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Kein passiver Ausgleichsposten für Mehrabführungen des Organs

Das Eigenkapital des Organträgers erhöht sich nicht dadurch, dass in dessen Steuerbilanz ein aktiver Ausgleichsposten für Minderabführungen gem. § 14 Abs. 4 KStG gebildet wird. Es handelt sich hierbei um einen steuerrechtlichen Merkposten (Bilanzierungshilfe). Ein passiver Ausgleichsposten für Mehrabführungen ist nicht zu bilden, wenn die auf die Organgesellschaft entfallenden Beteiligungsverluste aufgrund außerbilanzieller Zurechnung neutralisiert werden und damit das dem Organträger zuzurechnende Einkommen nicht mindern. Hieran hat sich durch § 14 Abs. 4 KStG i.d.F. JStG 2008 nichts geändert.

BFH v. 29.8.2012 – I R 65/11

Die Klägerin (K), eine KG, ist aufgrund eines Verschmelzungsvertrags mit steuerlicher Wirkung zum 31.12.2008 Gesamtrechtsnachfolgerin der E-GmbH (Organträgerin) geworden. Zwischen der E-GmbH und ihrer 100%igen Tochtergesellschaft, der B-GmbH, bestand eine körperschaftsteuerliche Organschaft. Die B-GmbH war Kommanditistin der A-KG. Für die B-GmbH wurden zum 31.12.2003 bei der A-KG verrechenbare Verluste gem. § 15a EStG festgestellt. Das FA ging davon aus, dass die Beteiligung an der A-KG in der Steuerbilanz der B-GmbH nach der sog. Spiegelbildmethode entsprechend dem Stand des jeweiligen (hier: negativen) Kapitalkontos auszuweisen sei. Die Abweichung gegenüber dem Restwertansatz der Kommanditbeteiligung in der Handelsbilanz der B-GmbH (1 €) beurteilte das FA im Verhältnis zur E-GmbH (Organträger) als eine organschaftliche Mehrabführung in Höhe der festgestellten verrechenbaren Verluste, für die in nämlicher Höhe in der Steuerbilanz der Organträgerin ein passiver Ausgleichsposten zu bilden sei. Das steuerliche Eigenkapital sei daher um einen passiven Ausgleichsposten gemindert gewesen und auf dieser Grundlage die durch die Verschmelzung bedingte Körperschaftsteuerminderung nach § 10 UmwStG zu berechnen. Das FA setzte die Körperschaftsteuer entsprechend fest. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte Erfolg.

Der BFH hat die Revision in der Sache zwar als überwiegend unbegründet beurteilt, hat aber die Vorentscheidung aufgehoben, da die Körperschaftsteuer anderweitig festzusetzen war. Das FG hatte zu Recht entschieden, dass das steuerliche Eigenkapital i.S.v. § 10 UmwStG der Organträgerin nicht um einen passiven Ausgleichsposten in Höhe der auf die Organgesellschaft entfallenden und nach § 15a EStG nur verrechenbaren Verlust aus einer Kommanditbeteiligung der Organgesellschaft an einer KG zu mindern war. Der BFH pflichtete dem FG aber nicht darin bei, dass in das steuerbilanzielle Eigenkapital der aufgrund handelsrechtlicher Minderabführungen gebildete aktive Ausgleichsposten einzubeziehen sei.

Zurechnungstheorie: Nach § 14 Abs. 1 KStG ist dem Organträger das nach steuerlichen Vorschriften ermittelte Einkommen der Organgesellschaft als fremdes Einkommen zuzurechnen.

Auftretende Differenzen: Da aber das Organ nach dem Gewinnabführungsvertrag nur verpflichtet ist, seinen handelsrechtlichen Gewinn abzuführen und der Organträger auch nur den handelsrechtlich erlittenen Verlust auszugleichen hat, können das steuerlich zugerechnete und das tatsächlich abgeführte Einkommen differieren.

Lösung durch Ausgleichsposten: Für die hieraus resultierenden handelsrechtlichen Minderabführungen ist ein aktiver Ausgleichsposten zu bilden, um die zweifache Besteuerung des nämlichen Gewinns zu vermeiden; umgekehrt ist für die handelsrechtlichen Mehrabführungen ein passiver Ausgleichsposten anzusetzen, um einer zweifachen Verlustberücksichtigung zu begegnen.

Technische Korrekturposten: Es handelt sich hierbei nicht um einen in der Steuerbilanz auszuweisenden Posten. Vielmehr sind die Ausgleichsposten außerhalb der Steuerbilanz des Organträgers erfolgsneutral als technische Korrekturposten zu erfassen, die den organschaftlichen Besonderheiten Rechnung tragen. Sie sollen lediglich eine Doppel- oder Keinfachbesteuerung verhindern.

Kein Wirtschaftsgut: Der Ausgleichsposten ist weder als eigenständiges Wirtschaftsgut noch als Korrekturposten zum Beteiligungsansatz, sondern als steuerliche Bilanzierungshilfe zu qualifizieren, die in Form eines steuerbilanziellen Merkpostens ausschließlich darauf gerichtet ist, eine zweifache Besteuerung des nämlichen – dem Organträger steuerlich bereits zugerechneten – Einkommens zu vermeiden.

Keine Teilwertabschreibung: Der aktive Ausgleichsposten ist demgemäß auch keiner Teilwertabschreibung zugänglich.

Offene Frage: Der BFH hat ausdrücklich offen gelassen, ob die Einordnung eines Postens als bloße steuerliche Bilanzierungshilfe durchgängig dessen Zuordnung zum steuerbilanziellen Eigenkapital ausschließt. Diese Frage war leider nicht entscheidungserheblich. Der BFH hat lediglich festgestellt, dass ein aktiver Ausgleichsposten nicht das steuerbilanzielle Eigenkapital i.S.d. § 10 Satz 1 UmwStG erhöht.

Beraterhinweis: Durch die Einführung des § 14 Abs. 4 KStG, nach welchem – mit steuerlicher Rückwirkung – für Minder- und Mehrabführungen, die ihre Ursache in organschaftlicher Zeit haben, in der Steuerbilanz des Organträgers ein besonderer aktiver oder passiver Ausgleichsposten zu bilden und dieser z.B. bei Veräußerung der Organbeteiligung oder Umwandlung der Organgesellschaft aufzulösen ist, ergibt sich nichts anderes. In § 14 Abs. 4 Satz 6 KStG werden die gesetzlichen Voraussetzungen einer Minder- oder Mehrabführung nicht im Sinne einer Legaldefinition abschließend bestimmt, sondern lediglich deren Regelcharakteristika als Typusbegriff umschrieben.

Die Entscheidung darüber, ob von einer handelsrechtlichen Mehrabführung auszugehen ist, ist deshalb an dem Grundanliegen des Gesetzgebers auszurichten, der mit den Regelungen des § 14 Abs. 4 KStG dem nach seiner Einschätzung systemwidrigen BFH-Urteil vom 7.2.2007 (BFH v. 7.2.2007 - I R 5/05, BStBl. II 2007, 796) zur erfolgsneutralen Auflösung passiver Ausgleichsposten begegnen und die Einmalbesteuerung der organschaftlichen Erträge beim Organträger sicherstellen sowie zu diesem Zweck die für handelsrechtliche Mehrabführungen gebildeten Ausgleichsposten im Falle der Veräußerung der Organbeteiligung einkommenserhöhend auflösen wollte.

Dipl.-Finw., RD, Wilfried Apitz, Sundern

Service: BFH v. 29.8.2012 – I R 65/11

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 20.11.2012 15:40

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