BFH 25.6.2009, IX R 49/08
Aufteilungsverbot nach § 12 Nr. 1 S. 2 EStG bei eindeutiger Abgrenzung des zur Einkünfteerzielung dienenden Teils der Aufwendungen nicht anwendbar
Bei einer sozialpädagogischen Lebensgemeinschaft sind die Aufwendungen für Gemeinschaftsräume, die sowohl der eigenen Wohnnutzung des Steuerpflichtigen und seiner Familie wie auch der (entgeltlichen) Betreuung der in die Familie integrierten fremden Kinder dienen, regelmäßig nach der Zahl der der Haushaltsgemeinschaft zugehörigen Personen aufzuteilen. Es kommt nicht darauf an, welche Person welche Teile der Wohnräume oder Einrichtungsgegenstände wie lange und mit welcher Intensität nutzt.
Der Sachverhalt: Die im Streitjahr 2003 zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger leben nicht nur mit ihren beiden leiblichen Kindern im gemeinsamen Haushalt, sondern mit drei weiteren Kindern. Mit diesen gründete die Klägerin als Heilpädagogin eine sozialpädagogische Lebensgemeinschaft (SPLG), woraus sie Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt. Im Rahmen einer SPLG werden junge Menschen mit erheblichen familiären Problemen unter Betreuung von Fachkräften in eine intakte Familie einbezogen werden. Für jedes betreute Kind wird eine monatliche Abrechnung für das zuständige Jugendamt erstellt. Das Betreuungshonorar beinhaltet u.a. anteilige Raumkosten.
Der Kläger erwarb im Juni 2003 ein Einfamilienhaus mit u.a. fünf Kinderzimmern, zwei Badezimmern sowie einem Elternschlaf- und Arbeitszimmer. Ab September 2003 vermietete der Kläger der Klägerin drei Kinderzimmer, das von den Projektkindern genutzte Bad sowie das Arbeitszimmer im Dachgeschoss. Darüber hinaus wurde in dem Mietvertrag die Mitbenutzung der Gemeinschaftsräume (Küche, Wohn- und Essbereich sowie Diele und Garten) eingeräumt.
Für das Streitjahr machten die Kläger bei den Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte des Klägers aus Vermietung und Verpachtung anteilige Absetzungen für Abnutzung (AfA) für die gemeinschaftlich genutzten Räume geltend. Als Aufteilungsmaßstab wurde die Relation der betreuten Kinder zur Gesamtbewohnerzahl des Hauses gewählt. Insgesamt machte der Kläger im Rahmen der AfA-Berechnung einen Anteil an der Gesamtfläche von 49,89 Prozent geltend. Im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr berücksichtigte das Finanzamt bei den Werbungskosten zu den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung die auf die Gemeinschaftsräume sowie die angeschafften Einrichtungsgegenstände entfallenden Werbungskosten nicht.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe: Die streitige, auf die Gemeinschaftsräume sowie die angeschafften Einrichtungsgegenstände entfallende AfA ist zum Werbungskostenabzug bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung zuzulassen.
Die vom Kläger vermieteten Gemeinschaftsräume und Einrichtungsgegenstände dienen sowohl der privaten Wohnnutzung des Klägers und seiner Familie als auch als Vermietungsgegenstand und insoweit der Einkünfteerzielung des Klägers (§ 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 EStG). § 12 Nr. 1 S. 2 EStG verbietet zur Wahrung der steuerlichen Gerechtigkeit zwar die Aufteilung und damit den Abzug von Aufwendungen, die sowohl der privaten Lebensführung als auch der Einkünfteerzielung dienen. Die Rechtsprechung des BFH hat das Aufteilungs- und Abzugsverbot nach § 12 Nr. 1 S. 2 EStG aber seit jeher nicht angewendet, wenn und soweit sich der der Einkünfteerzielung dienende Teil der Aufwendungen nach objektiven Maßstäben mit Sicherheit und leicht - ggf. im Wege der Schätzung - abgrenzen lässt, d.h. eine gerechte und der Sachlage entsprechende Aufteilung nach objektiven und leicht nachprüfbaren Maßstäben möglich erscheint.
Insofern hat das FG in nicht zu beanstandender Weise die AfA für die Gemeinschaftsräume und Einrichtungsgegenstände als abziehbare Werbungskosten des Klägers im Rahmen seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7 S. 1 EStG) behandelt. Die Aufteilung nach der Zahl der Nutzer einer Wohnung stellt einen objektiven Maßstab dar, der eine sichere und leichte Abgrenzung einer steuerbaren Raumnutzung von der privaten Wohnnutzung ermöglicht. Dabei kommt es nicht darauf an, welche Person welche konkreten in qm messbaren Flächenanteile der Wohnräume oder Teile der Einrichtungsgegenstände mit welcher Intensität und welchen Zeitanteilen pro Tag nutzt. Entgegen der Ansicht des Finanzamts ist weder eine "statische Nutzung" erforderlich noch müssen einzelne Lebensgewohnheiten nachvollzogen werden.
Linkhinweis:
- Der Volltext ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
- Um direkt zum Volltext der Entscheidung zu kommen, klicken Sie bitte hier.
Verlag Dr. Otto Schmidt vom 11.11.2009, Quelle: BFH online
(peters - 11.11.2009 12:40:52)
|
zurück
zur Übersicht
|
|