vermögensverwaltende Grundstücksgemeinschaft andererseits durchführt. Aus den bisher entschiedenen Fallgruppen ist der Schluss zu ziehen, dass auch bei der o.g. Konstellation die Veräußerungen der gewerblichen Grundstücks-OHG und der Grundstücksgemeinschaft zusammenzurechnen sind.

Bisher entschiedene Fallkonstellationen: So sind den eigenen Grundstücksgeschäften eines Gesellschafters sowohl die Veräußerungen einer vermögensverwaltenden als auch die einer gewerblichen Grundstückshandelsgesellschaft hinzuzurechnen. Eine Zusammenrechnung erfolgt weiterhin, wenn der Gesellschafter an mehreren jeweils vermögensverwaltenden Personengesellschaften beteiligt ist oder wenn er mehr als drei Anteile an gewerblich geprägten Personengesellschaften veräußert, aber in eigener Person keine Grundstücksgeschäfte tätigt. Ferner ist entschieden, dass weder zwischen vermögensverwaltenden und gewerblich tätigen Personengesellschaften noch zwischen Gesamthands-Personengesellschaften und Bruchteilsgemeinschaften zu differenzieren ist.

Ausnahme von der Zusammenrechnung: Grundstücksgeschäfte einer Personengesellschaft sind nur dann nicht in die beim Gesellschafter vorzunehmende zusammenfassende Beurteilung einzubeziehen, wenn eine zu einem anderen Zweck gegründete und diesen Zweck verfolgende Gesellschaft im Rahmen ihres gewöhnlichen Geschäftsbetriebs aus spezifisch betriebsbezogenen Gründen Grundstücke veräußert.

Gründe für die Zusammenrechnung: Aufgrund der bisher vorliegenden Rechtsprechung des BFH ist auch bei der vorliegenden Fallkonstellation eine Zusammenrechnung der Grundstücksaktivitäten der gewerblichen OHG und der vermögensverwaltenden Gemeinschaft zu bejahen. Wenn einerseits Grundstücksgeschäfte, die vermögensverwaltende Personengesellschaften tätigen, bei der Besteuerung des Gesellschafters auch in solchen Fällen als zu einem gewerblichen Grundstückshandel gehörig umqualifiziert werden können, in denen der Gesellschafter selbst keine Objekte veräußert, und andererseits keine Unterscheidung zwischen vermögensverwaltenden und gewerblich tätigen Personengesellschaften vorzunehmen ist, dann ist eine zusammenfassende Würdigung auch dann möglich und geboten, wenn der Gesellschafter sowohl an vermögensverwaltenden als auch an mitunternehmerischen Personengesellschaften beteiligt ist. Andernfalls wäre die "sachlich zutreffende Besteuerung des Gesellschafters" nicht zu erreichen. Die eigene Tätigkeit des Steuerpflichtigen ist unabhängig davon, ob er Grundstücksgeschäfte durch eine gewerbliche oder eine vermögensverwaltende Gesellschaft tätigen lässt, "steuerrechtlich gleichwertig"; grundsätzlich sind alle Veräußerungen der Gesellschaft auf der Ebene des Gesellschafters zu berücksichtigen. Unerheblich ist, dass K selbst nie am Grundstücksmarkt tätig geworden ist. Der Gestaltungsfaktor „Alleineigentum“ oder „Miteigentum“ ist für die Würdigung der eigenen Tätigkeit des Steuerpflichtigen ohne Belang. Zudem ist kein Grund ersichtlich, dem Steuerpflichtigen ein Geschäft, das er als Bruchteilseigentümer tätigt, nur deshalb nicht zuzurechnen, weil auch noch ein Dritter   mit einem möglicherweise nur geringfügigen Anteil   daran beteiligt ist.

Unerhebliche Einwendungen: Der Einwand, bei dieser Entscheidung könne der Steuerpflichtige aufgrund von Mehrheitsentscheidungen anderer Gesellschafter zum "Grundstückshändler wider Willen" werden, greift nicht, da die Gemeinschafter über den gemeinschaftlichen Gegenstand im Ganzen nur gemeinschaftlich verfügen können (§ 747 Satz 2 BGB). Weiterhin kann ein Gesellschafter, der einer grundstückshandelnden Gesellschaft mit Mehrheitsprinzip beitritt, sich nicht mit Erfolg darauf berufen, er habe eine Mehrheitsentscheidung der übrigen Gesellschafter nicht mitgetragen.

Auch besteht keine Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Frage, ob ein Grundstückshändler neben seinem Gewerbe auch Grundstücke oder Beteiligungen hieran im Privatvermögen halten und verwalten könne, da dies nach der Rechtsprechung der BFH zu bejahen ist, sofern er diese ohne bedingte Veräußerungsabsicht bzw. langfristig hält.

Beraterhinweis: Der BFH hat mit diesem Urteil Stellung genommen zu einer bisher nicht ausdrücklich entschiedenen Fallkonstellation: Hiernach sind nicht nur eigene Grundstücksgeschäfte in den unstreitigen gewerblichen Grundstückshandel einer Personengesellschaft, an der er beteiligt ist, einzubeziehen, sondern auch solche Grundstücksgeschäfte, die eine vermögensverwaltende Gesellschaft oder Gemeinschaft tätigt, ohne hierdurch selbst die Grenze der Gewerblichkeit (sog. Drei-Objekt-Grenze) zu überschreiten. Es ist also unerheblich, ob der Gesellschafter einer gewerblichen Grundstücksgesellschaft die eigenen mit einzubeziehenden Grundstücksgeschäfte als Alleineigentümer oder als Mitgesellschafter bzw. Mitgemeinschafter einer vermögensverwaltenden Gesellschaft bzw. Gemeinschaft tätigt.

RD a.D. Michael Marfels, Nordkirchen

Service: BFH v. 22.8.2012 – X R 24/11

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 25.10.2012 13:11

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