Otto Schmidt Verlag


Werbeeinkünfte eines Fußball-Nationalspielers

Ein Fußballnationalspieler, der an Promotion-Maßnahmen des DFB teilnimmt, wird insoweit gewerblich tätig, wenn er mit Unternehmerrisiko und Unternehmerinitiative handelt.

BFH v. 22.2.2012 – X R 14/10

Der Kläger (K) war im Streitjahr 2002 als Profifußballer bei einem Bundesligaverein unter Vertrag. Als Mitglied der deutschen Nationalmannschaft nahm er im Zusammenhang mit der Weltmeisterschaft an Promotion-Maßnahmen des DFB teil. Die hierfür gezahlte Vergütung sah der Steuerpflichtige als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit an. Dieser steuerlichen Behandlung schloss sich das FA nicht an. Es ordnete die Einnahmen vielmehr den Einkünften aus Gewerbebetrieb zu und setzte einen Gewerbesteuermessbetrag fest. Das Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg.

Der Steuerpflichtige begründete seine Klage insbesondere damit, dass sein Arbeitgeber aufgrund der Verbandsstatuten verpflichtet gewesen sei, ihn für die Nationalmannschaft abzustellen. Er selbst sei aufgrund des Arbeitsvertrags verpflichtet gewesen, einer entsprechenden Weisung seines Vereins nachzukommen. Zudem habe er sich der Tätigkeit an den Promotion-Maßnahmen faktisch nicht entziehen können. Eine Weigerung hätte bedeutet, ganz auf die Zugehörigkeit zur Nationalmannschaft zu verzichten. Seine Tätigkeit für den DFB sei daher nicht als selbständig einzustufen. Dem Ergebnis der Verwaltung folgte das FG Münster (FG Münster v. 16.4.2010 – 14 K 116/06 G, StBW 2010, 528).

Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück.

Unternehmerinitiative: Die Unternehmerinitiative des Nationalspielers hat der BFH darin gesehen, dass er hinsichtlich der Werbeleistungen nicht in eine betriebliche Organisation seines Vereins oder des DFB eingegliedert war und in seiner Entscheidung, ob er an den Werbemaßnahmen mitwirken wollte, noch hinreichend frei war. Das Unternehmerrisiko konnte bejaht werden, da einerseits die genaue Höhe der Vergütung ungewiss war und andererseits Ausfallzeiten nicht bezahlt wurden.

Selbständige Tätigkeit: Das entgeltliche Werben für bestimmte Erzeugnisse erfüllt die Tatbestandsmerkmale einer gewerblichen Aktivität, unabhängig davon, ob einem solchen Verhalten verbindliche Verträge zwischen Sportler, Sportverband und/oder Hersteller zugrunde liegen oder ob dieses Verhalten aufgrund einer stillschweigend in Gang gekommenen allgemeinen Übung erfolgt. Hierbei ist für die Annahme der selbständigen Ausübung der Tätigkeit eine in nicht zu vernachlässigendem Umfang freie Entscheidungsmöglichkeit des Sportlers bei der Werbetätigkeit erforderlich (BFH v. 19.11.1985 - VIII R 104/85, BStBl: II 1986, 424). So liegt es bei Spitzensportlern, die ohne Eingliederung in eine Vermarktungsgesellschaft oder eine andere Werbeorganisation nach freier Entscheidung, d.h. als Selbständige, bestimmte Werbeleistungen erbringen.

Auch herausragende Sportler, die Mannschaftsport betreiben, können unter diesen Voraussetzungen als Selbständige durch die Werbeleistungen, die außerhalb der nichtselbständigen Tätigkeit für ihren Verein vermarktet werden, einer gewerblichen (Neben-) Tätigkeit nachgehen. Beachten Sie: Allein der Umstand, dass die Beteiligung an Werbeveranstaltungen die Notwendigkeit zur Beachtung gewisser organisatorischer Rahmenbedingungen mit sich bringt, führt noch nicht dazu, dass diejenige Person, mit deren Namen oder Bild geworben werden soll, in einen Betrieb des werbenden Unternehmens, der die Werbeveranstaltung organisierenden Werbeagentur oder des eine Auswahlmannschaft unterhaltenden Sportverbands eingegliedert wäre.

