Otto Schmidt Verlag


Nachweis der Investitionsabsicht bei neu gegründeten Betrieben

Der Nachweis der Investitionsabsicht setzt, entgegen der Rechtsauffassung zur Ansparrücklage nach § 7g a.F., auch bei noch in Gründung befindlichen Betrieben bei einem Investitionsabzugsbetrag nach §7g EStG i.d.F. des JStG 2008 nicht zwingend eine verbindliche Bestellung des anzuschaffenden Wirtschaftsguts noch im Wirtschaftsjahr der Geltendmachung des Investitionsabzugsbetrags voraus.

BFH v. 20.6.2012 – X R 42/11

Die Kläger beabsichtigten im VZ 2007 die Anschaffung einer Photovoltaikanlage. Der Hersteller unterbreitete im Dezember 2007 einen entsprechenden Kostenvoranschlag. Im Januar 2008 unterbreitete der Hersteller den Klägern ein konkretes Angebot, woraufhin die Kläger die Anlage im Februar bestellten. Die tatsächliche Lieferung erfolgte im April. Die Kläger gaben im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung 2007 für den Gewerbebetrieb Photovoltaikanlage eine Anlage EÜR ab, in der sie einen Investitionsabzugsbetrag für einen neuen Betrieb Photovoltaikanlage erklärten. Das FA setzte die Einkommensteuer ohne Berücksichtigung des erklärten Investitionsabzugsbetrags fest. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte Erfolg.

Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen. Das FG hatte zu Recht entschieden, dass alle gesetzlichen Voraussetzungen zur Gewährung eines Investitionsabzugsbetrags erfüllt seien. § 7g EStG wirkt auch zugunsten solcher Betriebe, deren Eröffnung noch nicht abgeschlossen ist.

Betriebsgründung begünstigt: § 7g EStG n.F. ist auch zugunsten von noch in Gründung befindlichen Betrieben anwendbar. Insoweit ist die bereits zu § 7g EStG a.F. ergangene BFH-Rechtsprechung, die dieses Ergebnis im Wege der Gesetzesauslegung abgeleitet hat, auch bei § 7g EStG n.F. anzuwenden. Mit der Verwendung des Wortes „Betrieb“ in § 7g EStG a.F. wird nämlich nichts darüber ausgesagt, ab wann ein „Betrieb“ bestehen muss.

Strenge Maßstäbe bei Betriebseröffnung: Auch im zeitlichen Anwendungsbereich des § 7g EStG n.F. ist es erforderlich und gerechtfertigt, bei der Prüfung der Investitionsabsicht in Jahren vor Abschluss der Betriebseröffnung strenge Maßstäbe anzulegen.

Bedeutung der Prüfung: Die besondere Prüfung der Investitionsabsicht dient vor allem der Feststellung, ob überhaupt mit einem Abschluss des Prozesses der Betriebseröffnung zu rechnen ist. Ansonsten besteht keine Möglichkeit der Plausibilitätskontrolle der Investitionsabsicht am Maßstab eines bisher verfolgten Betriebskonzepts.

Objektiv belegbare Indizien ausreichend: Im zeitlichen Anwendungsbereich des § 7g EStG n.F. lässt der BFH zum Nachweis der erforderlichen Investitionsabsicht bei in Gründung befindlichen Betrieben auch andere geeignete und objektiv belegbare Indizien als ausschließlich eine verbindliche Bestellung der wesentlichen Betriebsgrundlage ausdrücklich zu.

Ausreichende Indizien: Ohne verbindliche Bestellung der wesentlichen Betriebsgrundlage sind danach typische und gewichtige Indizien für eine Investitionsabsicht bei in Gründung befindlichen Betrieben darin zu sehen, dass der Steuerpflichtige z.B. im Rahmen der von ihm in Gang gesetzten Betriebseröffnung bereits selbst und endgültig mit Aufwendungen belastet ist, oder dass die einzelnen Schritte, die der Steuerpflichtige zum Zwecke der Betriebseröffnung bereits in dem Jahr unternommen hat, für das er den Investitionsabzugsbetrag beantragt, sich als sinnvolle, zeitlich zusammenhängende Abfolge mit dem absehbaren Ziel des endgültigen Abschlusses der Betriebseröffnung darstellen, auch wenn die letzten Teilakte bis zur rechtsverbindlichen Investitionsentscheidung nicht mehr zwingend in dem genannten Jahr liegen müssen.

Zeitpunkt der Konkretisierung: Maßgebend sind die Verhältnisse am Ende des Wirtschaftsjahres der beabsichtigten Geltendmachung des Investitionsabzugsbetrags. Zu diesem Zeitpunkt muss die Investition auch noch durchführbar sein.

Künftige Entwicklung einbeziehen: Zwar ist die Prognoseentscheidung grundsätzlich aus der Sicht des jeweiligen Bilanzstichtags bzw. des Endes des Gewinnermittlungszeitraums zu treffen. Eine begrenzte Heranziehung der künftigen Entwicklung ist in diesem Zusammenhang aber zulässig. So reicht es aus, wenn in dem Jahr, für das der Investitionsabzugsbetrag begehrt wird, ernsthafte, konkrete Verhandlungen geführt werden, die im Folgejahr zur Bestellung oder Anschaffung des Wirtschaftsguts münden.

Beraterhinweis: Der BFH folgt dem BMF (BMF v. 8.5.2009, BStBl. I 2009, 633 Rz 29 Satz 2) nicht darin, dass auch im zeitlichen Anwendungsbereich des § 7g EStG n.F. die erforderliche Konkretisierung der Investitionsabsicht bei der Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbeträgen für wesentliche Betriebsgrundlagen noch zu eröffnender Betriebe ausschließlich durch eine verbindliche Bestellung des Wirtschaftsguts bis zum Ende des Jahres, für das der Abzug vorgenommen wird, erfolgen kann. An diesen Grundsätzen einer erforderlichen Bestellung hält der BFH nur für den zeitlichen Anwendungsbereich des § 7g EStG a.F. weiter fest.

Lockerung der bisherigen Grundsätze: Damit kommt es zu einer Lockerung der bisher strengen Grundsätze, die bei in Gründung befindlichen Betrieben unbedingt eine verbindliche Bestellung verlangten. Lediglich die Einholung eines Kostenvoranschlags, eine Finanzierungsvoranfrage oder die Teilnahme an einer Informationsveranstaltung wird als Nachweis einer Investitionsabsicht regelmäßig nicht ausreichen. Diese unspezifischen Erkundungsmaßnahmen begründen nicht mit hinreichender Sicherheit eine etwaig vorhandene Investitionsabsicht, zumal sie auch regelmäßig nicht mit Kosten für den Steuerpflichtigen verbunden sind.

Finanzierungszusammenhang: Der BFH betont ausdrücklich, dass seine bisherige Rechtsprechung zum sog. Finanzierungszusammenhang weiterhin Bestand hat. Eine Verfolgbarkeit in der - ggf. zeitnah zu erstellenden - Buchführung (so § 7g Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 EStG a.F.) ist für den außerbilanziell vorzunehmenden Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG n.F. nicht mehr erforderlich.

Dipl.-Finw., RD, Wilfried Apitz, Sundern

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 29.08.2012 16:01

zurück zur vorherigen Seite