Otto Schmidt Verlag


Einnahmenüberschussrechnung gilt nicht für atypisch stille Beteiligung an GmbH in Österreich

Bei der Beteiligung eines Inländers als atypisch stiller Gesellschafter an einer GmbH mit Sitz in Österreich besteht für den Gesellschafter kein Wahlrecht hinsichtlich der Art der Gewinnermittlung. Die atypisch stille Gesellschaft ist nach Art. 7 Abs. 1 und 7 DBA-Österreich als Personengesellschaft anzusehen. Diese Beurteilung ergibt sich auch aus Abs. 3 des Protokolls zum DBA vom 24.8.2000. Das Recht zur Besteuerung des Gewinns der Betriebsstätte steht gem. Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 i.V.m. Art. 7 Abs. 1 DBA-Österreich dem Betriebsstättenstaat, damit Österreich, zu. Deutschland kann die Einkünfte aber gem. Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 DBA bei der Festsetzung des Steuersatzes berücksichtigen (Progressionsvorbehalt). Zur Ermittlung der Höhe dieser Einkünfte sind die deutschen Gewinnermittlungsvorschriften anzuwenden. Hier kommt grundsätzlich § 4 Abs. 1 EStG (Betriebsvermögensvergleich) zur Anwendung. Die Anwendung von § 4 Abs. 3 EStG setzt voraus, dass keine gesetzliche Pflicht zur Erstellung von Abschlüssen besteht und diese auch nicht freiwillig erstellt werden. Die GmbH als Inhaberin des Unternehmens war nach österreichischem Recht zur Buchführung und Erstellung von Jahresabschlüssen verpflichtet. Der BFH sah daher die Voraussetzungen für die Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 1 EStG als erfüllt an.

BFH v. 25.6.2014 – I R 24/13

Ein in Deutschland wohnhaftes Vorstandsmitglied einer AG erhielt seine Pensionsansprüche von dieser AG kapitalisiert in 2008 ausgezahlt. Er erzielte in diesem Jahr weiterhin Einkünfte aus selbstständiger Arbeit als Unternehmensberater, aus Vermietung und Verpachtung und Kapitalvermögen. Im gleichen Jahr erwarb er auch eine atypisch stille Beteiligung an einer GmbH in Österreich. Die Einlage von 15,6 Mio. € wurde noch in 2008 eingezahlt. Die GmbH betrieb den Handel mit Rohstoffen, insbesondere mit Metallen, wie Kupfer, Mangan, Zinn und Silber. Zum 31.12.2008 erstellte die GmbH ihren Jahresabschluss nach österreichischem Recht und wies dabei einen Verlust aus, der mit rund 1 Mio. € dem Inländer (Kläger) zugerechnet wurde. Der Kläger ermittelte dagegen gem. § 4 Abs. 3 EStG einen Verlust i.H.v. rund 15,6 Mio. € und beantrage hierfür den Ansatz beim negativen Progressionsvorbehalt. Der Unterschied in der Höhe der Verlustanteile beruhte darauf, dass die Kosten für den Ankauf der Metallbestände bei der Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 3 EStG als Betriebsausgaben abgezogen wurden, die Aktivierung des Bestands per 31.12.2008 aber entsprechend der Einnahmen-/Ausgaben-Rechnung nicht erfolgte. Das FA berücksichtigte nur den nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelten Verlust im geänderten Einkommensteuerbescheid. Die vom Kläger erhobene Sprungklage war erfolgreich. Das FG Nürnberg erkannte sowohl die Tätigkeit der GmbH als gewerblich an als auch eine eigene Gewinnermittlung der atypisch stillen Gesellschaft mit der Möglichkeit zur Wahl der Gewinnermittlungsmethode durch den Kläger. Die bisher festgesetzte Einkommensteuer von rund 6,6 Mio. € wurde unter Berücksichtigung der negativen Einkünfte von rund 15,6 Mio. € auf 0 € herabgesetzt. Das FA erhob gegen diese Entscheidung die Revision.

Besteuerungsrecht für die Handelstätigkeit mit Buntmetallen: Der BFH teilt die Auffassung des FG, dass das Besteuerungsrecht für den Gewinn-/Verlustanteil des Klägers aus der atypisch stillen Gesellschaft bei Österreich liegt. Nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 7 DBA-Österreich können Gewinne eines Unternehmens nur in dem Staat besteuert werden, in dem die Betriebsstätte des Unternehmens belegen ist. Zu den Unternehmern in diesem Sinne gehören auch Personengesellschaften. Eine atypisch stille Gesellschaft wird sowohl nach deutschem Steuerrecht als auch nach der DBA-Regelung mit Österreich wie eine Personengesellschaft behandelt. Diese Gleichstellung des stillen Gesellschafters mit der innerdeutschen Beurteilung beruht auf dem Protokoll zum DBA v. 24.8.2000 (Abs. 3 zu den Artikeln 7 und 10). Die GmbH und damit auch die atypisch stille Gesellschaft hatte nur eine Betriebsstätte in Österreich, sodass diese Betriebsstätte dem Kläger anteilig zuzurechnen war. Der BFH sieht auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger an seinem Wohnsitz wegen möglicherweise dort ausgeübter „operativer“ Aktivitäten eine weitere Betriebsstätte begründet hat.