Nichtselbständige Tätigkeit: Ein Berufssportler wird als Arbeitnehmer tätig, wenn er auf Grundlage seines Arbeitsvertrags für seinen Verein oder dessen Sponsor wirbt. Dies ist der Fall, wenn der Sportler in eine Vermarktungsgesellschaft des Vereins, d.h. seines Arbeitgebers, eingegliedert ist, mit der Folge, dass die Entgelte für Werbetätigkeiten als Lohnzahlungen von Dritten einzuordnen sind. Der Sportler schuldet auch insoweit als in einem Dienstverhältnis weisungsgebundene und organisatorisch eingegliederte Person seine Arbeitskraft; er ist dabei vom Risiko der Erwerbstätigkeit freigestellt und deshalb Arbeitnehmer.

Faktischer Druck? K hätte bei Nichtunterzeichnung der entsprechenden Vereinbarung zwar damit rechnen müssen, nicht in die Nationalmannschaft berufen zu werden. Damit wären nicht nur seine Einnahmen aus den Werbeleistungen, sondern auch die Vergütungen für die Einsätze in der Nationalmannschaft entfallen. Es ist nach Ansicht des X. Senats des BFH jedoch nicht ersichtlich, dass das Einkommen, das K - auch bei einem unterstellten Wegfall von Einnahmen - aus seiner Tätigkeit für den Bundesligaverein sowie sonstigen gewerblichen Tätigkeiten noch verblieben wäre, so gering gewesen sein könnte, dass er zur Sicherung seiner Existenz unter einem faktischen Zwang gestanden hätte, das Angebot des DFB anzunehmen. Im Übrigen fühlen sich zahlreiche Gewerbetreibende durch die wirtschaftlichen Umstände ihrer Existenz faktisch gezwungen, bestimmte Vertragsangebote Dritter anzunehmen; allein dadurch werden sie aber nicht zu Arbeitnehmern ihrer Geschäftspartner.

Beraterhinweis: Die Frage, ob jemand eine Tätigkeit selbständig oder nichtselbständig ausübt, führt immer wieder zu Streitigkeiten. Sie ist anhand einer Vielzahl in Betracht kommender Merkmale nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beantworten. Anknüpfungspunkt ist der Arbeitnehmerbegriff des § 1 LStDV. Für die Abgrenzung können z.B. die folgenden Merkmale von Bedeutung sein

  • persönliche Abhängigkeit,
  • Weisungsgebundenheit hinsichtlich Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit,
  • feste Arbeitszeiten,
  • Ausübung der Tätigkeit gleichbleibend an einem bestimmten Ort,
  • feste Bezüge,
  • Urlaubsanspruch,
  • Anspruch auf sonstige Sozialleistungen,
  • Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall,
  • Überstundenvergütung,
  • zeitlicher Umfang der Dienstleistungen,
  • Unselbständigkeit in Organisation und Durchführung der Tätigkeit,
  • kein Unternehmerrisiko,
  • keine Unternehmerinitiative,
  • kein Kapitaleinsatz,
  • keine Pflicht zur Beschaffung von Arbeitsmitteln,
  • Notwendigkeit der engen ständigen Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern,
  • Eingliederung in den Betrieb,
  • Schulden der Arbeitskraft und nicht eines Arbeitserfolgs,
  • Ausführung von einfachen Tätigkeiten, bei denen eine Weisungsabhängigkeit die Regel ist.

Beachten Sie: Die Merkmale sind im konkreten Einzelfall jeweils zu gewichten und gegeneinander abzuwägen. D.h. kein Merkmal darf isoliert betrachtet werden.

Dipl.-Finw. Martin Hilbertz, Neuwied

Service: BFH v. 22.2.2012 – X R 14/10

Bericht zu: FG Münster v. 16.4.2010 – 14K116/06 G (Teilnahme eines Fußballers an DFB-Promotions-Maßnahmen), StBW 2010, 537

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 24.04.2012 11:25

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