Ermittlung des Gewinnanteils nach deutschem Recht: Grundsätzlich ist ein bei der deutschen Steuerfestsetzung zu berücksichtigender Gewinn oder Verlust auch nach deutschem Steuerrecht zu ermitteln. Es gibt im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen keine Übertragung des innerstaatlichen Rechts für die Ergebnismitteilung von einem Staat auf den anderen. Damit muss auch nach deutschem Steuerrecht beurteilt werden, ob hier die Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 1 EStG oder nach § 4 Abs. 3 EStG zur Anwendung kommt (vgl. auch BFH v. 16.2.1996 – I R 43/95, BStBl. II 1997, 128).

Für atypisch stille Beteiligung an GmbH ist der Gewinnanteil nach § 4 Abs. 1 EStG zu ermitteln: Nach § 4 Abs. 3 EStG ist diese Vorschrift zur Gewinnermittlung als Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben nur dann anwendbar, wenn

·        das Unternehmen nicht verpflichtet ist, Bücher zu führen und daraus Abschlüsse zu erstellen und

·        es auch freiwillig keine Bücher führt und Abschlüsse erstellt.

Der BFH geht entsprechend den Feststellungen des FG davon aus, dass die österreichische GmbH nach dortigem Recht verpflichtet war, Bücher zu führen und Abschlüsse zu erstellen. Diese Verpflichtung hat nach § 140 AO zur Folge, dass auch nach deutschem Steuerrecht eine Buchführungspflicht besteht. Der BFH weist zwar darauf hin, dass diese Auffassung nicht unumstritten ist, braucht aber hier nicht abschließend darüber zu entscheiden. So vertrat das FG Nürnberg in der Vorinstanz eine abweichende Auffassung (FG Nürnberg v. 28.2.2013 – 6 K 875/11, EFG 2013, 1018), ebenso das Hessische FG im Urteil v. 15.11.2012 (11 K 3175/09, EFG 2013, 503), das ist aber im Ergebnis hier nicht ausschlaggebend. Die GmbH hat Bücher geführt und Bilanzen erstellt und damit käme dann die zweite Voraussetzung zur Anwendung von § 4 Abs. 1 EStG zum Tragen.

Keine selbstständige Gewinnermittlung der atypisch stillen Gesellschaft unabhängig vom Geschäftsinhaber: Das Gericht geht davon aus, dass nur der Geschäftsinhaber (hier die GmbH) im Innenverhältnis für die Gesellschafter die Geschäfte nach den für ihn geltenden Regeln führt. Die atypisch stille Gesellschaft ist zwar eigenständiges Subjekt der Gewinnermittlung, aber nur auf der Grundlage der vom Geschäftsinhaber erstellten Steuerbilanz. Wenn es daneben noch eine eigene Steuerbilanz der atypischen Gesellschaft geben kann, dann muss sie aus der Handels- bzw. Steuerbilanz des Geschäftsinhabers abgeleitet werden. Damit ist hier nur die Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 1 EStG zulässig, wie sie für den Geschäftsinhaber maßgebend ist.

Beraterhinweis: Die mit der Aufnahme der Buntmetall-Handelstätigkeit beabsichtigte Inanspruchnahme des negativen Progressionsvorbehalts im Erstjahr der Tätigkeit konnte mit einer GmbH und der Gründung einer atypisch stillen Gesellschaft aufgrund der Rechtsauffassung des I. Senats keinen Erfolg haben.

Die Anwendung der Gewinnermittlungsvorschrift des § 4 Abs. 3 EStG kann daher für eine Gesellschaftsform im Ausland erfolgen, für die dort keine Buchführungspflicht und damit keine Pflicht zur Erstellung von Abschlüssen besteht. Es darf dann auch nicht freiwillig ein Jahresabschluss erstellt werden.

Diese Konstruktion setzt weiter voraus, dass eine originäre gewerbliche Tätigkeit in einer Betriebsstätte in einem DBA-Land ausgeübt wird und das Besteuerungsrecht wie im DBA-Österreich geregelt ist.

WP/StB Jürgen Dräger, Hamburg

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 20.11.2014 14:50

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